Also, da die meisten Hunde unter Menschen leben, finde ich einen gewissen Grad von Vermenschlichung des Hundes absolut ok. Ich meine damit nicht, dass man Hunde in Gucci-Klamotten stecken und in derselben Handtasche transportieren sollte oder so einen Käse.
Aber ich spreche mit den Hunden oft wie mit einem Menschen bzw. wie mit den Kindern. Und sie verstehen wirklich alles. Ihr Alltagsvokabular an menschlichen Begriffen ist groß ... und das kann ja auch eine Form von Beschäftigung sein, der Hund lernt etwas und strengt sein Köpfchen an.
Gleichzeitig kommt es völlig automatisch auch zu einer Form der "Verhundlichung" bei uns Menschen. Denn auch wir bemühen uns, die Alltagssprache der Hunde zu verstehen und wir kommunizieren mit unseren oder auch mit fremden Hunden auf deren Weise, z.B. indem wir einen fremden Hund nicht direkt anstarren oder auf ihn zu laufen usw.
Ich beschwichtige auch schon mal im Umgang mit Hunden, indem ich weg schaue oder mir über die Lippen lecke.
Meine Hunde verstehen mich, und spüren, dass ich sie verstehe. Und zumindest meine sensible Neurotikerin Coco scheint dies absolut zu beruhigen. "Frauchen kann alles und hilft immer", da kann Coco sich sicher sein. Unsere Bindung ist tief ... Es war damals quasi auf beiden Seiten "Liebe auf den ersten Blick", wir verstehen uns blind.
Ganz ohne Kneifen, Raufen, in die Seite boxen oder was auch immer.
Coco ist eine Engl. Bulldogge, welchen in der Regel Sturheit nachgesagt wird und daher sollen sie weniger gut erziehbar sein. Coco hat aber einen ausgesprochenen "Will-to-please". Sie macht quasi alles für mich, um mir einen Gefallen zu tun. Und umgekehrt mach ich alles für sie.
Wenn sie abends sehr müde ist, schafft sie es nicht mehr allein aufs Sofa ... zumindest stellt sie sich ein bisschen an, schaut hilflos zu mir herüber. Dann geh ich hin und mach ihr eine Räuberleiter, damit sie rauf kommt.
Also ich liebe diesen Hund mit Hingabe ... und Coco gibt mir diese Liebe auf dieselbe Art und Weise zurück, und der typische Bully-Sturkopf ist nur latent vorhanden, sie ist derjenige meiner Hunde, der sich bislang am leichtesten erziehen ließ, der am besten hört. Und ich bin mir sicher: Der Grund ist Bindung, Verständnis, Verlässlichkeit und Liebe.
Dazu brauchten wir tatsächlich kaum Leckerchen oder Training. Coco schaut auf mich, orientiert sich an mir ... Aufgrund der Bindung.
Hätte ich diese sensible Hundeseele nicht von Anfang an gesehen und verstanden, hätte ich sie grob angefasst, ein Kneifen hätte da sicherlich gereicht ... Dann hätte ich sicher viel kaputt gemacht in diesem Hund, und es wäre nie diese wunderbare Hund-Mensch-Freundschaft entstanden, die mich mit Coco verbindet.
Coco vergisst nie. Es reicht, dass sie einmal eine negative Erfahrung macht mit etwas oder jemandem, und sie wird diese Sache / Person zukünftig meiden oder versuchen anzugreifen.
Coco ist außerdem recht unsicher, neigt dann auch zu Aggressionen. In den falschen (groben!) Händen wäre dieser Hund garantiert zum Beißer geworden.
Sie braucht Ruhe, Ausgeglichenheit, Sanftheit, klare Strukturen und einen respektvollen Umgang miteinander. Dann kommt ihre wunderschöne, gutmütige und liebevolle Seite zum Vorschein.
Hebe ich nur einmal ein kleines bisschen die Stimme an und werde lauter, duckt sich mein Sensibelchen, als würde sie täglich geschlagen werden. Ich möchte mir nicht ausmalen, was aus meiner Dicken geworden wäre, wenn sie bei Menschen gelandet wäre, die ihr Wesen nicht verstanden und sie mit falsch verstandener Härte erzogen hätten.
Aber klar, es kann sein, dass ein anderer Hund etwas ganz anderes braucht. Mein Mops ist nicht halb so sensibel wie die Bulldogge, und die Kleine reagiert eher auf Leckerchen. Unsere Bindung ist aber auch nicht ganz so eng ... Beim Mops denke ich manchmal, dass sie mit jedem mitgehen würde, der sie gut füttert und auf dem Schoß sitzen lässt.
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass ein Hund, der nicht so sensibel ist, auch mal klarere Ansagen braucht. Wichtig finde ich aber, sämtliche Theorien der Hundeerziehung erst einmal zu vergessen, und ganz individuell zu erspüren, was der jeweilige Hund braucht, und dann danach zu handeln.