Beiträge von AnnetteV

    Allerdings aendern sich Anforderungen mit der Zeit auch.

    Das ist ein sehr wichtiger Punkt: genauso wie die Gesellschaft sich wandelt, ändern sich auch die Anforderungen und Erwartungen an das Kulturprodukt 'Hund.'


    Der verlinkte Dobermann-Welpe hat keinerlei Aufgabe in dieser Welt, ausser 'schön' zu sein und auszusehen wie der 'perfekte' Dobermann. Ob er auch ein wirklicher Dobermann 'ist' und leisten kann, wofür ein Dobermann ursprünglich geschaffen wurde, ist hier völlig sekundär. Zumal man den Dobermann heute so nirgends mehr so einsetzen kann, wofür er ursprünglich gezüchtet wurde. Also muss man sich entscheiden: funktioniert man den Hund nun zum freundlichen Familienhund um, züchtet man ihn für den Showring oder sucht man ihm ein Einsatzgebiet, bei dem er Leistung zeigen kann und muss (Sport, Dienst- und Arbeitshunde).


    Dieses Problem hat der Mali oder der Deutsche Schäferhund zum Beispiel nicht: noch ist es möglich, Hunde auf Diensttauglichkeit zu selektieren. Noch braucht unsere Gesellschaft Hunde, die Aufgaben beim Militär, der Polizei und im Sicherheitsdienst erledigen können. Ebenso werden Therapie- und Assitenzhunde gebraucht.


    Dobermänner sind schöne Hunde, die rein durch ihr Aussehen und ihre kulturellen Assoziationen eine Geschichte erzählen. Dadurch gewinnen sie natürlich auch sofort einen Liebhaberkreis von Leuten, denen es reicht, einfach nur einen dieser Hunde zu besitzen, ohne mit ihnen arbeiten zu wollen. Die Anforderungen an einen Hund, der mich regelmässig und langfristig bei meiner Arbeit unterstützt, sind oftmals völlig andere, als die, welche an einen Familienhund gestellt werden. Geht es nur um Absatzzahlen und das Marketing, ist man mit der Zucht eines schönen und netten Familienhundes in der westlichen Welt sehr viel besser dran: man findet dort sehr viel mehr und viel weniger kritische Abnehmer als im Dienst- und Arbeitshundebereich. Liebhaber sind ausserdem bereit, sehr viel mehr Geld für das Objekt ihrer Begierde zu bezahlen. Lukrativer ist die Familienhundezucht also allemal.


    Problematischerweise lassen sich die Zuchtziele 'Familienhund' und 'Showhund' sehr gut miteinander vereinbaren, während die Selektion auf reine Leistung diesen beiden Idealen oft diametral gegenüber steht. Ein typischer Malinois mit seiner kurzen Zündschnur und seiner Tendenz, auf Kampfansagen gerne und kompromisslos einzusteigen, ist ein denkbar schlechter Hund für eine Familie, die einen stets freundlichen, ruhigen und resilienten Begleiter im Alltag sucht, der sich problemlos in die vorhandenen Strukturen einfügt und keinen Konflikt sucht.

    Ich spreche auch nicht ausschließlich von den Winkeln. Sondern vom gesamten Gebäude. Nein, und ich denke nicht, dass es so unwichtig und schönheitsorientiert ist, dass man nicht darauf achten muss. Das merkt man doch schon am eigenen Körper. Mit schiefen Füßen und Wirbelsäule hat man eben schnell auch Knie und Schulterprobleme.

    Da hast Du natürlich Recht. Aber ein solcher Hund wird auch nicht arbeiten können - und würde deshalb aus einem ganz praktischen Grund aus dem Zuchtprogramm fallen. Und nicht, weil irgend einer in der Theorie beschlossen hat, dass der Hund so und so auszusehen hat. Die Arbeitsleistung bestimmt, ob der Hund funktional genug ist, nicht ein Schönheitsrichter, dem das Gebäude nicht gefällt.


    ABER darum ging es mir gar nicht, sondern darum, dass ein Züchter der AL züchtet angeblich darüber lacht wenn er gesagt bekommt dass sein Hund nicht korrekt gewinkelt ist oder ähnliches. - irgendwie sind wir da aber beieinander wenn ich den fettgedruckten Teil nehme.

    Ich spreche nicht von Arbeitslinien. Ich spreche von Vereinen ausserhalb der FCI wie dem KNPV, dem ISDS oder den Schlittenhundezüchtern, die ihre Tiere rein auf Leistung selektieren. Und von Rassen, die ausschliesslich für einen Job gezüchtet werden. Das kann auch 'Blindenführhund' sein. So ein Hund muss funktional sein um seinen Job vernünftig machen zu können. Keiner, der seinen Hund wirklich braucht (und ihn nicht einfach zum Spass ein bisschen Besporteln will) kann es sich leisten, seinen Mitarbeiter zuerst langwierig auszubilden, nur um ihn dann mit fünf Jahren einzuschläfern, weil er krank oder anderwertig unbrauchbar geworden ist.


    Ich spreche also von Hunden, die wirklich arbeiten, nicht ein bisschen Spass und Sport machen wie die meisten FCI 'Arbeitslinien', welche diesen Namen nicht verdienen. Die ganzen 'Arbeitslinien' in der FCI sind meist reine Marketing-Strategie, weil die sich im Moment sehr gut zu verkaufen scheinen und als gesünder, kerniger gelten.

    Das würde ich nicht so sagen. Eine Voraussetzung dafür, dass eine Hund lange und leistungsfähig arbeiten kann, ist ein funktionales Gebäude. Natürlich macht es in den seltensten Fällen etwas aus, wenn ein Hund mal in der Vorhand etwas zu steil ist, aber trotzdem können auch AL-Züchter das nicht außer acht lassen und nur nach der Leistung schauen.

    Schön, wenn es so wäre. Leider ist das vor allem ein schönes Märchen der Ausstellungswelt. Da geht es um reine Theorie. Wenn wir aber in die Praxis, die Natur, schauen, hat diese eine ganz andere Vorstellung davon, wie ein funktionales Tier auszusehen hat.


    Ich habe schon öfters Bilder von Wildcaniden (Afrikanische Wildhunde, Wölfe, etc.) und verwilderten Haushunden (Dingos, Pariahs, etc.) hier gepostet: da hat keiner die Winkel, die im Ausstellungsring gefragt sind - und trotzdem laufen die Tiere Strecken, die viele unserer Haushunde auch mit Training nicht schaffen würden. Funktional und optisch ansprechend sind leider oft zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe.

    Können denn die Kenner hier spontan gesunde Rassen aufzählen?
    Angefangen beim kleinen "Mitläufer" bis hin zum Arbeitstier? :???:

    Nun ja - die Frage ist, was gesund ist. Wir sehen hier ja auch in schöner Regelmässigkeit, dass 'Qualzucht' vielleicht zu kurz greift, um die Themen, welche in der Hundezucht aktuell und problematisch wären, zu diskutieren.


    Grundsätzlich gesunde Tiere wirst Du nirgends finden. Die Chance, dass Du aber an ein relativ resilientes Exemplar gerätst, steigt da, wo Selektion auf


    a) Gesundheit und Langlebigkeit
    b) körperliche Fitness (also so etwas wie 'Leistung') und
    b) genetische Vielfalt stattfindet.


    Das ist bei den allermeisten FCI-Rassen leider nicht der Fall, weil dort die Selektionskriterien meistens ganz woanders - und zwar auf dem Aussehen (oder der 'Schönheit') liegen. Ein Arbeitshundezüchter kringelt sich vor Lachen, wenn ihm jemand weismachen will, sein Hund sei minderwertig, weil dieser irgendwo einen unerwarteten Farbfleck im Pelz, zwei ungleiche Ohren oder schlechte Winkel hat. Auch in einer Arbeitszucht wirst Du kranke Hunde finden - aber es geht in dieser Frage nicht so sehr um das 'was' denn in einer Population vorkommt, sondern um das 'wie oft'.


    Dazu kommt, dass Arbeitshunde nicht zum gleichen Zweck gezüchtet werden, wie Tiere, die vor allem freundliche, aufgeschlossene Begleiter sein sollen. Viele Hundehalter möchten und können einen Spezialisten gar nicht führen, was durchaus verständlich ist. Die Eigenschaften, die ein idealer Familienhund mitbringen soll, sind oft genau gegenteilig zu denjenigen, die von einem Arbeitshund verlangt werden. Das macht den einen nicht besser und den anderen nicht schlechter, sondern nur mehr oder weniger geeignet für einen bestimmten Job.


    Aber ich finde die Frage nach der "gesunden Rasse" schlicht unsinnig. Denn wie Lendril schon sagt, die Vorstellung vom fehlerlosen Hund ist unsinnig.

    Unsinnig finde ich die Frage ganz und gar nicht. Denn so wie ich sie verstehe, geht es ja nicht darum, ob jedes einzelne Exemplar gesund ist, sondern ob die Wahrscheinlichkeit, dass möglichst viele es sind, besonders hoch ist.

    Der Unterschied: Beim Hund vom Züchter sieht man sowas. Weil die Ahnen belegbar sind.
    Bei der Bauernhofmischung weiß es keiner, genauso wie bei der "liebevollen Familienzucht".

    Stimmt. Wobei man sich da wirklich die grösste Mühe geben müsste, diesen Grad von Inzucht zu erreichen. Theoretisch wäre das also möglich. Praktisch jedoch eher nicht, weil auch Bauernhofwelpen abgegeben (oder eben getötet) werden und sich somit erst gar nicht wieder in den Genpool einbringen können.


    Nur weil der Inzuchtgrad beim Rassehund belegbar ist, macht es das nicht weniger schlimm. Im Gegenteil.


    Der Stammbaum unseres Rüden sieht übrigens ganz ähnlich aus. :ka:


    So ungewöhnlich finde ich das jetzt nicht.

    Leider. Und wenn ich mich nicht irre, handelt es sich dabei um einen Dobermann. Und dann wundert sich tatsächlich noch einer, dass 50% oder mehr der Tiere dieser Rasse vorzeitig am genau gleichen Tod sterben?


    Gibt ja viele Züchter die es heute eben besser wissen und sich um einen möglichst geringen Inzuchtkoeffizienten bemühen.

    Wenn die Basis dermassen ingezüchtete Hunde sind, kannst Du Dich um eine möglichst geringen Inzuchtkoeffizienten bemühen wie Du willst: das ist reine Augenwischerei. Denn sieht man sich den Stammbaum nur bis in die zweite oder dritte Generation an, ist scheinbar ja auch alles total in Ordnung. Erst wenn man weiter geht, öffnen sich da Abgründe. Jetzt kannst Du Hunde derselben Rasse kreuzen, wie Du willst: da ist schlichtweg nichts mehr mit 'Vielfalt'. Ohne Fremdblut wird sich da nichts ändern können, denn was weg ist, ist weg.

    Ich kann die Namen leider fast garnicht entziffern, gibts das Bild irgendwo in besserer Qualität?
    Auf der Pedigreeseite der Weimaraner ist Maximilian von der Reiteralm aufgeführt, die Eltern sind Bella von der Reiteralm und Val Knight Ranck.

    Zur Bildqualität: leider nein, aber wenn Du die Pedigree Datenbank einsehen kannst, findest Du vielleicht auch Fancy's Cinnamon Girl, also diesen Hund. Der Stammbaum ist aus dem Buch 'Fay' von William Wegman (Hyperion, 1999). Edit: hier findet sich der Stammbaum: Fancy's Cinnamon Girl, - The Weimaraner Pedigree database.

    Das gerne immer dieselben Hunde, auch mit engem Verwandschaftsgrad, benutzt wurden früher ist ja nichts neues, so wollte man seine Linie eben noch mehr festigen.

    Nun ja, es ist ja nicht so, dass so etwas nur 'früher' der Fall gewesen wäre... Das ist heute leider nach wie vor gängige Praxis und wird als 'gute Linienzucht' definiert. Was da an genetischer Vielfalt verloren geht, kann nicht einfach mehr mit geschickten Verpaarungen wett gemacht werden, solange man immer nur weiter mit derselben homogenen Suppe (sprich ausschliesslich 'rassereinen' Tieren) weiterzüchtet. Hier bräuchte es dringend Fremdblut.


    Aber wieso da teils andere Eltern stehen macht mich neugierig. Auf der Webseite steht ja anders. Was ist nun richtig? Und warum?

    Das finde ich angesichts der Tatsache, dass dieser Hund dermassen bewusst und mit der grössten Selbstverständlichkeit dermassen ingezüchtet ist, noch nicht mal mehr relevant. Es spielt, genetisch gesehen, nämlich überhaupt keine Rolle.

    Weil es hier ja auch um die Inzuchtproblematik ging, möchte ich Euch einen Stammbaum, den ich kürzlich durch Zufall in die Finger gekriegt habe, nicht vorenthalten.


    Es geht hier um die Hündin des Fotografen und Concept Artists William Wegman, die 1995 starb. In einem Buch über sie, präsentierte er stolz ihren Stammbaum. Dieser ist tatsächlich in mehrerlei Hinsicht... sehr interessant.


    Das Problem ist eher wenn die Klappe (oder das Fenster am Kofferraum wie bei unserem Auto) zu geht und das niemand merkt. So ist der Bruder meiner Kleinen elendig verreckt...

    Oh nein, das ist furchtbar.


    Aus diesem Grund öffne ich jeweils nicht nur die Heckklappe, sondern auch beide Fenster der Rückbank bis zum Anschlag.


    'Witzigerweise' wurde mir ausgerechnet heute mit Polizei und Tierschutz gedroht, weil ich einen meiner Hunde dabei hatte, mit dem ich nachher noch zu einem Termin beim Tierarzt musste. 'Hund im Auto' ginge ja gar nicht, dabei stand der Wagen im Schatten, sämtliche Fenster und die Heckklappe waren geöffnet, der Hund hechelte noch nicht einmal. Stein des Anstosses war dann plötzlich doch nicht mehr die Hitze, sondern die Box, in welcher der Hund sass. Die sei sowieso tierschutzwidrig, weil die Unterbringung in einer Kiste als Tierquälerei gelte. Solche Leute scheint es also mehr zu geben, als man so glauben mag.