Der Begriff "Ruhe lernen" ist eine Modeerscheinung der heutigen Hundehaltergeneration.
Ich halte seit 40 Jahren Hunde. Vor 20 Jahren wäre niemand auf die Idee gekommen, dass ein Lebewesen lernen müsste, Ruhe zu halten.
Jedes Tier merkt von alleine, wann es müde ist und wird dann in seinen Aktivitäten ruhiger oder zieht sich zum Schlafen zurück.
Ich glaube kaum, dass Hunde mit einem genetischen Defekt auf die Welt kommen.
Sie würden sich praktisch selbst zerstören und vor Erschöpfung sterben, wenn sie nicht die Fähigkeit hätten, zur Ruhe zu kommen.
Es ist vielmehr der Hundehalter, der sich verändert hat. Er kann die Lebhaftigkeit eines jungen Hundes nicht aushalten, betrachtet diese nicht als normales Verhalten.
Junge Hunde waren immer lebhaft. Ich würde mir Sorgen machen, wenn ein Welpe den größten Teil des Tages auf seiner Decke liegen würde.
Genauso kann der heutige Hundehalter nicht damit umgehen, dass ein Hund immer in der Nähe seiner Menschen sein will. In einem Rudel ist es völlig normal, dass die Tiere viel zusammen machen. Steht ein Tier auf, folgen meistens andere Tiere.
Der Mensch hat Angst, dass sein Hund ihn kontrolliert.
Zitat
Icephoenix:
Wie bei nem ADHS-Kind, dass erst mal lernen muss, dass man sich auch mal ruhig hinsetzen und sich entspannt beschäftigen kann, statt nur rum zu hibbeln. Ums mal bildlich zu beschreiben.
ADHS ist eine psychische Störung, die ganz bestimmt nicht behoben wird, indem man das Kind festbindet oder in einen Käfig sperrt.
Aber dieses Beispiel verdeutlicht die Probleme der heutigen Zeit.
Man kann durchaus einen Vergleich ziehen zwischen Kindern und Hunden, die angeblich hyperaktiv sind.
Zitat
Es gibt Kritiker, die die These vertreten, dass ADHS ein gesellschaftliches Konstrukt sei und dass das Krankheitsbild im Grunde zum normalen Spektrum des menschlichen Verhaltens gehöre. Sie lehnen die Einordnung der typischen Auffälligkeiten als Störung, ganz oder teilweise, ab oder interpretieren die Symptomatik als Folge der aktuellen Lebensumstände. Begründet wird das unter anderem mit einer veränderten Kindheit, erhöhten Ansprüchen an Zweckmäßigkeit und reibungsloses Funktionieren, einem den Bedürfnissen der einzelnen Kinder nicht genügenden Schulsystem, abnehmender gesellschaftlicher Toleranz gegenüber den Ausprägungen kindlichen Verhaltens sowie einer Umwelt, die von Bewegungsarmut, Reizüberflutung, Leistungsdruck, Sinnentleerung und Vernachlässigung gekennzeichnet sei.
http://de.wikipedia.org/wiki/Aufmerksa…#Psychotherapie
Heute werden immer mehr Hunde in der Großstadt in einer Wohnung gehalten. Kaum jemand hat noch einen Garten. Man kauft sich Arbeitshunde, die lernen müssen, den ganzen Tag im Büro in einer Box zu liegen.
Oder man erwartet von einem Rudeltier völlig selbstverständlich, dass es 8 - 10 Stunden zu Hause auf seinen Besitzer wartet.
Welpen dürfen sich nur noch geplant 3 mal täglich 20 Minuten bewegen. Den Rest der Zeit sollen sie in der Wohnung ruhig sein, sich nicht bewegen, nichts zerkauen.
Ein lebhafter Welpe ist in der Wohnung schlecht zu ertragen, die Einrichtung, für die man gerade viel Geld ausgegeben hat, könnte ja leiden.
Hunde werden mit Reizen überflutet, damit sie schon mit 8 Wochen an der Leine laufen, möglichst auf alles geprägt sind. Sie müssen zum täglichen Gassigang eine 6-spurige Straße überqueren oder an der Straßenbahn vorbei.
Hunde werden in ein Leben gepresst ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse des Hundes.
Hauptsache, man hat sich irgendwie seinen Hundewunsch erfüllt.
Und dann sind viele Hundehalter auch noch stolz darauf, wenn ihr Hund 8 Stunden am Tag auf seiner Decke liegt und nur Leben in ihn kommt, wenn es der Zeitplan zulässt.
Dann heisst es, er hätte "Ruhe gelernt".