Das Thema Jagdtrieb ist ein weites Feld und recht komplex.
Aus meiner Sicht hat so gut wie jeder Hund noch einen Jagdtrieb (jeder Hund, der mal ein Blatt jagd, das vom Baum fällt, Bällchen hinter her lauft, nach Mäusen buddelt, einer Geruchsspur nachgeht usw. zeigt Jagdverhalten).
In der Rassehundzucht wurden einige Verhaltensweisen hervor gehoben oder vernachlässigt, je nachdem, was das jeweilige Ziel war.
Der Funktionskreis Jagdverhalten besteht aus verschiedenen Einzelsequenzen: Orientierungs- bzw. Suchverhalten, Fixieren, Anpirschen, Anhetzen, Packen, Schütteln, Töten, Fressen.
Bei vielen Jagdhundrassen wurden die Hunde auf Einzelsequenzen selektiert. Vorstehhunde sollen Wild anzeigen, Terrier eher Hetzen/Totschütteln - mal ganz vereinfacht dargestellt.
Auch das Hüteverhalten ist ein Teil des Jagdverhaltens, dort wurde das Fixieren von Beute züchterisch hervorgehoben.
Sicherlich gibt es Rassen, die deutlich mehr jagdliche Veranlagung zeigen als andere und es gibt ja auch Rassen, die nie zur Jagd gezüchtet worden sind (Schoßhunde zum Beispiel). Das wölfische Erbe wird in jedem Hund schlummern und in irgendeiner Form auch sichtbar sein. Der Mensch empfindet Jagdverhalten ja immer erst dann als störend, wenn es im Alltag problematisch ist.
Ausschalten kann man Jagdtrieb sicher nicht. Man kann Jagdverhalten kontrollieren und nutzen/umlenken.
Und sicherlich gibt es auch einzige Individuen, egal welcher Rasse, die kaum oder nur sehr wenig Jagdverhalten zeigen.
Der Will-to-please ist sicherlich angezüchtet, da Hunde von Menschen als jagdlicher Kooperationspartner genutzt werden wollten. Viele Jagdhundrassen arbeiten kooperativ mit dem Menschen.
Ich habe selbst 4 Jagdhunde. Davon zwei ohne großen nennenswerten Jagdtrieb bzw. jagdliches Verhalten, das im Alltag nicht stört. Einer meiner Dackel ist ein typischer Dackel, Solitärjäger, spezialisiert auf Mäuse und das Finden von Fuchsbauten. Kooperation mit dem Menschen eher Null. Mein anderer Dackel zeigt gar kein Jagdverhalten in dem Sinne, wie wir Menschen es verstehen. Er verselbstständigt sich nicht, buddelt aber auch nach Mäusen und erlegt und frisst diese auch (zeigt also Jagdverhalten).
Mein Spinone ist ein Vorstehhund, der Wild anzeigt, einem Hasen oder Reh aber auch hinter her laufen würde. Erzieherisch ist das Jagdverhalten so unter Kontrolle gebracht worden, dass ich ihn managen kann.
Meine Griffon Nivernais-Hündin würde niemals einem Hasen hinter her laufen, der vor ihr hoch geht, sie geht aber regelmäßig Geruchsfährten ab. Sie hat als Fährtenhund also eher Interesse an der Geruchsspur als an der Beute selbst. Sie zeigt also Jagdverhalten, für das sie speziell gezüchtet wurde, reagiert aber nicht auf bewegte Reize.