Alles anzeigenTrifft das nicht auf jegliche Hundehaltung zu? Zumindest in meinem Umfeld hier oder auch wenn ich beruflich unterwegs bin, sehe ich wenig, was ich als modernes Hundetraining bezeichnen würde. Nur vereinzelt sticht mal jemand heraus.
Ob die rein positive Arbeit als modern zu bezeichnen ist, darüber kann man sicherlich diskutieren. Für mich steht es nicht für modern, dass jemand auf Zwänge und Strafen verzichtet. Aber auch den Fleiß dahinter möchte ich gar nicht schlecht reden, es ist für mich nur nicht so, dass sich Können darin zeigt, dass man sich nur im Bereich der positiven Verstärkung bewegt.
Doch, wahrscheinlich trifft das auf jegliche Hundehaltung zu. Und Du hast auch völlig Recht damit, die Gleichsetzung von Training über positive Verstärkung als 'modern' zu hinterfragen.
Es ist - gerade in einem Forum, wo man Geschriebenes so unterschiedlich auffassen und definieren kann - doppelt und dreifach schwierig, herauszufinden, wie jemand wirklich arbeitet. Das Wort 'Zwang' zeigt das ja wunderbar auf. Ich denke, hier in dieser Diskussion werden damit häufig am Körper des Hundes vorgenommene Handlungen bezeichnet. Wenn wir aber ehrlich sind, wird jegliche Art von Verhaltensänderung aber nur dann stattfinden, wenn sich der Lernende aus seiner Konfortzone heraus begibt oder begeben muss. Als 'Zwang' kann man also durchaus auch einen eingezäunten Trainingsplatz oder eine Leine empfinden, die den Hund davon abhält, sich anderwertig zu orientieren. Ich verwalte als Trainer Ressourcen, welche der Hund möglichst dringend haben will - nur dann wird er bereit sein, sein Verhalten entsprechend meinen Wünschen zu ändern. Ich bin nicht naiv oder dogmatisch genug zu behaupten, dass Arbeit über positive Verstärkung keinerlei Zwang beinhalten würde. Er wird dem Lernenden einfach meist auf angenehmere Weise präsentiert.Bei der Anwendung von Zwang gibt es aber eben eine so grosse Grauzone, dass sehr, sehr schwierig zu definieren ist, wo es zu viel des Guten wird. Bei mir ist es dort Fall, wenn es solide tierfreundlichere Alternativen gäbe.
Außerdem habe ich nie behauptet, dass ich mit den verschiedenen Apporteln und der Strecke nicht auch beim Positiv einarbeiten in entsprechenden Schritten vorgegangen bin. Es fängt doch aber schon damit an, dass beim rein positiv Arbeiten, ich grundsätzlich nur soweit gehe, wie der Hund die Motivation zeigt, also abbreche, wenn diese nicht mehr ausreichend vorhanden ist oder im besten Fall sogar schon vorher. Genau das ist doch aber der Punkt an dem es bei einem Gebrauchshund noch weiter gehen muss. Da stelle ich mir dann doch die Frage, wie ich das rein positiv angehe?
Bei Jagdhunden ist z.B. eine Variante, sich das Premack-Prinzip zunutze zu machen: du darfst das, was Du eigentlich gerne tun würdest dann tun, wenn Du vorher ein anderes, von mir erwünschtes Verhalten zeigst. Wenn man diese Situation herstellen kann - und das geht logischerweise nicht immer - erhält man einen Hund, der mit Feuereifer aktiv das gewünschte (aber für den Hund an und für sich weniger belohnende) Verhalten zeigt. Und nein, das bedeutet bei einem sauberen Aufbau nicht, dass der Hund nach Erledigung seiner Aufgabe völlig ausser Kontrolle einfach seinen eigenen Gelüsten nachgeht. Dafür braucht man keinen Klicker und keine Kekse - sondern 'einfach' einen Reiz, der stark genug ist, dass der Hund ihn oder ein damit verbundenes Verhalten als belohnend genug ansieht, die ihm vorher gestellte Aufgabe zu erledigen.
Dieses Prinzip kann ich im Bereich der Schutzhundearbeit gut nachvollziehen. Mein Hund will absolut gern den Helfer beißen. Um dahin zu kommen, muss er vorher beispielsweise apportieren und als Belohnung darf er dann beißen gehen. In diesem Bereich ist das nicht unüblich, so auszubilden.
Ich stell mir das im jagdlichen Bereich allerdings schwierig vor, da ich diese statisch gestellten Situationen nicht habe. Sagen wir Triebziel vom Hund ist es, den flüchtenden Hasen zu hetzen. Dann müsste ich eine Übung im Gehorsam verlangen und als Belohnung darf er dann den Hasen hetzen. Das würde theoretisch funktionieren. Nur habe ich genau im richtigen Moment einen flüchtenden Hasen? Und ist das tierschutzgerecht ausgebildet für den Hasen? Sicher beides NEIN. Und da bei nem Jagdhund immer das eigentliche Triebziel das flüchtende Wild ist, werde ich da mit einer Ersatzbelohnung nicht weit kommen, weil eben genau beim flüchtenden Wild Schluss ist.