Mh also dann einfach weitergehen tu ich ja auch. Das "Nein" bezieht sich bei mir auch nicht auf das Fixieren. Tut er nur das, gibt es ein "weiter" und wir gehen weiter. Dabei wird gelobt.
Steht er aber in der Leine und ich fliege im Schneematsch fast auf die Nase...gibt es auch ein "nein". Das ist unser Abbruchwort.
Ich könnte ihm in dem Moment eine zwei kg Fleischwurst vor die Nase halten, sie zerfetzen und verstreuen, er nimmt es nicht an. Er nimmt auch kein Spielzeug oder ähnliches wahr. Also ginge zergen o.ä. auch nicht.
Oft laufe ich dann einfach mit ihm dran vorbei, nur im Matsch war das schlecht.
Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass Hunde, die auf gewisse Reize ganz extrem reagieren und dann 'unansprechbar' in der Leine hängen, auf zwei Dinge sehr schlecht reagieren:
- Verbote und
- Tadel
Beides kommt im eh schon überforderten Hundehirn entweder gar nicht an, oder wird eben als zur unangenehmen Situation gehörig empfunden. Dem Hund wird weder mit Strafe, noch mit einem Verbot ('Nein') gezeigt, dass sein Mensch eine Idee dazu hat, wie man die Situation auch noch anders lösen könnte. Um hier mit Strafe durchkommen zu können, muss die Strafe so massiv aufgebaut sein, dass sie als Reiz denjenigen, der den Hund in der Leine hängen lässt, noch übertrifft. Und da müsste man dann schon mit ziemlich massivem Geschütz auffahren. Ob man das will, sei jedem selbst überlassen. Mein Weg ist es nicht.
Wessen Körper so voller Adrenalin ist, dass er nur noch 'unansprechbar' in der Leine hängt, der ist mit der Klärung der Situation, vielleicht sogar mit schierem Überleben beschäftigt - und der frisst und spielt nicht. Das sind nämlich Dinge, die man tut, wenn man sich in einer weniger hohen Erregungslage befindet.
Zwei Dinge kommen allerdings nach entsprechendem Training sehr gut an:
- rechtzeitiges Reagieren und
- Strategien zur Konfliktlösung
Konkret bedeutet das, dass ich den Hund, schon bevor er in der Leine hängt und nicht mehr 'ansprechbar' ist, umlenke und ihn hochwertig belohne solange er noch in einer Reizlage ist, die das zulässt. Ob der Hund noch frisst oder spielt (je nachdem was ihm wichtiger ist), zeigt Dir schön an, wie er sich fühlt. Das ist eine grossartige Trainingshilfe für Dich, die Du Dir zunutzen machen kannst. Stelle sicher, dass Dein Hund niemals in eine Situation kommt, die er - bzw. ihr beide zusammen - noch nicht händeln könnt. Passiert es trotzdem, ist das nicht schlimm, möglicherweise musst Du dann einfach einen Schritt weiter hinten nochmal beginnen.
Bei reaktiven Hunden arbeite ich auf verschiedenen Ebenen. Mein Notanker ist jedenfalls das Kommando 'Let's go' - bei dem ich mich auf dem Absatz umdrehe und mit dem Hund schnell in eine entgegengesetzte Richtung davon gehe, laufe oder je nach Situation - auch renne. Nach oder sogar noch während dieser Lauf-Einheit wird der Hund belohnt, das Kommando soll ausgelassene, freudige Action bedeuten. Das 'Let's go' ist mein Sicherheitsnetz, das ich dann einsetze, wenn ich einer Situation sofort ausweichen muss und ich vermeiden will, dass der Hund sich in die Leine hängt. Wichtig dabei ist auch hier das rechtzeitige Reagieren, aber auch das Tempo in dem ich mich mit dem Hund entferne - ich gebe dem Hund beim 'Let's go' die Möglichkeit, seinen Stress, seine Überforderung in Bewegung umzuwandeln - deshalb muss das sehr zügig von statten gehen. Nicht nur muss der Hund bei 'Let's go' plötzlich auf mich achten, er muss auch mit mir mithalten können, was ihn davon abhält, sich mit dem stressauslösenden Objekt zu beschäftigen, weil wir uns davon ja entfernen. Der Hund empfindet dieses 'Davonlaufen' im Übrigen nicht - wie mancher Mensch vielleicht - als Schwäche, sondern er ist einfach froh, dass er der Situation entkommen ist. Danach kann ich an der schwierigen Situation (falls jetzt noch sinnvoll oder möglich) wieder aus für den Hund angemessener Distanz arbeiten.
Erfahrungsgemäss reagieren Hunde nach solidem Aufbau darauf sehr gut, denn im Gegensatz zu einem simplen 'Nein', weiss der Hund dann, was gerade geschieht.
Entspannungskommandos funktionieren in solchen Situationen nicht sehr gut. Stell Dir vor, Du stehst auf einem Bungee-Turm, kurz vor Deinem Sprung, schaust in die Tiefen und da kommt einer, flüstert Dir zu 'Entspann Dich!' und hält Dir womöglich noch ein Stück Schokolade vor die Nase...