Wattebauschwerfen immer und überall ist weder nötig noch hundgerecht.
Hunde untereinander - auch und gerade innerhalb einer festen Sozialgemeinschaft- werden sehr wohl körperlich und zwar durchaus auch mal heftig.
Das ist natürlich (bei normal sozialisierten Hunden) immer der Situation angepasst, immer unmittelbar und zwar oft heftig aber stets kurz.
Sowas versteht der Hund gerade in einer emotionalisierten Situation viel spontaner und besser als einen mühsam ankonditionierten Befehl. Egal, ob das von einem anderen Hnd oder dem Halter kommt.
Er leidet auch weder darunter, noch trägt er es seinem Halter nach.
Mein Hund zB hat einen starken Drang alles fressbare von der Strasse aufzulesen (Ex-Strassenhund). Wegen chronischer Pankreatitis und Gastritis bezahlt er dafür aber meist mit üblen mehrtägigen Krankheitsschüben.
Er weiss, dass ich das Fressen auf der Strasse nicht dulde, hat aber einen sehr starken Drang danach und versucht daher, beim Aufsammeln und schlucken schnell zu sein. Daher hilft mir oft nur ein kräftiger Knuff in die Seite, wenn er mal wieder etwas schneller sieht als ich. Wenn ich es zuerst sehe, kommt mein Nein noch durch und es ist damit getan, wir können sicher vorbeigehen, ohne dass er nochmal hinschaut. Wenn er aber schneller ist als mein Nein, hilft nur noch rascher ein Knuff. Wenns was ihm wirklich wichtiges ist, reagiert er darauf auch mal mit Knurren und ritualisiertem Schnappen. Aber das ist bei ihm ebenso spontan wie der Schubs von mir und in der nächsten Sekunde sind wir schon wieder die besten Freunde. Manchmal beschwichtigt er noch kurz, oft geht er aber einfach zur Tagesordnung über.
Unserer Beziehung schadet das nichts und wer einmal gesehen hat, wie ein (resourcenorientierter, nicht alle sind das ja) Hund etwas für ihn interessantes fressbares gegen einen "mal schnell Aufsammler" verteidigt hat, der weiss, dass das auch nicht zimperlich abläuft, ohne dass die Hunde sich deshalb gleich wirklich in die Haare geraten müssen.
Ein Hund ist ein Hund, kein traumatisiertes Menschenkind. Hunde sind zwar in Jahrtausenden darauf gezüchtet, menschliche Signale gut zu deuten und auf akustische Kommandos zu reagieren, dennoch liegt ihnen hündische Kommunikation natürlich NOCH näher. Und die beinhaltet durchaus auch körperliche Interaktion.
Davon abgesehen ist die nahezu berührungsfreie sanfte Hundeführung in der Haushundwerdung was ganz neues und sicher gibt es noch keine diesbezüglichen genetischen Anpassungen.
Viele Grüße
Ingo