Beiträge von AnnetteV

    Aber Hunde verarmen doch nicht genetisch, weil innerhalb einer Rasse gezüchtet wird, sondern weil zu stark selektiert wird. Würden mehr durchschnittliche Hunde zur Zucht genommen, anstatt Champions, hätte man vielleicht nicht ganz so hohe Leistungen, aber mehr genetische Vielfalt.

    Was genetisch verloren gegangen ist, kann nicht einfach aus dem Nichts wiederauferstehen. Wenn eine Rasse derart genetisch verarmt ist, dass jedes einzelne Exemplar auf dieser Welt (egal ob es in China, im Kongo oder in Alaska lebt), mit allen anderen 'rassereinen' Vertretern verwandt ist, kann man so viele Hunde aus dieser Population in die Zucht nehmen, wie man will: der Genpool wird deswegen nicht grösser, man verlangsamt nur den Prozess in dieser Einbahnstrasse, bis der Karren irgendwann unweigerlich an die Wand fährt.


    Das Problem ist noch nicht einmal, was heute getan wird, sondern was man in den Anfängen der Rassehundezucht und bis noch vor kurzem getan hat: die systematische In-, aber auch die enge Linienzucht. Es ist das Erbe (weniger optimistische Menschen könnten gerade bei einigen Rassen durchaus von einem Scherbenhaufen sprechen) unserer Züchter-Vorfahren, das wir - bzw. unsere Hunde - ausbaden müssen.


    Wenn wir uns unsere Hunde als rote, blaue und gelbe Murmeln vorstellen, die sich vermehren können, kann man aus einer Murmelpopulation, in der alle Farben vertreten sind, eine riesige Vielfalt an verschiedenfarbigen Murmeln herauszüchten. So wird es zum Beispiel nicht nur rote, blaue und gelbe Kugeln geben, sondern eben auch grüne, orange und braune. Wurde aber an irgend einem Punkt (egal ob das vor 100 Jahren oder vor 10 Jahren war) aber bestimmt, dass nur noch rote Murmeln 'standardgemäss' und 'rassereine' Murmeln sind und man die blauen, die gelben, die grünen und braunen Murmeln ab sofort aus der Zucht ausschliesst, wird man zwar zuverlässig rote Murmeln produzieren können, darf aber nicht darauf hoffen, dass ganz spontan jetzt doch wieder blaue, grüne, braune und gelbe Murmeln auftreten.


    In der Rassehundezucht passiert nun im Gegenteil häufiger auch noch eine Selektion auf eine besondere Art der roten Farbe, sagen wir satt dunkelrot, die in einer Generation der Zucht in Mode kommt. Diejenige Murmel, welche nicht die satt dunkelrote Farbe trägt, die jetzt gefragt ist, wird kaum zur Zucht herangezogen. Und was passiert? Unweigerlich wird der Farbgenpool noch enger. Ohne Fremdbluteinkreuzung wird die Murmelpopulation genetisch immer mehr verarmen - egal wieviele Exemplare es davon gibt, denn genetisch sind sie alle gleich und damit für die Zucht nicht mehr oder minder interessant.


    Und jetzt stellen wir uns das Ganze noch vor, wie es aussieht, wenn mit der satt dunkelroten Farbe ein netter Gendefekt mitvererbt wurde und sich gleichzeitig die bekannten, aber leider oft verharmlosten Auswirkungen der Inzucht bemerkbar machen.

    Nichts für ungut, @SabethFaber, aber dieser Post, zum Beispiel, könnte nicht deutlicher, und in Bezug auf meinen letzten Post ironischer, zeigen, wie ineffektiv 'Neins' oder eben 'Ansagen' sein können, wenn dem Hund niemals vermittelt wurde, was man denn eigentlich von ihm will (und nicht nur, was man nicht von ihm will).


    Das hat mir der viel zu häufig bemühten caninen Pubertät und dem zu vermenschlicht gedachten Teenager-Dasein des Hundes so ganz und gar nichts zu tun, sondern schlicht und einfach nur damit, dass Grenzen nicht konsequent genug gesetzt, manche Dinge erst gar nicht erworben und Gelerntes nicht gut genug verallgemeinert wurde.

    Nur eine Frage: wie willst Du auch nur die geringste Ahnentafelsicherheit garantieren, wenn ab Elterngeneration die Daten im besten Falle unvollständig, im schlechtesten Falle nicht vorhanden oder gefälscht sind?

    Nun ist es heutzutage, der modernen Wissenschaft sei Dank, problemlos möglich, nachzuweisen, welcher Hund mit welchem verwandt ist. Das ist zuverlässiger als jedes Papier und kann jederzeit von jedem entsprechend ausgerüsteten Labor mit demselben Ergebnis wiederholt werden.


    Man könnte durchaus Bedingungen festlegen, nach welchen Mischlinge in ein wie von @Marula vorgeschlagenes Register eingetragen werden. Dazu sollte zum Beispiel unbedingt ein DNA-Profil gehören. Ausserdem ist es nicht verboten, auch Mischlinge auf genetische Krankheiten untersuchen zu lassen.


    Ich stelle mir gerade vor, wie mein RZV mit 1/4-Boxern, 2/3-Boxern, 67,5 %-Boxern, Mops-Boxern, Schäferhund-Boxern, Bracken-Boxern usw. funktionieren soll. Und zur Weiterzucht: was will man als kleinsten gemeinsamen Nenner bei den Zuchttieren haben, um nicht in gemischter Beliebigkeit zu versinken, sondern Boxer zu züchten? Vielleicht findet es ein Züchter eine gute Idee, einen Golden Retriever einzukreuzen, um die Familieneignung zu verbessern. Gut, aber damit ist natürlich keine Leistungsüberprüfung nach IPO mehr drin. Einen Mops-Mix zur Erzeugung eines handlichen, aber "typstarken" Miniboxers braucht man aber auch nicht auf 20 km am Fahrrad im Rahmen einer AD zu testen. Und an Dispositionen ist von MDR-1 über Patellaluxation bis zu DCM natürlich auch alles möglich, was also untersuchen?

    Puristen könnten ja nach wie vor am 'reinen' (lies: genetisch verarmenden) Rassehund festhalten. @Marulas Vorschlag würde das ja nicht verbieten. Es liegt dann am Züchter, was er produzieren will. Dann würden Käufer vielleicht auch etwas sensibilisiert und nicht einfach nur glauben, dass Boxer drin ist, wenn Boxer auf dem Klingelschild des Züchters steht.


    Der grosse Unterschied wäre halt, dass diejenigen Leute, die keine Rassehunde züchten wollen, trotzdem die Chance hätten, das unter kontrollierten Bedingungen und sozusagen mit einem Gütesiegel zu tun. Für die, nennen wir sie 'traditionellen' Rassehundehalter müsste sich also gar nichts ändern, für die Züchter und Verkäufer von nicht-rassereinen Hunden allerdings schon.

    Ja, Management, welches vollkommen an der Realität vorbei geht. Und zweiteres glaube ich schlichtweg nicht, dass das immer funktioniert. Warum auch? Hunde haben ja keine Moral in dem Sinne, dass die wie wir an Gesetze erinnert werden könnten, und es deshalb nicht tun. Wenn ich meinen Hund jedes Mal lobe, wenn er vor dem Tisch stehen bleibt, dann wird er dennoch mal auf den Tisch gehen, um das Essen zu klauen. Es sei denn, da steht nie Essen, was für mich wieder unter unrealistisch und Management fällt.

    Management kann, muss aber nicht an der Realität vorbei gehen. Ich bin ja eine Freundin schneller, wirksamer, nachhaltiger Lösungen und wäre deshalb auch nicht bereit, den Hund einfach ein Leben lang zu managen. Ich kann ihm über Gewöhnung, dass er eh nicht ans Essen herankommt, durchaus beibringen, dass er zuverlässig daran vorbei geht und es ignoriert. Kann man glauben oder nicht, ist bei gut durchgeführtem Training aber absolut zuverlässig.



    Nein, schlichtweg mit nem deutlichen Nein. Da Fiepen aber höchst selbstbelohnend ist und für den einen Hund schon fast auftrainiert kam man da nicht weiter durch. Also entweder viel, viel deutlicher werden oder irgendwie damit arrangieren.

    Das überdeutlichste 'Nein' bringt nichts, wenn der Hund nie gelernt hat, was es bedeutet. Fiepen muss auch überhaupt nicht selbstbelohnend sein. Man kann durchaus dafür sorgen, dass es das nicht ist.



    Aber alleine die Behauptung, dass man, weil man nicht alle Konflikte durch Vermeidung umgeht, gleich den Hund zwingend in die Nähe der Selbstschussanlage bringe, ist Blödsinn.

    Da sind wir uns einig. So etwas zu behaupten wäre tatsächlich ziemlich übertrieben. Konflikte ganz allgemein zu vermeiden ist gerade bei eine Erziehungsaufgabe sicher auch wenig sinnvoll.



    Es wird genauso wie von dir positiv aufgebaut (warum auch nicht, loben ist doch ziemlich einfach und Hund macht es gerne) nur ich sage dann eben nach einer gewissen Zeit, in der sich Hundi nicht als vollkommen traumatisiertes Tierchen herausgestellt hat, dass er nun, wenn er bisher immer in dieser Situation abrufbar war, es jetzt auch sein sollte und erinnere ihn dann daran, dass auf mich hören die lohnenswertere Alternative für ihn ist.

    Genau. Unser Unterschied besteht nur darin, dass ich es wenn immer möglich vermeide, dass der Hund überhaupt einen Fehler macht. Vorkommen tut es trotzdem noch häufig genug, aber bis dahin habe ich hoffentlich bereits den Grundstein gelegt, um den Hund rechtzeitig umlenken zu können. Ich kreiere lieber von Anfang an gute Gewohnheiten, so dass ich häufig erst gar nicht korrigieren muss. Ich muss mir nicht unbedingt zuerst in den Finger schneiden, wenn mir jemand von Anfang an zeigt, wie man richtig mit dem Messer umgeht. Ich muss nicht erst alle Drogen durchprobieren um zu erfahren, dass sie mir mehr schaden als nützen. Müssten wir beim Erlernen neuer Dinge jedes Mal jeden Fehler machen, würde ein Grossteil der Menschheit keine zehn Jahre alt werden. Lernen geht durchaus auch ohne grosse Fehler machen zu müssen. Dabei kommt es aber stark darauf an, wie talentiert der Lehrer ist.


    Meine Hunde lernen aktiv, wie sie sich in gewissen Situationen zu verhalten haben. Man kann den Hund auch einfach zur richtigen Lösung hin führen und ihm ganz einfach keine Chance geben, sich fehlerhaft zu verhalten. Solange das richtige Verhalten noch nicht sitzt, manage ich eben. Das ist, solange man sich die richtigen Strategien zurecht gelegt hat, überhaupt nicht aufwändiger als dauernd zu strafen und sorgt darüber hinaus noch für eine entspanntere, lernfreundlichere Umgebung.


    Und natürlich wäre es völlig vermessen zu behaupten, bei mir ginge niemals etwas schief. Tut es das, muss ich erfahrungsgemäss aber viel weniger massiv intervenieren, als bei Hunden, die sich häufige Strafen gewohnt sind. Bis dahin haben meine Hunde nämlich gelernt, dass sie die Situation mit ihrem Verhalten aktiv beeinflussen können und 'richtiges' Verhalten belohnt wird. Gott sei Dank kommt ein Hund im Gegensatz zu einem Kind nämlich nie in die Phase, in der er philosophische Überlegungen anstellt und grundsätzlich festgelegte, konsequent durchgezogene Parameter hinterfragt. Häufig ist das erwünschte Verhalten in diesem Falle einfach nicht genug gefestigt worden.

    Aber ich habe mit allen Hunden, die mir bisher begegnet sind (die nicht gerade ernsthaft und nachhaltig stark traumatisierte Exemplare waren) die Erfahrung gemacht, dass sie eine authentische Verhaltensweise mit Grenzen durchaus schätzen.

    Ich denke, das ist eines der grössten Missverständnisse bei der Erziehung über positive Verstärkung: dass da alles über reine Liebe geht und man Konsequenz und Grenzen über Bord werfen kann. Das sind dann die Vertreter, die ein Leben lang mit dem Clicker herum rennen, keinerlei nennenswerte Fortschritte erzielen und trotzdem noch an Wunder glauben.


    Es wird oft vergessen, dass man Grenzen auf ganz unterschiedliche Weise setzen kann. So kann ich eine doppelte, mit Scherben versetzte Betonmauer und einer selbstauslösenden Schiessanlage inklusive einer Todeszone bauen und den Hund regelmässig und sehenden Auges wenn nicht hinein, dann zumindest in ihre Nähe schicken. Ich kann dem Hund - im übertragenen Sinne - aber auch erst das Lesen beibringen, dann ein Warnschild aufstellen und eine Konsequenz folgen lassen, wenn er die Warnung ignoriert. Oder ich kann dafür sorgen, dass der Hund gar nie die Gelegenheit erhält, eine Grenze zu übertreten. Letzteres wäre dann reines Management. Ich kann ihm auch an gewisse Grenzen so heranführen, dass er diese gar nie in Frage stellen wird und rein durch die Gewöhnung daran gar nie auf die Idee käme, diese zu durchbrechen. Das ist schlussendlich alles eine Frage des Masses, der eigenen Ethik und Moral.


    Auch Authentizität ist zweifellos wichtig und dennoch darf sie nicht als Entschuldigung für Gewalt- oder Wutausbrüche dienen, die sich am Hund entladen. Nur, weil man authentisch sein will, heisst das nicht, dass man nicht an sich arbeiten sollte und den Hund die Fehler seines Besitzers ausbaden lassen sollte. Authentizität ist keine Entschuldigung für 'ich bin eben einfach so' oder 'ich kann nicht anders.'


    Ach, solange einen alle Welt für einen Hundequäler hält, weil man denen auch mal deutlich Nein sagt wundert mich nicht, dass man dem Konflikt lieber aus dem Weg geht.
    Wobei ich beim Fiepen wirklich sagen muss, da ist ne "Ansage" schwer, oder die Hunde, die ich bisher hatte mit dem Thema hatten weiß Gott mehr Ausdauer als ich :ugly:

    Das wiederum klingt für mich nach relativ unüberlegten Wutausbrüchen, die als Erziehungsmassnahme obendrein ihre Wirkung verfehlen. Wie der letzte Satz ja bestätigt.

    Ich fand auch, dass die Groomerin sehr professionell mit dem Hund umging. Sie blieb ruhig, sicherte sich und den Hund, hat ihn nicht bestraft und ihn auch nicht an ihm herumerzogen, sondern hat einfach mit ihrem Job weiter gemacht. Und ich rechne ihr hoch an, dass sie den Hund trotz Biss nicht einfach gefesselt und geknebelt hat, sondern weiter versuchte über Kooperation zu arbeiten und seine Gegenwehr zu respektieren. Klar, im Nachhinein könnte man ihr vielleicht vorwerfen, dass das nachlässig war - aber im Nachhinein ist man immer schlauer. Ich jedenfalls würde der Groomerin ein gutes Zeugnis ausstellen.


    Was mich allerdings auch gestört hat, war der verharmlosende Kommentar der Betreuerin des beissenden Hundes. Nur mit einer netten, verständnisvollen Familie, ist es sicher nicht getan. Dieser Schuss kann gewaltig nach hinten losgehen.

    Das habe ich in der Form, in der das hier im Forum als Schreckgespenst geschildert wird, noch nie erlebt. Diese angebliche Schizophrenie dünkt mich stark vermenschlicht gedacht und rührt oft eher daher, dass ein Besitzer mit seinem Hund und dessen Veranlagungen überfordert ist. Mit dem Hund selber hat das aber gar nichts zu tun, nur damit, dass sein Mensch damit nicht umgehen kann.


    Ich finde es unmöglich, Hunde bei denen man keine Ahnung hat was da mal mitgemischt hat, also auch nicht weiß was dieser Hund eventuell vererben könnte, zur "Zucht" einzusetzen

    Was denkst Du denn, wie die ganzen Rassehunde entstanden sind?

    Wieso sollte ich nicht auch jemandem, der sich liebevoll um seinen nicht gewollten Welpennachwuchs kümmert und ihn grosszieht, einen entsprechenden Preis bezahlen? Mir ist es lieber, wenn einer seine Welpen nicht verramscht (obwohl ich andererseits auch keine Fantasiepreise zahlen würde).


    Das 'ein Ups-Wurf darf auf keinen Fall einträglich sein,' hat so etwas von 'der hat einen Fehler gemacht und jetzt muss er dafür büssen.'

    Nein, in vielen Fällen ist da ohne Fremdblut nix mehr mit 'gesund züchten'. Ganz einfach, weil genetisch schon so viel verloren ging, dass man ohne diese Massnahme nur noch die Zeit verzögern kann, bis es zum vollständigen Kollaps kommt. Dazu gibt es genügend repräsentative und unabhängige Studien. Die Frage ist nun halt, ob wir das Problem wirklich lösen oder nur verlangsamen wollen.


    Bei den wenigsten Rassen bleibt einem nur die Aufgabe, weil es nicht mehr genug alternatives Blut gibt (mir würden da aktuell genau vier Rassen einfallen, bei denen ich davon ausgehe, dass man nur noch den "Problemtyp" züchten kann).

    Ich kenne da schon einige mehr. Äusserlich ist diese genetische Verarmung eben kaum sichtbar - ausser vielleicht in dem Sinne, dass die Tiere sich (auch in ihren Leiden) immer mehr gleichen. Aufs Innere kommts an.

    Ist bei Hunden keine künstliche Befruchtung möglich?

    Selbstverständlich ist das möglich und bei einigen, zugegebenermassen sehr wenigen Rassen ist die Fortpflanzung aufgrund anatomischer Extreme praktisch gar nicht mehr anders möglich.


    Aber das Problem des genetischen Engpasses lässt sich auch nicht damit lösen, die Rüden, bzw. ihren Samen einfach aus Feuerland einzufliegen. Denn alle Hunde dieser Rasse sind ja relativ nah miteinander verwandt - sonst wären sie ja eben nicht rasserein! Geografische Entfernung ist bei Rassehunden eben nicht gleich genetische Entfernung.