Hallo EmmaPluesch,
du beschriebst fast den anfänglichen Zustand unserer Jagsemmel. Ich kenn die Phänomene wirklich gut, und kann da echt mitfühlen.
Außer bei dem In-die-Wohnung-machen, da solltet ihr das Alleinsein nochmal üben.
Was den Rest angeht, so kann ich dir berichten wie es bei uns war und noch ist.
Zu Anfang muss ich dir leider die Illusion nehmen, dass ihr bald euren Hund wieder ohne Leine laufen lassen könnt. Ihr werden vermutlich eine lange Zeit an der Schleppleine arbeiten müssen.
Wir sind jetzt ein 3/4 Jahr dran, und können noch lange nicht an den Abbau der Schleppleine denken, leider.
Als Ashanti zu uns kam mit 3,5 Jahren, entdeckte sie bei uns ihren Jagdtrieb. Ich muss dazu sagen, dass ich Ashanti schon immer gut kannte, da sie bei meinen Eltern aufgewachsen ist. In der Gegend meiner Eltern ist es allerdings recht wildarm. Wild lässt sich dort allerhöchsten mal in Ausnahmefällen blicken.
Hier im Rhein-Main-Gebiet, wo ich wohne, ist es dagegen aber total wildreich. Allein was ich hier tagtäglich an Karnickeln und Feldhasen sehe, kann ich fast schon nicht mehr zählen. Wir fallen von der Haustür quasi schon fast in die ersten Karnickelbauten *lol*
Also anfangs war es ganz so, wie du es auch beschreibst. Ashanti reagierte auf gar nichts, weder Spieli noch Leckerchen, oder Zuruf klappt, obwohl sie im Alltagsleben der gehorsamste Hund ist, und alle Kommandos super umsetzt. Und sie schnuffelte auch immer und überall aktiv nach Wildspuren.
Unser Fehler war es, dass wir zu spät gemerkt hatten, was da los war. Fazit: Sie ging einige Male ab, scheuchte leider auch zwei mal aktiv Wild auf um es zu hetzen, kam aber zum Glück nach 30 bis 60 Sekunden auf Pfiff mit der Pfeife zurück. Wir begriffen dann zum Glück bald, dass es leider nötig ist, Ashanti an der Leine zu lassen, und befassten uns intensiv mit Schleppleinentraining.
Gleichzeitig befassten wir uns ausführlich mit hündischer Körpersprache, was grad bei solchen Hunden mit Jagdtrieb echt wichtig ist.
Die einzige Möglichkeit, die hier noch bleibt, ist ein Notfall-Stopp-Signal aufzubauen.
Fakt ist, der Hund hat es einmal kennengelernt wie geil jagen sein kann. Deshalb wird er es immer wieder tun wollen.
Wir haben also angefangen den allgemeinen Rückruf neu aufzubauen, an der Schleppleine. Aufmerksamkeitsübungen kamen dazu, und so nach und nach kamen weitere Kleinigkeiten dazu.
Ein "Ende" für Radiusbegrenzung, und ein "Weg" für auf dem Weg bleiben gehört jetzt auch zu unseren täglichen Spaziergängen.
Wir können mittlerweile auch recht deutlich ihr Schnüffelverhalten unterscheiden, wir wissen jetzt wann sie nur nach nem Häufchenmachen-Plätzchen, einfach Zeitung lesen, oder nach Wildspuren schnüffelt. Ersteres und zweiteres lassen wir zu, aber das Wildspurenschnüffeln wird unterbrochen und mit Alternativverhalten abgelenkt (meistens Rückruf gefolgt von Leckerchensuchspielchen).
Das Schwierigste ist der Notfall-Stopp. Am liebsten hätten wir ein ins Platz legen, das ist aber bei einem Ridgeback, der sich ungern mit fast nacktem Bäuchlein in Matsch oder nasse Wege legt, fast unmöglich. Also arbeiten wir auf Sitz hinaus.
Wir üben immer wieder Sitz aus der Bewegung und Sitz auf Entfernung. Demnächst kommt noch die Pfeife mit einem neuen Pfiff dazu, weil man ja im Notfall auch mal lauter sein muss, und ich keine Lust haben rumbrüllen und gegen den Wind anschreiben zu müssen.
Da Ashanti aktuell auf Sitz bei Wildsicht noch nicht so ansprechend ist, wie ich es gern hätte, sie aber schon immer auf "Steeehhh" recht gut reagierte, ist das aktuell noch unser Notfall-Stopp.
Insgesamt ist Ashanti drei mal in die Schleppleine geprescht bei Wildsicht. Das war ganz am Anfang unseres Schleppleinen-Trainings. Mittlerweile passiert es kaum noch, dass sie bis zur voll ausgefahrenen Leine geht. Zug kommt nur noch ganz selten auf die Leine, die ja die meiste Zeit in fast voller Länger hinterher schlepp, und ich allerhöchsten das Ende noch zur Sicherheit in der Hand halte. Das Stoppen also Stehenbleiben bei Wildsicht klappt mittlerweile recht gut. Wir haben jeden kleinsten Ansatz der Kontaktauufnahme zu uns gelobt und bestärkt, immer und überall, also mal zu uns guggen, oder Ohren nach hinten Richtung Herrchen/Frauchen ausrichten um zu horchen, umdrehen zu uns usw.
Aktuell sieht es so aus, dass Ashanti bei Wildsicht auf Kommando stehen bleibt und wie erstarrt Richtung Wild schaut, ab und an auch mal Vorsteht. Sie steht dann da wir erstarrt, zittert aber mittlerweile nicht mehr und dreht mittlerweile auch nicht mehr total am Rad, steht in der Leine, Fiept wie verrückt usw. Das alles haben wir mittlerweile erreichen können. Ashanti bleibt unter massiver Anspannung stehen und starrt sekundenlang in Richtung des Wildes. Nach etlichen Sekunden, merke ich wie ihre Körperspannung ein klein wenig nachlässt, und wie sich fast unmerklich ihre Öhrchen drehen. Das ist dann der Zeitpunkt andem sie wieder ansprechbar ist, und ich das Sitz-Kommando geben kann. Dann gehe ich langsam auf Ashanti zu, bleiben kurz neben ihr stehen, und zu guter Letzt schaut sie mich direkt an, sobald ich neben ihr erscheinen. Dann wird sanft und ruhig gelobt und wir drehen uns um, und gehen weiter. In dem Moment verfällt dann auch Ashantis Anspannung und ist dann wieder der tolle Hund, den wir gern haben.
Ich kann dir also sagen, dass ihr euch intensiv mit Schleppleinenarbeit und Anti-Jagd-Training beschäftigen solltet. Es gibt so viele Möglichkeiten, wie man was trainineren kann. Dabei solltet ihr ganz viel Geduld und Durchhaltevermögen haben.
Es wird kein einfacher Weg werden. Auch ich habe schon mehrfach mit Heulattacken bei unserer Trainerin angerufen, weil ich mal wieder total am Ende war, und es phasenweise der reinste Stress war mit Ashanti gassi zu gehen. Wir haben schon so viel Nervenkrieg hinter uns, und halten uns aktuell an die kleinen Fortschritte, die man sich immer wieder vor Augen halten muss.
Ich drück euch die Daumen, und wünsche Euch, dass ihr einen gute Trainingsweg findet, mit dem ihr gut zurecht kommt.
Alles Gute dabei ;-)