Das war früher, vor dem Zeitalter des Autoverkehrs gar nicht so selten, daß auch mal der Hund alleine zum Brötchenholen oder Ähnlichem geschickt wurde. Ist ja auch eine schöne Aufgabe und Beschäftigung.
Schon Heinrich Heine hat eine Ballade über den einkaufenden Pudel Brutus geschrieben:
Der tugendhafte Hund
Ein Pudel, der mit gutem Fug
Den schönen Namen Brutus trug,
War vielberühmt im ganzen Land
Ob seiner Tugend und seinem Verstand.
Er war ein Muster der Sittlichkeit,
Der Langmut und Bescheidenheit.
Man hörte ihn loben, man hörte ihn preisen
Als einen vierfüßigen Nathan den Weisen.
Er war ein wahres Hundejuwel!
So ehrlich und treu! eine schöne Seel'!
Auch schenkte sein Herr in allen Stücken
Ihm volles Vertrauen, er konnte ihn schicken
Sogar zum Fleischer. Der edle Hund
Trug dann einen Hängekorb im Mund,
Worin der Metzger das schöngehackte
Rindfleisch, Schaffleisch, auch Schweinefleisch packte. -
Wie lieblich und lockend das Fett gerochen,
Der Brutus berührte keinen Knochen,
Und ruhig und sicher, mit stoischer Würde,
Trug er nach Hause die kostbare Bürde.
Doch unter den Hunden wird gefunden
Auch eine Menge von Lumpenhunden
- Wie unter uns, - gemeine Köter,
Tagdiebe, Neidharde, Schwerenöter,
Die ohne Sinn für sittliche Freuden
Im Sinnenrausch ihr Leben vergeuden!
Verschworen hatten sich solche Racker
Gegen den Brutus, der treu und wacker,
Mit seinem Korb im Maule, nicht
Gewichen von dem Pfad der Pflicht. -
Und eines Tages, als er kam
Vom Fleischer und seinen Rückweg nahm
Nach Hause, da ward er plötzlich von allen
Verschwornen Bestien überfallen;
Da ward ihm der Korb mit dem Fleisch entrissen,
Da fielen zu Boden die leckersten Bissen,
Und fraßbegierig über die Beute
Warf sich die ganze hungrige Meute. -
Brutus sah anfangs dem Schauspiel zu,
Mit philosophischer Seelenruh';
Doch als er sah, dass solchermaßen
Sämtliche Hunde schmausten und fraßen,
Da nahm auch er an der Mahlzeit teil
Und speiste selbst eine Schöpsenkeul'.
Moral
Auch du, mein Brutus, auch du, du frisst?
So ruft wehmütig der Moralist.
Ja, böses Beispiel kann verführen;
Und, ach! gleich allen Säugetieren,
Nicht ganz und gar vollkommen ist
Der tugendhafte Hund - er frisst!
Ich finde das hervorragend beobachtet. Von Jagdhunden wird ganz selbstvertständlich erwartet, daß sie fressbare Beute aufnehmen und unbeschädigt bringen. Ebenso konnte Cara zum Würstchenapport geschickt werden, nie hat sie das Würstchen gefressen. Im Arbeitsmodus funktioniert das super. In der Ballade wird der Pudel aber unversehens aus dem Arbeitsmodus gerissen und daraufhin folgt er dem Beispiel der fressenden Meute. Moralisch muß man das natürlich nicht sehen. 