Beiträge von AnnetteV

    Hallo arya82!

    Ich fühle mich absolut schuldig, zurecht.

    Überhaupt nicht. Ihr habts versucht, es hat nicht geklappt. Daraus muss man nun kein Drama machen. Hundehaltung ist ein bisschen wie eine Beziehung - bei manchen passts, bei andern nicht. Deshalb halte ich es für eine Gnade für beide, wenn für einen Hund ein passendes Zuhause gefunden wird. Das einzige Fazit, was ihr hier wirklich ziehen könnt, ist dass es mit diesem Hund in diesem Moment nicht geklappt hat. Das muss nicht, aber kann heissen, dass die Hundehaltung für Euch überhaupt nicht in Frage kommt. Gut möglich aber, dass ihr mit einem anderen Hund wirklich glücklich würdet.


    Nicht jeder Mensch kann mit jedem Hund - auch die tollsten Experten nicht. Und nicht jeder Hund kann mit viel Liebe und Fachwissen passend gemacht werden oder ist gar zu retten.


    Das bedeutet nicht, dass ihr versagt habt. Ich halte nichts davon, wochen-, monate- oder gar jahrelang auszuprobieren, denn meist werden so weder die Hunde, noch die Menschen dabei glücklich und der Hund wird schlussendlich dann doch abgegeben. Obwohl es allen Beteiligten bei einer früheren Abgabe besser gegangen wäre. Deshalb bin ich lieber für ein Ende mit Schrecken als einem Schrecken ohne Ende.


    Das soll nun kein Plädoyer dafür sein, einen Hund einfach abzuschieben, wenn man seiner überdrüssig geworden ist. Aber das habt ihr auch nicht getan.


    Lasst Euch nicht einreden, ihr hättet etwas falsch gemacht. Ihr habts versucht und es hat nicht geklappt. Mit diesem einen Hund in dieser einen Situation. Jetzt zu sagen, ihr hättet versagt und die Hundehaltung sei nichts für Euch, ist wie zu behaupten, man sei beziehungsunfähig, weil ein erster, vielleicht zaghaft pubertärer Versuch in die Hose gegangen ist. Bleiben wir realistisch.

    Ja - das braucht eigentlich jeder Hund (und Menschenkind). Beim körperlich bin ich mir nicht so sicher aber das sind für mich, eher Unterbrecher ohne Lerneffekt.

    Bei so pauschalisierenden Aussagen stehen mir die Haare zu Berge. Das öffnet Gewalt Tür und Tor, auch wenn es vielleicht gar nicht so gemeint ist.


    'Brauchen' tut nämlich sicher keiner eine Korrektur - das ist nur die sichtweise des Erziehers und dessen sollten wir uns bewusst sein. Auch wenn wir uns das gerne so zurechtlegen (und es in einer Gesellschaft auch tun müssen um das Zusammenleben zu organisieren): ethische und moralische Grenzen, Einstellungen und Überzeugungen sind völlig willkürlich und keineswegs naturgegeben.

    Kennt jemand einen Menschen, der der Meinung ist, dass Erziehung ohne jede Art der Einschränkung gibt?


    Kennt jemand jemanden, der nie ein Lebewesen eingeschränkt hat, welches er erzogen hat?

    Die Frage ist einzig das Wie und gerade da habe ich mit oben zitierter Aussage meine rege Mühe. Denn Erziehung ist per se Einschränkung und immer eine Form der Manipulation, egal wie sie geschieht. Schränkt Erziehung nicht in irgend einer Form ein, ist es keine. Bei Erziehung wird bzw. werden per Definition eine oder mehrere Grenzen gesetzt.


    Nun kann ich aber wählen, ob ich mir die Kooperation meiner 'erziehbaren' Organismen lieber erzwingen oder doch eher erbeten möchte. Es kann auch durchaus vorkommen, dass der zu Erziehende den Erzieher sogar um Erziehung bittet (nur vielleicht weniger häufig, als das unter Eltern, Lehrern und Hundetrainern gemeinhin angenommen wird).


    Im Wissen, dass Erziehung so oder so Grenzen und Einschränkungen bedeutet, halte zumindest ich es nun für ethisch weniger bedenklich, dies mit so wenig körperlicher und psychischer Gewalt zu tun, wie irgend möglich.

    Es klingt sehr schön und logisch. Aber leider auch sehr schwierig umzusetzen. Also ich kann da jetzt nur für mich sprechen, aber ich nehme mal ein paar Auszüge, bei denen ich beim Lesen schon arg ins Zweifeln kam, ob ICH das hinkriegen würde :verzweifelt:

    Wieso schwierig? Wenn Du mir sagst, wo für Dich die Knackpunkte genau liegen, könnte ich sicher weiter helfen.

    Ihm tut alles gut, was ihm aufzeigt, dass er selbst auch Entscheidungen treffen kann und mir nicht einfach "hörig" sein muss.

    Genau. Es geht auch darum, dem Hund zu zeigen, dass Bellen etwas Kontrollierbares sein kann. Nur darf man dabei nicht vergessen, dass der Hund ja aus einem Grund bellt. Das Bellen einfach 'abzuschalten' nützt nichts, solange dabei nicht auch an der Erregungslage gearbeitet wird. Klingt in meinem Gschriebenen wohl schwieriger, als es ist - so kompliziert ist das wirklich nicht.


    Vielleicht hilft zur Anschaulichkeit der alte Vergleich mit dem überkochenden Topf und dem Deckel: ich kann zwar versuchen, einen überkochenden Topf (= dem bellenden Hund) einen Deckel aufzusetzen um das Überkochen zu verhindern, nützen wird das allerdings nur sehr kurzfristig. Ich muss gleichzeitig auch darauf achten, die Hitze (= den Stressor) zu reduzieren, nur dann wird mein Handeln von Erfolg gekrönt sein. Lasse ich den Topf auf dem heissen Herd und drücke mit aller Macht den Deckel auf den Topf, betreibe ich wieder nur reine Symptombekämpfung. Egal wie gut ich dann das 'Still' aufbaue, es wird entweder früher oder später wieder gezeigt, häufig sogar in verstärkter Form - oder der Hund sucht sich eine andere, vielleicht noch unangenehmere Übersprungshandlung. Deshalb ist es so wichtig, nicht nur am 'Still' alleine, sondern auch an Taktiken der Stressbewältigung allgemein zu arbeiten.



    Denn momentan ist mein Ziel ja, dass er erst gar nicht bellt (also das Stresslevel unter seinem Auslöser-Erregungslevel halten) und wenn er doch mal bellt, versuche ich die Situation so schnell wie möglich zu entschärfen, um ihn dann für das ruhige Schauen loben zu können.

    Genau das ist das Problem: der Hund bellt, weil er erregt ist, Dich nervt das (denn das oberste und höchste Trainingsziel ist ja, wie Du selbst sagst, 'dass er erst gar nicht bellt') und passiert es doch, versetzt es wiederum Dich in Stress ('versuche ich die Situation so schnell wie möglich zu entschärfen'). Wie reagiert Dein sensibler Hund darauf? Logischerweise mit noch mehr Stress. Was tut der Hund, wenn er gestresst ist? Er bellt. Und was passiert beim Frauchen, wenn der Hund bellt? Es ist gestresst. Und was tut der Hund...? Ein klassischer Teufelskreis.


    Bei der 'Bell' und 'Still'-Übung geht es eben darum, das Bellen als Schreckgespenst zu vertreiben. Bellen soll spielerisch werden und Mensch und Hund dürfen die Erfahrung machen, dass Lautgeben a) kontrollierbar und b) emotionslos sein kann. Eine Variante ist es auch, den Hund bevor er in einer Situation von selbst beginnt zu Bellen, ganz bewusst und kontrolliert dazu zu animieren und ihn so lange bellen zu lassen, bis man ihn (und nicht er sich selber) stoppt. Auch das wird natürlich reichlich belohnt.



    Ich habe einfach keine Vorstellung wie man sowas aufbaut. Wie lange dauert sowas im Durchschnitt? Was tut man während dem Aufbau mit dem Erregungslevel des Hundes? Wie hilft man ihm währenddessen?

    Ich bin ein ungeduldiger Mensch und will schnelle Resultate. Nebst einigen anderen, ist das einer der Gründe, weshalb ich hauptsächlich über positive Verstärkung arbeite. Bei einem Hund, der sich 'Denken' gewöhnt ist, der den Clicker kennt und vernünftig konditioniert ist, geht es bei einem Trainer, der halbwegs weiss, was er tut, keine drei Tage, bis das Tier verstanden hat, was 'Gib Laut' und 'Still' bedeuten. Dann gilt es, die Dinge in diversen Situationen noch zu festigen und bombensicher zu machen. Da kommt es darauf an, wie häufig sich Trainingsgelegenheiten anbieten. Ich würde da bei guten Bedingungen und konstantem Training vielleicht von einer bis zwei Wochen ausgehen. In diesen paar Wochen sollte es möglich sein, den Hund erst gar nicht in eine enorme Erregungslage zu versetzen, bzw. bei unvorhersehbaren Ereignissen den Dingen eben so weit wie möglich ihren Lauf zu lassen ohne gleich in Panik zu verfallen und alles sofort perfekt machen zu wollen.


    Bellt der Hund doch, nutzt man auch das als Trainingsgelegenheit. Das geht aber eben nur, wenn ich die Bellerei unter Signalkontrolle gestellt habe. Auch hier ist der Schlüssel zum Erfolg das korrekte Lesen des Hundes und die Kontrolle der eigenen Emotionen dabei. Anstatt sich selbst aufzuregen und zu ärgern könnte man seine Zeit sinnvoller nutzen und sich fragen: wann wird der Hund bellen? Wann wird er damit aufhören? Kurz davor setze ich meine Kommandos und belohne entsprechend.

    Ich weiß nicht...dieses "auf Kommando bellen" lassen, habe ich bei Finya damals schon überlegt und mich dagegen entschieden. Aus irgendeinem Grund sagt es mir einfach nicht zu und wahrscheinlich würde ich diese Art von Training deshalb auch nicht durchhalten.

    Das ist in diesem Fall allerdings sehr wahrscheinlich - wer nicht an (s)eine Methode glaubt, macht es sich und seinem Hund ungleich schwerer zum Erfolg zu kommen. Interessant wäre es aber sicher, sich zu überlegen, weshalb man eine bestimmte Trainigsart ablehnt.



    Ich sehe auch nicht wirklich den Sinn darin, wenn ich den Auslöser für das Stressbellen dann sowieso beseitigen muss, damit der Hund zuverlässig nicht weiter bellt, nachdem ich es abgebrochen habe.


    Dann kann ich ja gleich über Umlenkung arbeiten...? :???:

    Jein. Durch den sorgfältigen und stressfreien Aufbau des 'Gib Laut'-Kommandos wird meiner Erfahrung nach das Bellen plötzlich ein bewusster Vorgang, der den Hund über unsere Hilfe steuern gelernt hat. Vereinfacht gesagt: der Hund lernt 'das Bellen kontrolliert nicht mich, sondern ich kontrolliere das Bellen.' Der Hund lernt seinen Körper besser zu kontrollieren, ähnlich einer Übung zur Verbesserung des Körpergefühls.


    Rein durchs Lautgeben lernt der Hund nicht besser mit seiner Umwelt umzugehen, aber er lernt, seine Reaktion darauf zu kontrollieren und nicht einfach hirnlos drauflos zu kläffen. Hört er damit auf, bzw. beginnt er damit erst gar nicht, kann ich ihn belohnen, anstatt ihm das Bellen auf irgend eine Weise über eine Strafe, eine Korrektur, zu vergällen. Die Strafe mindert den Stress nämlich nicht, sondern fügt im Gegenteil noch mehr Stress hinzu. Kann ich aber belohnen - und das kann ich in diesem Fall nur mit genügend Vorarbeit, eben dem 'Gib Laut' und 'Still' Kommando - kann ich dem Hund einen guten Teil seiner Erregung schon rein dadurch nehmen, dass er etwas Richtiges tun kann und dafür belohnt wird.


    Nicht nur geht es dann meinem Hund besser, sondern auch mir selber als Herrchen oder Frauchen: mein Hund macht etwas richtig, ich kann belohnen und muss nicht gestresst sein oder Angst haben, dass mein Hund mit seiner Kläfferei wieder alle stört. Und auch wenn ich ihn im Prinzip durch die Situation führe, gibt es dem Hund trotzdem das Gefühl, die Situation unter Kontrolle zu haben.


    Wie ich aber ja oben bereits sage: solange ich an der Emotion nichts ändere, wird auch das Bellen nicht besser. Deswegen braucht es diese solide Grundlage des sorgfältigen Aufbaus.

    Nachtrag:


    Bei Hunden, die im Agility bellen, würde ich erst einmal an der Erregungslage arbeiten und nicht beim Bellen ansetzen. Bellen ist dabei nur ein Symptom, nicht die eigentliche Ursache. Das wird häufig vergessen. Alles Training nützt nichts, wenn ich die Emotion nicht kontrolliert kriege. Bei Bellen im Agility wird bei mir sofort abgebrochen. Keine Ausnahme. Ich fahre den Hund herunter und wenn wir unsere Emotionen wieder im Griff haben, gehts weiter. Dabei bleibe ich betont positiv und freundlich - ich muss den Hund nicht auch noch mit meiner eigenen Enttäuschung oder Frustration strafen. Seine Bellerei zeigt mir ja nur, dass ich ihn in eine Erregungslage gebracht habe, die zu hoch war. Das ist mein Fehler - nicht seiner.

    So paradox es klingen mag: Hunden, die kläffen, bringe ich erst einmal Bellen auf Kommando bei. Bellen auf Kommando wird sehr grosszügig belohnt. Fast gleichzeitig führe ich mit dem 'Gib Laut'-Kommando auch ein 'Hör auf mit Bellen' ein. Ich installiere sozusagen einen An- und einen Aus-Knopf.


    Weil Kläffer häufig aus Frust und Stress bellen, ist es ganz besonders wichtig, dass die Bellerei auf Kommando zu einem reinen Trick wird, den der Hund mit wenig Emotion (also auch keine freudige Erregung) zeigt. Er soll in jeder Lebenslage emotionslos bellen können, es wird zum reinen Trick. Bellt der Hund im Sitz, im Platz, wenn er auf der Seite liegt, Pfötchen gibt, etc. ohne seine Position zu verändern und danach ruhig auf die nächste Anweisung zu warten, ist man auf dem richtigen Weg.


    Zu Beginn wird das 'Fertig'-Kommando nur gegeben, wenn der Hund von sich aus aufhören möchte zu bellen. Hier gilt es, den richtigen Moment abzupassen, das Kommando zu geben und gleich zu loben. Sehr gut funktioniert das mit einem Keks, denn Bellen und Kauen, bzw. Schlucken schliessen sich (ausser bei einigen ganz besonderen Spezialisten) aus. Der Hund kann also (von den Ausnahmen sehen wir jetzt ab) gar nicht anders, als das Kommando fürs 'Hör auf mit Bellen' zu befolgen.


    Erst wenn der Trick 'Bellen' und 'Hör auf mit Bellen' weit genug gefestigt ist, dass ich den Hund, wenn ich die Kommandos gebe, jederzeit kontrollieren und mir ein Spiel draus machen kann, wann, wie häufig und wie lange er bellt und wann er damit wieder aufhört, nutze ich das Kommando, um ein Lautgeben, das nicht ich mit einem Kommando ausgelöst habe, (also zum Beispiel Stressbellen) zu unterbinden. Wichtig ist es, dann sofort die Ursache des Bellens zu beseitigen um dem Hund keinen weiteren Grund mehr fürs unkontrollierte Bellen zu geben und sehr hochwertig zu belohnen - allerdings so, dass die Emotionen nicht noch mehr hochkochen, sondern so, dass der Hund damit in die Ruhe geführt wird.


    Ob man richtig trainiert, merkt man, wenn der Hund sich kontrollieren, d.h. ein- und ausschalten lässt, egal in welcher Erregungslage er sich befindet. Funktioniert es nicht, hat man in seinem Trainingsvorgehen irgendwo einen Fehler im System.

    Ihr habt da recht: Die Entscheidung fuer die Rasse war unter den Voraussetzungen die Falsche.

    Das würde ich so nicht sagen. Es besteht ein riesiger Unterschied, ob man einen sorgfältig gezüchteten, gut sozialisierten und aufgezogenen Maliwelpen vom verantwortungsbewussten Züchter holt oder einen verkorksten Hund dieser Rasse aus dem Tierheim, der offenbar schon einmal zurück gegeben wurde.


    Die Voraussetzung mögen in Eurer Situation einfach nicht die richtigen gewesen sein. Das bedeutet nicht, dass ihr etwas falsch gemacht, versagt habt oder zu wenig erfahren wart. Im Gegegteil, ich halte es für eine sehr kluge Entscheidung, den Hund wieder abzugeben. Ihr habt Euch informiert, habt Hilfe gesucht und dann eine verantwortungsvolle Entscheidung gefällt. Ihr habt alles richtig gemacht. Lasst Euch bloss nicht einreden, dass es an Euch oder der Rasse gelegen hat. Dieser Hund hat in Eure Situation einfach nicht hineingepasst. Nicht mehr und nicht weniger.

    Weils langsam off topic wird...