Zitat
Kinder und Jugendliche reagieren sehr auf die Art, wie Lehrer (Erwachsene) ihnen begegnen.
Die allermeisten sind toll!
Ich bin seit 10 Jahren Hauptschullehrerin, es läuft, ich mag, respektiere, verstehe sie.
Ich habe hier nur immer mal zwischendurch reingelesen, weil mir Vieles einfach zu... ja... zu was eigentlich war? Zu weltfremd? Zu engstirnig? Wie auch immer...
Deswegen mag ich mir erst hier einklinken. Denn da möchte ich definitiv mal zustimmen
Ich bin oft schockiert was man über die Kinder und die Jugend von heute hört. Oft auch hier im Forum liest.
Diese Voreingenommenheit dürfen sich die Kinder selbst nicht erlauben gegenüber Erwachsenen, ohne dass sie als vorlaut, unerzogen oder sonstiges bezeichnet werden würden.
Ich kenne auch "diese Art Kinder". Und ja, ich rege mich auch schon Mal darüber auf. Aber in den allermeisten Fällen lässt sich vermuten, fast schon erschließen, warum gewisse Dinge sind, wie sie sind. Dass Aufklärung, Erziehung, vielleicht auch "nur" mal Verständnis und ein offenes Ohr fehlt. Oft ist es eine große Leistung, die diese Kinder bringen, weil sie sich ohne Anleitung durch wichtige Entwicklungsphasen kämpfen müssen. Oder aber mit der Anleitung, die sie sich selbst suchen. Dass dies nicht immer die Beste ist, ist klar.
Natürlich ist es menschlich sich über gewisse Verhaltensweisen aufzuregen. Aber nicht okay finde ich, wie an vielen Stellen geurteilt wird.
Nicht nur bei den Eltern herrscht Mangel. Auch bei den Lehrern. Ich habe auf dem Gymnasium kaum Lehrer kennen gelernt, die ich aus der heutigen Sicht als Vorbild ansehen möchte. Selbst im Freizeit-, Sportbereich, wo ich als Trainerin tätig war, musste ich feststellen, dass der Großteil nicht geeignete Vorbilder waren. Und das nicht nur wegen meiner persönlichen Einstellung, sondern wegen erheblicher Defizite und Missstände, die es da gab. Wo also sollen diese Kinder heute noch hin?
Wenn ich von meiner Schwester höre wie es bei Schülern und zwischen Schülern und Lehrern jetzt, nur ein paar Jahre später, an meiner Schule zugeht, muss ich sagen, wird mir einfach nur noch schlecht. Ja wo sollen die Schüler es denn da bitte her nehmen? Da denkt man an einer solchen Schulart sind die Schüler gut aufgehoben und sowohl in der Schülerschaft als auch von Seiten der Lehrern ist unglaublich Vieles schlichtweg nicht in Ordnung, um es gelinde auszudrücken.
Dabei finde ich gerade an den (verzeiht den blöden Ausdruck) "normalen" Schulen sollten die Möglichkeiten und Potentiale viel besser genutzt werden. Gute und engagierte Lehrer können so viel bewirken. Schon als Schüler darf man ab und zu diese besondere Eigendynamik spüren, die sich im Klassenverband entwickeln kann, wenn ein Lehrer mitreißt. Nicht nur fachlich, sondern insbesondere menschlich.
Ich habe ein Jahr im Sonderschulbereich gearbeitet. Da war es etwas anderes. Zumindest an der Schule, die ich kennen lernen durfte. Da steckte echtes Herzblut drin und die Lehrerinnen opferten sich selbst förmlich auf. Nur kann da eben leider nicht aufgefangen werden, was oft zu Hause schief läuft. Klassen von 8-10 Schülern und trotzdem noch zu viele, um wirklich zu helfen.
Da habe ich meinen Entschluss endgültig gefasst, wenn irgendwie möglich, mit noch engerer Betreuung zu arbeiten, mit noch kleineren Gruppen. Als Lehrer steht man da oft vor seinen Grenzen, selbst wenn in den seltenen Fällen noch wirklich engagiert gearbeitet wird. Andersrum muss ich auch sagen, dass diese Lehrerinnen 40 Jahre, vielleicht 50 beinahe ausgebrannt waren. Unglaublich engagiert in den Klassenzimmern. Kamen sie ins Lehrerzimmer, fielen sie förmlich in sich zusammen. Nicht wegen der Schüler, viel mehr wegen den Eltern, die gegen sie arbeiten, wegen der fehlenden Unterstützung von ganz verschiedenen Seiten.
Aber sie hatten ihre Art gefunden damit umzugehen. Eine deftige Art, wenn sie so allein unter sich waren, aber auch ein Umgang bei dem viel gelacht wurde und der Kraft gab. Diese Menschen verdienen größten Respekt. Die Lehrer, die sich heutzutage nicht ausruhen in ihrem Job, sondern die wirklich mit Überzeugung arbeiten.
Aber wie gesagt: Es ist schlichtweg nicht möglich abzudecken, was zu Hause verpasst wird. Andere FSJler, die von der engagierten Sorte, die wie ich die Möglichkeit hatten ein Kind ganztags 1:1 zu betreuen, berichteten mir von Fortschritten, die sie die Woche über gemacht hatten. Und die nach nur einem Wochenende zu nichte gemacht waren. Immer und immer wieder.
Ich hatte unendliches Glück. Die Familie "meines" Jungen war und ist ein Traum. Wir haben immer noch Kontakt und den will ich nicht missen. Eine Familie in einfach Verhältnissen mit begrenzten Möglichkeiten und schlechter Bildung. Aber das menschliche stimmt und es sind Verantwortungsgefühl, Bereitschaft und vor allem unglaublich viel Liebe da. Das kann so viel bewirken.
Ich habe in der Zeit vieles gesehen bei Kindern, wo ich auf der Straße drüber geflucht hätte. Wo ich aber lernen durfte, was dahinter steht. Wo die Kinder sich mir irgendwann anvertrauten und ich begann zu verstehen. Wo ich teilweise einen kurzen Blick auf die Eltern erlangen "durfte" und mir so einiges klar wurde, in vielerlei Hinsicht (sei es Ignoranz, sei es Überforderung, sei es Desinteresse oder schlicht fehlendes Wissen und fehlende Möglichkeiten).
Ja, die allermeisten Kinder sind toll! Sie sind es wirklich. Es sind kleine Kämpfer, die versuchen zu bestehen. Die keine Wahl haben so lange sie noch jung sind, außer sich den naheliegendsten Weg zu suchen. Sie verursachen oft nur Kopfschütteln und Ärger bei kurzen Begegnungen, aber wirklich viele verdienen einen zweiten Blick, ein kurzes Nachdenken.
Begegnet man ihnen offen, mit Respekt in der passenden Situation, ist man oft überrascht, was man auf ein Mal von diesen kleinen Menschen lernen kann, wenn man nur bereit ist zuzuhören und hinzusehen.
Sorry, ich weiß, ziemlich weg vom Thema. Aber ab und zu muss das einfach mal raus... 