Ich kann deinen Wunsch verstehen. Ich selbst liebe an der Hundehaltung auch gerade das gemeinsame Rausgehen und dort Abenteuer erleben, auch Hundesport, nicht nur Kuscheln auf dem Sofa.
Aber du hast nun einmal Lily, und zu ihr passt nun wirklich kein weiterer Hund. Zumal einer der jung und lebhaft ist.
Denn deine Beschreibung spricht doch Bände:
Das Problem ist Lily. ... Hat starke Probleme mit den Bandscheiben, der Atmung und den Augen. Ein falscher Sprung kann sie wieder in die Tierklinik befördern. Ein falscher Biss ins Gesicht und ihre Augen sind in Gefahr. Sie kann auch nicht wirklich toben, weil sie beinahe erstickt. Sie wehrt sich auch nicht, sie ist sehr passiv, lässt sich alles gefallen ohne einen Mucks von sich zu geben.
Sogar der liebste Welpe, der nur eine lustige Spielaufforderung vor ihr macht und sie zu einer falschen Bewegung provoziert, kann ihr alleine dadurch schlimme Schmerzen antun.
Das einzige, was ich mir bei euch vorstellen könnte wäre ein weiterer kleiner, sehr ruhiger und verträglicher Senior aus dem Tierschutz oder Second Hand, aber das ist bestimmt nicht in deinem Sinne, denn damit hättest du halt quasi zweimal Lily.
Das einzig Sinnvolle ist meiner Meinung nach, deinen Wunsch nach einem jungen und aktiven Hund bis nach Lilys Tod zurückzustellen.
Dann bist du auch freier in der Wahl, wobei es aber immer noch begrenzende Faktoren gibt: zum einen die körperliche Belastbarkeit deiner Großmutter, zum anderen mangelnde Erfahrung.
Arbeitshunde wie Border Collie oder Australian Shepherd sind auf jeden Fall raus.
Der Mini Aussie ist keine Light Version des Aussies, sondern kann im Gegenteil oft wesentlich schwieriger im Wesen sein!
Ein kleiner Blick in die noch junge Zuchtgeschichte erklärt wieso: Als der Australian Shepherd so richtig anfing zu boomen, wurde auch schnell der Wunsch nach einem Aussie in handlicher Größe für die Haltung in Stadt und Wohnung laut. Züchter bemühten sich, die Nachfrage schnellstmöglich zu befriedigen.
Innerhalb der Rasse gibt es naturgemäß nur wenige Hunde in Untergröße, und mit diesen wurde auf Teufel komm raus gezüchtet, ohne groß nach sonstigen Eigenschaften zu fragen. Weil die Zucht innerhalb der Rasse aber trotzdem nicht ausreichte um den Bedarf zu decken, lag es nahe, eine andere Rasse einzukreuzen, die ähnlich aussah und genetisch die geringe Größe mitbrachte: das war und ist der Sheltie.
Aussies sind energische Treibhunde, nervenstark und durchsetzungsbereit. Konfliktlösungsstrategie: Drohen/Angriff. Shelties sind Sensibelchen mit Tendenz zur Ängstlichkeit. Konfliktlösungsstrategie: Rückzug/Flucht.
Wenn diese Wesenszüge in einem Hund aufeinandertreffen, ist das Ergebnis allzuoft ein Hund, der wunderhübsch aussieht, im Wesen aber äußerst schwierig ist.
Ein Hund, dem es an Nervenstärke und damit an innerer Gelassenheit mangelt, der sich von allem möglichen, Menschen, anderen Hunden, Umwelteinflüssen, rasch verunsichern läßt, der sich aber nicht zurückzieht sondern mit den Zähnen nach vorne geht ist schlicht gesagt die Pest.
Bevor ich meine Pudelhündin geholt habe, wollte ich auch einen kleinen Hütehund und habe viel über Mini Aussies recherchiert. Abgehalten hat mich damals der Eindruck einer unkontrollierten Modehundzucht, da war es mir doch sicherer, mich für eine bewährte Rase zu entscheiden, die derzeit nicht im Mode ist.
Im Nachhinein habe ich einige Mini-Aussies kennengelernt und mich jedesmal zu meinem unkomplizierten Pudel beglückwünscht. Von der Handvoll Mini-Aussies hätte ich genau einen wirklich haben wollen, zwei Vollkatastrophen auch dann nicht, wenn man mir viel Geld geboten hätte. Und es lag nicht an mangelnder Kompetenz der Halter!
Ich will nicht sagen, daß es keine tollen Mini Aussies gibt! Aber es ist viel mehr Lotterie als bei anderen Rassen oder beim Aussie in Normalgröße. Zumal die Züchter die Sheltieeinkreuzung auch nicht zugeben, das wird nämlich immer abgestritten. Betrachtet man aber die Hunde und kennt sich ein bißchen aus, ist das Sheltieerbe nicht zu übersehen.
Den Sheltie an sich kann ich dir - aber erst nach Lily! - dagegen empfehlen, gerade wenn du kooperative Hunde magst, die gerne mit dir zusammenarbeiten und die du am seidenen Faden lenken kannst. Das ist die schöne Seite der sensiblen Sheltieseele. Man muß aber hier schon intensiver nach wesensfesten Hunden suchen.