Aufmerksamkeit muss man sorgfältig trainieren! Wenn Hunde draussen überhaupt nicht auf den Menschen achten, fehlen halt Grundlagen. Bzw. die Hunde haben schlicht gelernt, dass der Mensch draussen nicht wichtig ist. viele Leute schlappen ja auch nur mit den Hunden um den Block und hängen ihren Gedanken nach. Es fehlt einfach oft an der Erwartung, dass der Hund aufmerksam sein soll (und Hunde tun was man erwartet...) und an der eigenen Aufmerksamkeit.
M.M.n. fängt das beim Anleinen an. Der Hund soll aufmerksam "mitarbeiten", sich setzen, den Kopf durchs Halsband stecken, mich anschauen usw. die ersten Schritte aus der Haustür raus sind entscheidend, stürmt ein Hund achtlos voraus, wird halt noch mal umgedreht, 10 Minuten später von vorne. So Sachen.
Ganz wichtig finde ich, immer wieder an andere Orte zu gehen, wo sich der Hund nicht auskennt. Natürlich soll der Hund darauf achten, wo Mensch hingeht - nicht umgekehrt! Wer nicht aufpasst, muss also sehen, wo der Mensch abgeblieben ist... hinterm Baum versteckt z.B. Immer wieder Gehorsamsübungen einfordern und belohnen, Rückruf, Platz, Fuss etc. Leckere Belohnung in der Tasche haben - aber auch wenn der Hund das Würstchen nicht mag, sitz machen muss er trotzdem, dann gibts halt nur Stimmlob. Konsequent sein. Langsam aufbauen. Immer wieder Freigeben (Und lauf!) und zur Entspannung mal ein paar Minuten machen lassen, aber dann wieder aufmerksamkeit fordern. Wenns nicht ohne geht, eben Leine dran.
Und wer zwei unaufmerksame Hunde hat, muss erst mal mit beiden einzeln die Grundlagen einüben, erst dann wieder gemeinsam Gassi gehen.
Indiz dafür, dass die Grundlagen stimmen: Der Hund nimmt auf Ansprache und auch von sich aus bereitwillig und häufig direkten Blockkontakt zum Menschen auf und sucht seine Nähe. Auch das muss man aufbauen!
Wenn solche Grundlagen nicht da sind, muss man an Abbruf aus dem Jagdverhalten gar nicht denken! Wenn der Hund ohne Ablenkung nicht aufmerksam ist, wird er es mit Ablenkung garantiert nicht sein. Da helfen Wurfketten auch nix auf Dauer, das stumpft nur ab.
Denn egal, wie man Strafe oder Abbruchsignale moralisch bewertet - das entscheidende ist: sie nutzen sich ab! Während man den positiven Verstärker immer weiter abbauen kann, ohne dass die wirkung verloren geht, ist es bei Strafreizen genau umgekehrt. Der Hund (der Mensch genauso, jedes lernfähige Wesen) gewöhnt sich daran und lernt, immer mehr davon auszuhalten und auszublenden.
WENN man also Strafe einsetzt, dann MUSS diese beim allerersten mal 100% sitzen, exakt!! im richtigen Moment sein (wehe man hat die Rappeldose geworfen, wenn der Hund sich gerade schon wieder umgedreht hat...) und so stark sein, dass der Hund wirklich wirklich beeindruckt ist. Die Strafe (der unangenehme Reiz) muss so stark sein, dass der Hund sofort das Verhalten abbricht und etwas anderes tut. WENN man nun vorher Aufmerksamkeit und Bindung gut aufgebaut hat, wird er sich dem Menschen zuwenden und muss dafür sofort belohnt werden.
Die Probleme sind offensichtlich:
1. schlechtes Timing - führt dazu, dass der Hund diffus eingeschüchtert ist, aber nicht weiß, wie er den unangenehmen Reiz meiden soll --> Stress
2. schlechte Vorarbeit - Hund wendet sich nicht dem Menschen zu, was zu allem möglichem ungewünschten Verhalten führen kann, z.B. weglaufen
3. zu wenig entschlossen, zu schwach gestraft - Hund lernt, die Strafe zu ignorieren. Wenn man nun noch einen Effekt erzielen will, muss (müsste) man immer weiter steigern und "härtet" den Hund immer weiter ab.
4. Das größte Problem: Hund verknüpft die Strafe mit der Nähe zum Menschen und meidet diesen - dann hat man sich noch das Vertrauen beschädigt. Wenn man die Wasserspritze, Rappedose etc immer öfter statt seltener einsetzt, läuft auf jeden Fall etwas schief.
Strafe einzusetzen, heisst also ganz und gar nicht, auf den positiven Aufbau von Kommandos und das Belohnen (egal ob man hier mit positiver oder negativer Verstärkung arbeitet) verzichten zu können! Im Gegenteil. Damit Strafe "funktioniert" muss das erwünschte Alternativverhalten schon sehr gut sitzen. Sonst bringt man den Hund nur ins Meiden, das führt zu erheblichem Stress und bei Stress ist die Aufmerksamkeit zwangsläufig dahin - beim nächsten Hasen ist der Hund dann wieder weg.