Der Aussie gehört mit zu den Rassen, auf die ich getippt hätte, beim Lesen deines Textes :^^: .
Ein Aussie ist ja eher Allround-Farmhund, als Hütehund, und war unter anderem ursprünglich auch fürs Wachen zuständig. Vor allem ist er auch ein Hund, der durchaus auch selbständig arbeiten und Entscheidungen treffen soll. Was ihn ebenfalls auszeichnet, ist seine große Bereitschaft, Aufgaben zu übernehmen und eine sehr niedrige Reizschwelle. Ein Aussie hat sehr feine Antennen, beobachtet seine Umwelt sehr genau. Hat er den Eindruck, es kümmert sich sonst niemand kompetent um Dinge, die er für wichtig hält, übernimmt er diese Aufgabe mit Freuden. Man sollte als Aussie-Besitzer sehr souverän und ruhig und selbstbewusst agieren.
In deinem Text sind mir verschiedene Sachen aufgefallen: Wie ich schrieb, ein Aussie beobachtet genau und meldet Ungewöhnliches gerne. Und dann schaut er sehr genau, wie das "zu Meldende" reagiert und wie sein "zu Beschützendes" reagiert. Hat er die Autos von Anfang an verbellt? Hat er Spaziergänger von Anfang als erster in Augenschein genommen/angesprungen? Ich möchte keinesfalls darauf hinaus, dass dein Hund die Rudelherrschaft übernehmen will oder ähnliches. Ich denke, er hat einfach nur gemerkt, dieser Aufgabenbereich ist noch frei, also hat er ihn im Dienst des Rudels übenommen... Und jetzt ist er älter, sein Wachtrieb prägt sich aus, also meldet er ernsthafter. Er wird keinerlei Verständnis dafür haben oder Sinn darin sehen, wenn du jetzt versuchst, ihn davon abzuhalten...
Wie sieht es denn in belebterer Umgebung aus, in einem belebten Park oder in einer Fußgängerzone? Zieht er aufgeregt hin und her, weiß nicht, worauf er zuerst achten soll? Hält er Rücksprache mit dir, sucht er Blickkontakt mit dir?
Wie sieht es im Büro aus? Durfte er immer fröhlich begrüßen, wer immer das Büro betrat? Oder Zuhause: war er immer mit als erstes an der Tür, wenn es geklingelt hat?
Wie beschäftigt ihr euch auf Spaziergängen? Gibt es irgendein Kommando, auf das er relativ zuverlässig hört? Habt ihr es mal mit einer Schleppleine versucht?
Vielleicht gehen meine Überlegungen ja auch in die völlig falsche Richtung?!
Was mir jedenfalls an Tipps einfällt:
versucht es mal mit Abschalt-Übungen. Geht in einen Park, sucht euch eine etwas abseits liegende Bank und macht nichts. So lange, bis der Hund völlig entspannt dort liegt und nicht mehr versucht, permanent die Umgebung im Auge zu behalten, falls etwas auftaucht.
dann solltet ihr versuchen zu vermitteln, dass es nicht seine Aufgabe ist, für die Sicherheit zu sorgen. Z.B. sollte der Hund keinesfalls mehr mit zur Tür kommen dürfen, wenn es klingelt und auch im Büro eine möglichst ruhige Ecke haben, von der aus er möglichst wenig mitbekommt. Bei meinem Aussie ist mir, ungefähr in dem Alter von deinem jetzt, aufgefallen, dass er bei bestimmten Weggabelungen, wo wie häufiger mal auf Menschen treffen, vor gerannt ist und geschaut hat, was da kommt. Er hat nicht gebellt, aber ich wollte ihm trotzdem vermitteln, ich kümmer mich. Also habe ich ihn eine Zeit lang an jeder unübersichtlichen Stelle und vor jeder Weggabelung absitzen lassen, bin vor gegangen und habe dann vermeldet, dass alles in Ordnung ist und er nach kommen kann.
Wobei ich ihm das melden an sich nicht verbiete, ich denke, das wird auch eher schwierig. Was ich z.B. gemacht habe: wenn er nachts gemeldet hat (hat er in eben diesem Alter auch des öfteren mal), bin ich jedes mal aufgestanden, ohne ihn (!!!) in den Flur oder vor die Tür gegangen, dann wieder ins Schlafzimmer, habe ihm gesagt "Alles ok" und ihn dann nicht weiter beachtet. Hat sehr schnell gewirkt. Er meldet nur noch sehr ungewöhnliches und auch nur noch durch wuffen, zum aufmerksam machen, schaut dann, wie ich reagiere. Ähnlich draußen, wenn z.B. was totaaal Seltsames auf dem Weg rum stand. Ich habe ihn absitzen lassen, bin schauen gegangen, habe ihm mitgeteilt, das alles in Ordnung ist. Bei meiner Hündin, die aus purer Unsicherheit ab und an ängstlich reagiert hat, bin ich anders vorgegangen. Bei Grisu jedoch hat es so am besten gewirkt. Er scheint einfach das Gefühl zu brauchen, ok, da nimmt jemand was-auch-immer ernst und untersucht/bewertet es und kümmert sich kompetent darum.
Was ich auch enorm hilfreich finde, ist ein Kommando dafür, dass mein Hund hinter mir läuft. Bei meiner Hündin ist es recht schnurz, sie nimmt es als Kommando wie jedes andere. Aber bei Grisu habe ich den Eindruck, er registriert sehr stark, dass ich mich damit zwischen ihm und könnte-ein-Feind-sein befinde. Er beobachtet mich dann zwar sehr genau, aber wenn ich mich gut anstelle, zumindest nicht mehr "den Feind"
Das Kommando muss langsam aufgebaut werden und die Ablenkung langsam gesteigert werden. Trotzdem muss es gelten. Es gibt Ärger, wenn es übertreten wird.
Ich denke, einfacher ist ein sicheres Platz aufzubauen. Hier gilt ansonsten das gleiche. Man sollte Ablenkungen zum üben suchen, nicht gleich mit dem Extremfall beginnen. Erstmal nur, wenn z.B. Bekannte entgegen kommen oder irgendwas, wo der Hund zwar interessiert schauen möchte, aber nicht austickt. Wenn es sitzt, kann man den Hund abliegen lassen und z.B. Passanten nach dem Weg/nach der Uhrzeit fragen. Dein Hund, der Kontakt ist freundlich und alles ist ok.
Was ich auch wichtig finde, ist ruhige, konzentrierte Zusammenarbeit des Hundes mit dir. Da könnte ich jetzt auch halbe Romane schreiben, aber ich denke, der Text ist so schon lang genug... Longieren, Ralley-Obedience, Spiele, die das Körperbewusstsein fördern und heraus fordern, Nasen-Suchspiele Denkspiele, Zielobjektsuche... Was machst du denn bisher mit ihm?