Wenn man Willi fragt, bewege ich mich ohnehin immer maximal im Zeitlupentempo
Gerade bei solchen Hunden finde ich diese Übung sehr hilfreich. Ich gebe vor wie schnell wir wann und wohin gehen, nicht der Hund. Haben wir uns dann einmal grundsätzlich darauf geeinigt, dass ich das Kommando vorgebe, räume ich dem Hund in manchen Fällen auch ein Mitspracherecht ein. Häufig geht es dabei aber eher darum, wie nahe wir an einer Person oder einem Gegenstand vorbeigehen - Tempo und Richtung liegen dennoch nach wie vor in meiner Hand.
In so Situationen wie von Julia beschrieben macht Abwarten es bei uns auch nur schlimmer.
Logisch, das ist der Türklingeleffekt. Er erklärt, weshalb @Juliaundbalous Hund und Deiner im Verhalten schlimmer, anstatt besser werden, wenn die ursprüngliche Strategie nicht mehr funktioniert. Die gute Nachricht dazu: es ist völlig normal.
Was passiert, wenn Du die Türklingel Deines besten Freundes drückst und es passiert nichts? Du kennst das Haus, Du weisst, dass Du das Klingelgeräusch hörst, wenn Du die Klingel drückst - aber heute passiert nichts. Na? Klar, Du drückst nochmal. Und nochmal. Und probierst es etwas kräftiger. Dann haust Du drauf. Dann kriegst Du vielleicht ein schlechtes Gewissen (Du könntest sie mit der Gewaltaktion vorher ja erst kaputt gemacht haben...). Also drückst Du nun sanft und mit Gefühl... Dann nochmals so, wie Du Dir einbildest, dass Du sie eh drücken würdest, wüsstest Du nichts vom Defekt. Erst dann nimmst Du vielleicht das Handy in die Hand, rufst Deinen Freund an und vermeldest: 'Deine Klingel ist hin!'
Würdest Du aber ab sofort keine einzige Klingel in der Stadt mehr drücken, nur weil diejenige Deines Freundes kaputt ist? Nein, Deine Schlussfolgerung wäre nicht, dass klingeln ab sofort in der ganzen Stadt nichts mehr bringt, sondern nur, dass die Klingel Deines Freundes gerade kaputt ist. Morgen aber ist sie sicher wieder heile. Gut möglich, dass Du am nächsten Tag, wenn Du wieder da bist, die Klingel erst mal wieder drückst bis Du merkst, dass sie immer noch nicht geht. Vielleicht hast Du es aber auch vergessen und drückst sie deshalb nochmal. In jedem Fall aber wird es - wenn die Klingel zuverlässig nicht funktioniert - immer weniger lange dauern, bis Du aufhörst, sie zu drücken. Irgendwann versuchst Du es gar nicht mehr, weil Du gelernt hast, die Klingel Deines Freundes ist kaputt. Es lohnt sich nicht, sie zu drücken. Diese Strategie funktioniert nicht (mehr) so, wie Du Dir das wünschst.
Ausserdem ist Lernen kein linearer Vorgang, sondern durchlebt Höhen und Tiefen. Dazu kommt, dass die Löschung eines Verhaltens praktisch nie einfach so vonstatten geht, dass es nach einmaligem Misserfolg nie mehr auftritt. Wäre ja schon blöd, wenn keiner mehr eine Klingel benutzen würde nur weil mal eine defekt war. Um zu lernen, dass die alte Strategie nichts mehr bringt, muss ich diese erst in allen möglichen Formen und Varianten ausprobieren. Erst dann kann eine Löschung (in dieser Situation, dieser Umgebung - und keinesfalls ganz generell!) tatsächlich stattfinden.
Überlegen wir uns aber, was wäre, wenn die Klingel ab und an zwar verrückt spielt, häufig aber doch zum gewünschten Resultat führt. Auch wenn die Klingel nur in einem von drei Fällen funktioniert, wirst Du nicht aufhören, sie zu drücken, bis sie eben tut, was Du willst. Du wirst Dein Verhalten nicht ändern, weil die Strategie lohnt sich ja nach wie vor. Die Belohnungsrate ist nicht mehr so hoch wie früher, aber dann wird man halt einfach ein bisschen penetranter, drückt die Klingel öfters und wartet bis sie es tut...
Das ist in der Psychologie ein bekanntes und wiederholbares Phänomen. Na, klingelts?