Mein Eindruck ist, dass viele Hundeinteressenten, die bisher noch keinen eigenen Hund hatten, meist von einem fertigen Konstrukt ausgehen, d. h. einem Hund, der sich passgenau in den - vor allem zeitlichen - Rahmen einfügt, den sie für das Tier zur Verfügung hätten.
Und dass sie mangels eigener Erfahrung gar keine Vorstellung davon haben, dass man da erst mal hingelangen muss und dass der Weg durchaus steinig und holprig sein kann.
Wenn der Welpe z. B. nach den x Wochen Urlaub am Stück immer noch nicht zuverlässig stubenrein ist, nicht lange genug alleine bleiben kann und die Verwandtschaft aus irgendeinem Grund nun doch nicht zur Verfügung steht. Ich bin da ganz bei Tröti mit den Worst-Case-Szenarien.
Und dass man evtl. sein Ziel gar nicht erreicht.
Z. B. wenn der Border Collie am Reitstall den Pferden in die Hacken will (da reicht ein einziger blöder Zufall) und dort nicht mehr erwünscht ist.
Dann ist die Frage, reicht die Zeit trotzdem für beides, für Pferd und Hund.
Bei Vollzeitberufstätigen ist die Zeit in meinen Augen generell ein entscheidender Faktor, denn der Tag hat nur 24 Stunden bzw. die Woche 168, d. h. man sollte realistisch einschätzen können, ob einem überhaupt genügend Zeit für ein entspanntes Zusammenleben mit Hund zur Verfügung steht: Arbeits- und Wegezeit plus Zeit, die man für sich selber braucht (Schlafen, Essen, Einkaufen, Haushalt, etc., halt alles, was gemacht werden muss).
Und ob man dann auch noch genügend Zeit hat, sich im Falle von Problemen einen Hundetrainer zu bestellen, der ja auch erst mal dann Zeit haben muss, wenn es einem selber gerade passt.
Und im Winter muss man je nach Arbeitszeit evtl. zweimal im Dunkeln raus.
Ich finde es, ehrlich gesagt, bei Anschaffungsüberlegungen nicht gerade zielführend, über Hundesport zu diskutieren, den man als Anfänger ja doch nicht aus eigener Erfahrung kennt - und damit meine ich nicht nur die Ausübung, sondern vor allem den Weg dahin, d. h. einen Verein oder Trainer, die Hund und Halter sauber aufbauen, weil für mich die paar Stunden, die man diesem Sport pro Monat widmet, in einem krassen Missverhältnis zum Rest der Zeit stehen, die der Hund einfach nur ins eigene Leben passen muss. Und wenn man dann so Unwägbarkeiten wie Corona, strenge Winter, Krankheit von Mensch und/oder Hund, etc. abrechnet, bleibt noch weniger übrig.
Zum Schluss noch eine Geschichte zur sog. Show-Border-Anschaffung von einem meiner früheren Wohnorte:
Ein kinderloses Ehepaar, beide Vollzeit berufstätig, hatte zwei Chihuahuas, die während der ca. zehnstündigen Abwesenheit bei den zwei Häuser weiter wohnenden Eltern der Frau blieben, mit Zugang zum großen Garten und Spaziergängen an der Flexileine, wenn den rüstigen älteren Herrschaften danach war.
Nach dem Tod der beiden Hunde sollte "ein richtiger Hund" her, für Hundesport und so.
Der Border Collie vertrieb sich die Zeit damit, bei den Eltern stundenlang an einer Seite des Gartenzauns, die an einen Bach grenzte, die Enten zu fixieren und anzuhüten, d. h. er schlich über Stunden am Zaun entlang hoch und wieder runter, nur unterbrochen vom Ausrasten, wenn andere Hunde vorbeikamen.
Eine willkommene Abwechslung war auch das Beschleichen und gelegentliche Abschnappen von Besuchern bei den Eltern.
Unnötig zu sagen, dass die beiden älteren Leutchen dem Hund weder körperlich noch mental gewachsen waren.
Und dass die Besitzer genau in der Zeit, wo der Hund aktiv war, nämlich tagsüber, nicht da waren. Das konnte auch der im eigenen Garten aufgebaute Agility-Parcours nicht kompensieren, denn das normale Agility-Training auf dem Platz gestaltete sich wegen der im elterlichen Garten entwickelten massiven Artgenossenaggression schwierig.
Gelegentlich sah man die Frau am Wochenende mit Hund an der Schleppleine und Anweisungen brabbelndendem Trainer durchs Feld stapfen, aber wirkliche Besserung brachte das nicht.
Weil die Lebensumstände für den Hund ja dieselben blieben.
Sie schafften sich dann zur Krönung noch eine Hündin aus einer anderen, angeblich "wesensfesterern" Zucht an (denn dass der Rüde so wurde, lag an der Linie
, klar), und das Ende vom Lied war, dass beide hysterisch kläffenden Hunde nur noch mit dem Auto vom eigenen Grundstück mitten in die Pampa zum Gassigehen chauffiert wurden und bei den Eltern den Tag über im hinteren, kleineren Teil des Gartens verbrachten.
Ich mied dieses Duo bzw. später dann Trio des Grauens, wo ich nur konnte.
Caterina