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Deine Erläuterungen sind sehr interessant und es würde mich freuen, wenn wir die jeweiligen Passagen aus der uns bekannten Literatur mal gegenüberstellen. Manche Punkte sehe ich genauso, waren aber auch nie strittig, denn, wie Du schon sagtest, zeigt sich Dominanz meist vor dem "Aufreiten" in 'zig anderen Gesten.
Wenn diese anderen Signale fehlen ist es für mich kein dominantes sondern ein sehr unhöfliches Gehabe.Sollte es wirklich so sein, das ein heranwachsender Hund jeden ihm entgegen kommenden Hund dominieren möchte? Ein gelegentlicher Aufreitversuch beim gemeinsamen Spiel gehört zum Lernprozess. Da wird kurz und knapp dann in die Schranken gewiesen. Aber nicht das permanente belästigen anderer Hunde die über den Weg laufen (so interpretiere ich jetzt das Geschriebene von Captain). Wie gesagt, für mich ich das ein mehr als unerwünschtes Verhalten das sofort unterbunden werden muss.
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Du sprachst die essentielle Sozialisierung schon an. Hätten wir nur gut sozialisierte Hunde in unserem Umfeld, so bräuchte es kein Hundeforum. Dazu kommt eine ganze Reihe von Hunden, die aufgrund ihrer gentischen Konstellation wesensschwach sind. Und auf all diese treffen Deine Aussagen leider nicht zu, ziemlich egal, wie "normales" Hundeverhalten abzulaufen hätte.
Würde das dann bedeuten, das jeder nicht sozialisierte Hund dominantes Gehabe an den Tag legt, jeder nicht sozialisierte Hund dominieren möchte? Eher wohl nicht. Ein nicht sozialisierter Hund hat nicht lernen dürfen sich hundgerecht zu entwickeln. Da ist der Besitzer gefragt (erst recht wenn es genetische Wesenschwäche ist) dem Hund durch den Alltag zu helfen. Nicht in dem er den Hund mal machen lässt, sondern ihm klare Grenzen setzt. Und es wäre doch ganz fatal würde man mit der Aussage „ist halt dominantes Gehabe und normal“ diesen Hund im Regen stehen zu lassen. Denn da sind Konflikte doch vorprogrammiert.
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Und ein Hund, der z.B. in Berlin aufwächst, mit 10-50 verschiedenen Hundekontakten täglich, wo fängt da ein Gruppenverhalten an, wo hört es auf?!
Ich meine nicht von Gruppenverhalten sondern von Gemeinschaften die zusammenleben oder sich wenigstens in der Zusammensetzung so regelmäßig treffen, dass eine Ordnung (nennt es von mir aus Rangordnung) entstehen kann. Raufen hat für mich nicht wirklich was mit Rangordnung klären zu tun. Ein kurzes Anzicken interpretiere ich nicht als Raufen.
Hunde die sich draußen begegnen werden leider pauschal in diese Rangordnungs-/ Dominanzschiene gepackt und nicht daran gedacht, dass hier der Mensch gefragt ist Situationen zu regeln. Es ist oft deutlich zu erkennen, welche Besitzer ihren Hund „anleiten“ oder nicht. Kann sich ein Hund auf seinen Besitzer verlassen, verlaufen Begegnungen friedlich. Entweder ein bisschen Angeberei (mit evtl. kurzen Anzicken) oder kurzer Kontakt oder Spiel. Das wars. Hunde die sich komplett „entfalten“ dürfen ecken da eher an. Sie bestürmen andere Hunde, belästigen (z.B. durch Aufreiten) andere Hunde oder meinen gleich den Macker zu machen. Das ist für mich kein dominantes Gehabe. Sie haben nur nichts gelernt. Und da sind Konflikte vorprogrammiert. Da kracht es dann doch mal, weil es die wenigsten Hunde lieben angemacht zu werden.
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Zu guter Letzt: "Das müssen sie untereinander klären" bin ich ein ernsthafter Anhänger von, wenn beide Hunde auf Beschwichtigungssignale reagieren und damit zumindest eine gewisse Sozialisation genossen haben. Greifst Du da als Mensch ein und nimmst den Hunden damit eine Lernerfahrung, oder wie soll ich das verstehen?
Lernen hat nichts damit zu tun: lass sie mal machen. Treffen Hunde aufeinander (Z.B. in der Welpenstunde) können die doch unmöglich wirkliches hundliches Verhalten lernen wenn kein erfahrener erwachsener Hund bzw. der Besitzer sie dabei unterstützt. Gerade Welpen brauchen Anleitung um sich entwickeln zu können. Oder was soll z.B. der Junghund von Captain lernen wenn er mal an den falschen Hund gerät und dieser ihn zusammen prügelt? Welche Verknüpfung letztendlich entsteht kann keiner Voraussehen. Und Fehlverknüpfungen können zu argen Problemen führen. Also warum die Hunde machen lassen?
Kenn ich den anderen Hund als souverän, kann ich meinen Jungspund ins Messer laufen lassen, da dies dann max. in einer Zurechtweisung ausartet. Aber den Jungspund einem mir nicht bekannten fremden Hund ausliefern?
Barry hat Schwierigkeiten gehabt andere Hunde lesen zu können. Und hat sich gerade Hunde vorgenommen, die Stärke demonstriert haben aber dies nur reine Angabe war. Wie hätte Barry etwas lernen sollen, wenn ich ihn einfach machen lasse? Er hat gelernt, dass es Kontakt mit anderen Hunden nur gibt, wenn er sich benimmt (und ihm damit die Möglichkeit gegeben die Sprache der anderen Hund noch besser kennen zu lernen). Ich dulde keine Rauferei. Wird gepöbelt, ob Barry oder der andere Hund anfängt ist wurscht, ist der Kontakt beendet. Dadurch versteht sich Barry heute mit anderen Hunden, die er vor einem Jahr noch verprügelt hätte und ignoriert Hunde mit denen es Stress geben könnte. Aufdringliche Hunde darf er verwarnen, verscheuchen tue ich sie.
Etwas anders würde es aussehen, wenn ich einen Hund in unsere Gemeinschaft aufnehme. Die müssen sich auseinandersetzen. Dies bedeutet aber nicht das sie es auskämpfen dürfen. Wo der Punkt liegt in dem man einschreitet kann pauschal nicht gesagt werden. Da muss man das richtige Gefühl entwickeln. Die Weiber meiner Freundin klären ab und an mal lautstark etwas miteinander. Für Unbeteiligte sieht das oft heftig aus. Aber ab und an kommt dann halt auch ein kurzes knappes „ey“ von uns und gut ist.