Beiträge von Cherubina

    Zur Zeit begleitet mich auf meine Spaziergänge wieder Toby. Er war als Pflegehund auf der Pflegestelle und wurde dann vermittelt. Nun ist die neue Besitzerin in Kur und Toby macht hier Urlaub. Der Zwerg - kaum 3 kg, vielleicht Yorkie, Zwergspitz Mix - hört gut, darf frei laufen und fetzt gerne mit den anderen über die Wiesen.
    Allerdings hat er sich bei seinem neuen Frauchen angewöhnt, dass fremde Menschen, denen man draußen begegnet furchtbar angekläfft werden.
    Ein paar Mal ist es mir schon passiert, dass er kläffend zu Spaziergängern lief und ich bin nur froh, dass er so klein ist und ihn keiner ernst nimmt.

    Ich bin natürlich nun viel vorsichtiger und bei jeder Menschensichtung kommt Toby sofort und als erster an die Leine.


    Neulich war ich unterwegs und sah auf der in einiger Entfernung einen Hund bei der Dummy-Arbeit. Die Besitzerin war hinter einer Hecke noch verborgen. Ich habe also als erstes Toby angeleint und alle Hunde zu mir gerufen (die hatten auch schon bemerkt, dass dort ein Hund ist). Alle Hunde standen bei mir und ich wollte gerade alle Karabiner einhaken, da rief die Frau deutlich vernehmbar: "Die dürfen ruhig laufen!"
    Meine Bande ist ja grundsätzlich verträglich und so habe ich zunächst Kito, Smilla und Winnie erlaubt loszulaufen. Nachdem mit denen alles friedlich war habe ich - in einem Anfall geistiger Umnachtung - auch Toby wieder losgemacht. Zu meiner Entschuldigung: Toby kommt mit Hunden gut klar und kläfft auch nicht und wenn ich Bekannte draußen treffe sind die Hunde auch viel spannender als die Menschen...

    Toby flitzt los, ignoriert den Hund und springt kläffend rund um die Frau. Ich wusste, dass mein Rufen nichts bringen würde und bin mit den zwei letzten angeleinten Hunden auf sie zu.

    Frau: "Da hat aber einer eine wirklich große Klappe."
    Ich: "Stimmt leider, tut mir leid! Einmal kräftig Aufstampfen hilft."
    Frau: :???:

    Da erst wurde mir klar, dass man das auch anders verstehen könnte... Ich meinte natürlich nicht auf den Hund stampfen! :hust:

    Kito ist auch nicht dazu zu bewegen zu apportieren oder ein Zergel ins Maul zu nehmen. Aber er spielt mit mir und zwar gerne und wild.

    Das kann mit Körperkontakt sein meist aber ohne. Ich annimiere ihn durch plötzliche ungewöhnliche und übertriebene Bewegungen, schnelles in seine Richtung und wieder weg blicken, einen Schritt auf ihn zu machen und ganz plötzlich wieder abdrehen, Arme ausbreiten und in ANsätzen hinter ihm herrennen. Viele Blicke schräg von der Seite und ab und an auch ein kleiner spielerischer Knuff.
    Hier hab ich das Resultat mal auf ein kleines Video gebannt. Wenn er in der richtigen Stimmung ist, braucht es von mir nur ganz kleine Signale (kurzes Kamerawackeln...).

    http://www.youtube.com/watch?v=-tXh6WX1gb0


    Ich finde die HundeTeamSchule sagt viele spannende Sachen zu dem Thema.
    Guckst du zum Beispiel hier:
    http://www.youtube.com/watch?v=vAvhloiBd-Q

    In jedem Fall würde ich deinem Hund noch eine ganze Weile Zeit geben sich einzuleben und sicherer zu fühlen. Wenn ein Hund unsicher ist oder gar Angst hat, wird er nicht spielen und wenn er dich nicht einschätzen kann auch nicht. Wachst erstmal richtig zusammen.

    Ich kenne 4 Beauceron näher - drei davon bei einer Halterin.

    Alle diese Hunde habe ich als ausgeglichene Gemütstiere kennengelernt. Einen jungen Rüden treffen wir öfter auf dem Spaziergang. Er ist friedlich und sehr gut verträglich und kommt mit seinen 1,5 Jahren prima mit einfachem Spazierengehen und Mitlaufen in der Familie aus. Die Besitzerin sagt, sie habe ihren absoluten Traumhund und hat sich vor kurzem noch einen Kelpie dazu geholt - scheinbar war sie mit einem Hund unterfordert ;) .

    Die anderen drei treffe ich beim Agility. Der Rüde ist glaub ich 6 oder 7 Jahre alt und ich habe noch nie einen so langsamen Agility-Hund gesehen. Er kann alles und führt es astrein aus, aber in Zeitlupe. Angeblich war er schon immer so und das ist eben seine Art. Er liegt beim Training meist unangeleint am Rand, lässt sich vom Trubel nicht aus der Ruhe bringen.
    Die beiden Hündinnen sind 7 Monate und ca. 4 Jahre alt und haben etwas mehr Power im Hintern. Beide sind aber sehr lernbegierig und leichtführig.

    Ich bin nun kein Rassekenner und ein Welpe vom Bauernhof, der nichts kennt ist erstmal eine Aufgabe, aber ich könnte mir eine schlechtere Wahl vorstellen.

    Du kannst dich ja bei den Nachbarn mal freundlich erkundigen wie es läuft und deine Hilfe anbieten, aber ehrlich gesagt ist das wirklich nicht deine Aufgabe... Was für ein Desaster erwartest du denn?

    Ich laufe ja mit mehreren Hunden und muss schon sagen, dass die Ansprüche an meine Aufmerksamkeit im Freilauf schon sehr unterschiedlich sind.

    Kito:
    Obwohl bei Menschen sehr ängstlich brauche ich mich bei ihm im Freilauf kaum zu kümmern. Er jagt 0,0 und hat immer ein halbes Auge bei mir. Selbst wenn er richtig spielt und über die Wiesen fetzt merkt er als erstes, wenn sich der ganze Trupp weit entfernt hat und kommt von sich aus zurück, sagt kurz Hallo und spielt dann weiter. Nur wenn wir auf Menschen treffen muss ich aufpassen, dass er diesen nicht von hinten schnüffelnd nachläuft. Von vorne würde er sich das nicht trauen, aber von hinten kontrolliert er gerne und das mag ja nicht jeder...

    Winnie:
    Ich nenne sie oft den "Vergesse-Hund", weil sie auf dem Spaziergang immer irgendwo hinter mir vor sich hin schnüffelt und trödelt. Wenn ich irgendwo ankomme, wo die hunde an die Leine kommen, ist sie aber immer zur Stelle. Ich vergesse sie natürlich nicht völlig, man hört meist ihr Klippern der Hundemarke und wenn das nicht so ist, schaue ich mich schon mal um.
    Sie hat jagdliches Interesse, kommt aber mit ihren kurzen Beinen und in ihrem gesetzten Alter nicht schnell hinterher und läuft darum nie weiter als 100 Meter hinter einer möglichen Beute her und auch das passiert äußerst selten.
    Manchmal läuft sie kläffend auf fremde Hunde zu. Da muss ich also dann schon aufpassen und sie rechtzeitig ranrufen.

    Smilla:
    Bei ihr muss ich schon aufpassen. Sie ist viel auf den Wiesen unterwegs und sucht nach Mäusen, wobei sie schon einen sehr großen Radius hat. Sie wird immer mal rangerufen, weil mir die Entfernung zu groß wird. Sie stöbert auch schonmal im Wald, was sie natürlich nicht darf und ich muss sie darum öfter mal zurück auf den Weg zitieren. Hat sie etwas jagdbares entdeckt muss ich schnell reagieren, dann ist sie auch abrufbar - allerdings ist sie mir zugegebenermaßen schon das ein oder andere Mal entwischt. In letzter Zeit aber fast gar nicht mehr (das letzte Mal war ich in ein Gespräch vertieft :ops: ). Als kleine Beruhigung: Sie wiegt gerade mal 6 kg und war immer nach 1-2 Minuten wieder da. Rehe hetzen ist natürlich auch nicht der Hit und birgt für Wild und Hund Gefahren, aber zumindest hat sie nicht wirklich eine Chance gegen die großen Tiere.
    Sie läuft zu 95 % frei und wenn ich sie im Auge behalte ist sie auch sehr zuverlässig, aber nur vor sich hin schlendern ist nicht anzuraten.

    India:
    Ja sie jagt, wenn sie die Gelegenheit bekommt. Sie steht eigentlich sehr gut im Gehorsam, aber wenn wirklich irgendwo ein Reh steht, hilft das nur noch, wenn sie in unmittelbarer Nähe oder das Reh sehr weit weg ist. Sie darf frei laufen, wenn wir über Wiesen und Felder gehen, kommt aber am Waldrand oder in wildreichem Gebiet an die Leine. Auch sie ist mir schon einmal entwischt - aus Fehlern lernt man - und war nach wenigen Minuten wieder da. Ihr Jagdtrieb ist allerdings deutlicher ausgeprägt als der von Smilla, sie hat mit ihren 20 kg ganz andere Vorraussetzungen und (nicht unwichtig) sie ist nicht mein Hund. Bei ihr bin ich also wirklich vorsichtig geworden.

    Tessa:
    Gehorsamkeit mangelhaft, jagdlich hoch ambitioniert - Galgo eben. Sie bleibt an der Leine. Für Freilauf und richtig Rennen suchen wir regelmäßig umzäunte Grundstücke auf, alles andere ist mir zu gefährlich.
    Es gab eine Zeit, da durfte sie auf zwei großen Wiesen am Ortsrand frei laufen und sich mit den anderen austoben. Wir hatten das Ritual, dass ich sie losgemacht habe, sie ist einige Runden mit den anderen gesprintet und wenn die Zunge lang und der Hund kaputt war, wurde sie rangerufen, durfte noch ein paar Leckerlis suchen und kam wieder an die Leine. Das ging 3/4 Jahr gut und dann liefen am Horizont zwei Rehe. Alle Hunde blieben da, aber Tessa war 45 Minuten weg.
    Diese Situation brauche ich wirklich kein zweites Mal!

    Leute, die den Hund nach einer Nacht wegen Unruhe und Fiepen zurück bringen, werden es schwer haben den passenden Hund zu finden. Jeder Hund braucht eine gewisse Zeit um sich an das neue Umfeld und die Menschen dort zu gewöhnen und viele reagieren auf die plötzlich veränderte Umgebung gestresst und unruhig - für den Menschen natürlich nervig, aber da muss man durch.

    So wie bei diesen Leuten wird der Hund also auch bei anderen Adoptanten reagieren und da kannst du mit Training bei dir zu Hause nur begrenzt etwas erreichen. Selbst wenn der Hund bei dir nicht mehr auf jedes Geräusch reagiert, wird er es vermutlich im neuen Haushalt wieder tun.
    Wichtig ist es also vor allem die neuen Besitzer vorzubereiten und ihnen Tipps an die Hand zu geben. Oft hilft ein gemeinsamer Spaziergang mit Hund bevor er mit ins Haus genommen wird. Dort sollte der Bewegungsspielraum zunächst nicht zu groß sein und natürlich sollte alles vermieden werden, was noch mehr Unruhe in die Situation bringt. Auf Umherrennen, Fiepen, Bellen, Hecheln, etc. sollte man gefasst sein und die Flinte nicht gleich ins Korn werfen.

    Abgesehen davon gehe ich auch mit jedem neuen Pflegehund, mit dem ich Gassi gehe um, als wäre es meiner. Ich achte also auf die Leinenführigkeit und trainiere den Rückruf etc.

    Klar mache ich mir so meine Gedanken darüber, was die Hunde wohl vorher erlebt haben. Bei manchen merkt man ganz deutlich, dass sie es mal gut hatten.
    Das Pudelchen meines Vaters kam mit etwa 7 Jahren in eine Perrera. Sie war von Anfang an stubenrein, menschen zugewand und ist wie selbstverständlich auf den Schoß gesprungen um sich dort zusammenzurollen und tief zu schlafen.

    Smilla wurde mit etwa 1/2 Jahr zusammen mit ihrer Schwester in der Perrera abgegeben. Auch sie hatte wohl keine traumatisierende Zeit. Sie ist äußerst entspannt, kommt auch mit viel Trubel zurecht und kommt mit Menschen prima aus.
    Sie ist mir schon zweimal in eine "Kneipe" gelaufen, an der wir nur vorbeigegangen sind (ein Jugendtreff und ein gut gefülltes Ausflugslokal). Sie hat diese Orte so zielstrebig angesteuert und hat dort nach Krümeln gesucht, bzw. sich an den Tresen gesetzt, dass ich mir vorstellen könnte, dass sie in/an einer Kneipe aufgewachsen ist.

    Kito wurde mit 1/2 Jahr auf der Straße eingefangen. Er war unterernährt, von Zecken übersäht und hatte einen eingewachsenen Strick um den Hals. Als echter "Angsthund" hat es 2 Jahre gedauert, bis er sich hat anfassen lassen ohne am ganzen Leib zu zittern und unter sich zu machen. Inzwischen ist er weitgehend entspannt, hat keine Probleme mit lauten Geräuschen oder dem Straßenverkehr, ihn machen aber nach wie vor enge Orte (Räume) unsicher und die direkte Anwesenheit von fremden Menschen.
    Bei ihm sagt jeder sofort er müsse schreckliches erlebt haben... Meine Theorie zu seiner Vorgeschichte:
    Er wurde als Welpe irgendwo angebunden und hat den Strick durchgebissen. Danach hat er sich ohne direkten Menschenkontakt auf der Straße durchgeschlagen. Ich denke sein Hauptproblem ist die fehlende Sozialisierung und nicht irgendeine Misshandlung. Aber was wirklich war wird niemand je erfahren.