"Schuld" haben die Vorbesitzer trotz allerbester Absichten insofern, als dass sie den Hund in ein Umfeld gezwungen haben, für das er nicht gemacht ist, und dann versucht haben, an seinem Verhalten herumzudoktern.
Flying-paws hat hier mal einen sehr klugen Satz geschrieben, mit dem ich immer wieder gerne um mich schmeiße:
"Die Genetik kann man nicht betrügen."
Will sagen: Das, was der Hund an genetischem Rüstzeug mitbekommen hat, sucht sich irgendwie einen Weg.
Altdeutsche sind im Normalfall enorm leistungsbereite, mental starke, eigenständige und kompromisslos durchsetzungsfähige Hunde mit einer gehörigen Portion Wach- und Schutztrieb, die darauf selektiert wurden, Hunderte von Schafen - und im Falle von Füchsen auch Kühen - im freien Gelände beim Weiden und Ziehen unter Kontrolle zu halten, und wenn keine Schafe da sind, die versuchen, außerhalb des ihnen zugewiesenen Bereichs zu fressen, denkt sich der Hund halt andere Regelübertretungen aus und maßregelt z. B. den Mann... nur mal so als ein Beispiel von vielen...
Setzt man so einen Hund in ein Lebensumfeld, in dem nichts von dem, was er an Arbeitsverhalten mitbringt, erwünscht ist, muss man dieses Verhalten schon sehr genau kennen und es durch Anbieten von sinnvollen Alternativen kanalisieren können; über Erziehung alleine bekommt man es nicht in den Griff.
Es reicht nicht, um es plump auszudrücken, einen Hund zu "retten", ihn ganz doll lieb zu haben und nur positiv mit Hilfe "kompetenter" Trainer zu erziehen, irgendwo müssen auch passende Lebensumstände da sein - und das war hier halt nicht der Fall.... und nimmt man dazu noch eine evtl. suboptimale Prägung in den ersten Lebenswochen, hat man alle Zutaten für eine Katastrophe.
Und vermittelbar ist der Hund wahrscheinlich deswegen nicht mehr, weil er zu lange Gelegenheit hatte, unerwünschte (und wahrscheinlich z. T. auch gefährliche) Verhaltensweisen zu entwickeln. Für seinen eigentlichen Verwendungszweck dürfte er auch nicht mehr geeignet sein, weil er sozusagen in die falsche Richtung gewachsen ist, d. h. er hat gelernt, sein Mütchen an Menschen und nicht an Tieren zu kühlen.
Ich möchte diesen Beitrag bitte nicht als Vorwurf verstanden wissen, denn ich finde es sehr wichtig, auch solche Threads zu lesen (und es gehört Mut dazu, über sein Scheitern zu schreiben!), weil sie das Trugbild von der allumfassenden Prägung durch die Haltung wieder gerade rücken.
Caterina