Beiträge von dagmarjung

    Es wurde gesagt, dass der Hund dem Druck ausweichen soll indem er die gewünschte Position einnimmt und dass mal was anders ist und es nicht für alles eine Belohnung gibt. Sie sagte man entzieht ihm das Lob und die Aufmerksamkeit während der Übung und er muss selbst darauf kommen, wie man dem Druck entkommt.

    Mit anderen Worten, man läßt den Hund absichtlich auflaufen, ohne ihm auch nur die geringste Hilfestellung zu geben. Zumindest ein gesprochenes Lob, sobald der Hund einen richtigen Ansatz zeigt, wäre hier das Minimum an Fairness.

    Sinnfrei ist die Übung natürlich trotzdem. Wenn dein Kind schon längst flüssig Bücher lesen kann, fängst du doch auch nicht plötzlich damit an, ihm noch mal neu das Buchstabieren nach alter Dorfschullehrerart mit dem Rohrstock beizubringen.

    Was die Futterbelohnung betrifft, die Trainerin hat wohl noch nie was davon gehört, daß man die Belohnung für sicher beherrschte Lektionen wie Sitz allmählich abbaut. Das gehört mit zum Lernprozess dazu. Wer beim voll ausgewachsenen Hund noch jedes Sitz und jeden Meter Fuß extra belohnen muß, damit es funktioniert, hat beim Aufbau was falsch gemacht.

    Sicher gibt es für negative Verstärkung viele Abstufungen. Ich spüre Zug im Nacken, ich schließe das Fenster. Davon zerbreche ich natürlich nicht mental, sondern ich löse in kleines Problem erfolgreich durch mein Verhalten.

    Wenn man aber ein und dieselbe Aufgabe entweder über negative oder über positive Verstärkung erfolgreich beibringen kann, dann finde ich letzteres einfach unendlich viel eleganter.

    Zwangsläufig kommen bei Erziehung und Training auch mal die weniger angenehmen Lernwege über Druck und Strafe zum Einsatz, je nach Situation und Lernziel. Nicht alles funktioniert über rein positiv. Umso wichtiger, daß zumindest so viel wie möglich über positive Verstärkung gelehrt wird.

    Man wird beim Hundetraining ebenso wie in der Alltagserziehung realistisch immer auf alle 4 Ecken des Quadrats zurückgreifen, je nach Situation. Also positive wie negative Verstärkung, positive wie negative Strafe.

    Ich finde es aber sehr wichtig, daß man bewußt die positive Verstärkung nutzt, wo und wann immer es möglich ist, damit der Hund freudig und motiviert lernt.

    Setzt man auf negative Verstärkung bei Sitz und Platz, wird die ganze Übung gefühlsmäßig negativ besetzt. Daran ändert auch eine nachgeschobene Belohnung nichts, weil die eigentliche und wichtigste Belohnung immer noch das Nachlassen des unangenehmen Drucks ist. Davon und nicht vom Leckerli hängt der Lernerfolg ab.

    Ein Hund, der die Kommandos über positive Verstärkung gelernt hat, ist natürlich maximal verwirrt, wenn er plötzlich mit der Druckmethode konfrontiert wird, Denn die setzt ja voraus, daß man dem Hund erst einmal etwas Unangenehmens zufügt, ihn also bestraft, bevor er die Lösung finden kann, durch Nachgeben aus der unangenehmen Situation herauszukommen.

    Das ist eine völlig andere Art des Lernens als die, die der Hund bisher kannte. Außerdem unlustbetont. Und absolut unnötig.

    Früher war die Druckmethode Standard. Natürlich hat es so auch funktioniert, sonst wäre es ja nicht Standard gewesen.

    Beim jungen Welpen war in der Regel noch nicht viel Widerstand zu erwarten. Und wenn der Hund das Lernprinzip Druck & Weichen kennt, kann er auch relativ schnell die Lösung finden und den Druck vermeiden.

    Beim älteren rohen Junghund ohne Vorerfahrung war mehr Widerstand zu erwarten, da wurde mit Stachelhalsband und Gerte nachgeholfen.

    Es hatte seinen Grund, warum Hunde früher erst ab etwa einem Jahr als ausbildungsfähig angesehen wurden: Weil jüngere, mental noch weniger stabile Hunde oft unter der Druckmethode einbrachen.

    So wurde vor 50, 60 Jahren dem jungen, noch rohen Hund das Sitz und Platz beigebracht. Die Methode nutzt die negative Verstärkung, das heißt, der Hund lernt, dem unangenehmen Druck zu weichen. Die Wegnahme des Drucks ist dann die Belohnung dafür, daß er das erwünschte Verhalten zeigt.

    Heute ist Standard, dem Hund dieselben Kommandos ohne Druck, dafür mit Leckerlibelohnung beizubringen, indem man ihn zunächst mit hoch- oder tiefgehaltenem Leckerli in die gewünschte Position lockt. Das hat mehrere Vorteile. Zum einen ist die Stimmung beim Lernen positiv und freudig anstatt gedrückt und ängstlich. Zum anderen begibt sich der Hund selbstständig in die gewünschte Position, ohne dagegen zu wiederstreben (Druck erzeugt Gegendruck).

    Es macht überhaupt keinen Sinn, einen Hund, der die Kommandos Sitz und Platz bereits beherrscht, auf einmal mit der Druckmethode zu konfrontieren. Das kann ihn nur verwirren und im schlimmsten Fall Vertrauensverlust bis hin zu Agression hervorrufen.

    Warum hier bei Hunden, die die Kommandos schon kennen, auf eine völlig veraltete Methode für allererste Basislektion zurückgegriffen wird, ist für mich unverständlich.

    Haben die anderen Kursteilnehmer das so hingenommen? Gab es keine Rückfragen dazu?

    Zur Illustration dessen, was McChris oben schrieb hier mal zwei Beispiele, auf die ich letztens bei Youtube gestoßen bin:

    HSH versteht Fremdsprache (Schaf) und ist im Dienst" - er beobachtet die Person mit der Kamera, bleibt dabei aber gelassen:

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    Eine Gruppe HSH schützt eine Schafherde gegen Wölfe. Am Ende des Videos wird die unterschiedliche Aufgabenverteilung unter den Hunden erläutert:

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    Mein allerdings sehr ängstlicher Sheltie hat sich einmal strikt geweigert, einen Fußweg mitten in einem Park zu überqueren, also: links Wiese, rechts Wiese, der Weg läft mitten hindurch, wir waren quer dazu unterwegs. Kein Mensch oder Hund war in der Nähe.

    Da es in diesem Stadpark garantiert weder Wildschweine noch Wölfe gab und gibt, war meine Schlußfolgerung, daß es der Geruch eines Hundes war, der ihn so gehemmt hat. Er war oft Mobbingopfer.

    Alles, was den Hund ängstigt, kann der Auslöser sein, auch ein anderer Hund.