Ja, ja, die Mär vom hoftreuen Spitz, der nie, nicht, niemals sein Grundstück verlässt...
Meine Familie war (und ist es tw. noch immer) seit Generationen in der Landwirtschaft tätig, hatte riesige Bauernhöfe mit Viehzucht, Hunden (hauptsächlich DSH) und allem drum und dran. Ich kenne das Landleben also sehr gut und weiß, wie Hunde damals und auch heute noch in meiner alten Heimat (Mecklenburger Land) gehalten wurden. Bei aller Freude darüber, dass ein Hund auf diese Weise viel Zeit am Tag draußen in der Sonne liegend verbringen kann, ist mir das doch etwas zu kurz gedacht. Was man hier sah und sieht ist auch einfach enorm viel Tierleid, das als solches aber kaum wahrgenommen wird, weil "ist ja auf dem Land normal".
Noch heute gibt es hier unendlich viele Höfe mit Hunden, die ihr ganzes Leben lang nicht den Hof verlassen, mit denen nicht Gassi gegangen wird, die übersteigert aggressiv sind und deswegen die meiste Zeit des Tages im Zwinger hocken, weil sie nur vom Herrn des Hauses gehändelt werden können oder es bereits Beißvorfälle gab. Wenn sie mehr oder weniger nett sind, dürfen sie frei auf dem Hof herumlaufen. Für die kurze Zeit im Jahr, wo es draußen warm und angenehm ist, ist das nicht schlecht, die Leute verbringen fast den gesamten Tag draußen, Hund ist immer dabei, liegt zu ihren Füßen, wenn auf der Terasse gegessen wird usw. Die längste Zeit des Jahres aber sind diese Hunde allein im Dunkeln sich selbst überlassen und sehen ihre Menschen nur sporadisch am Tag, oft wieder nur vom Zwinger aus. Selbst in meiner Familie gibt es noch Menschen, die ihre Hunde so halten und es absolut ablehnen, den Hund mit ins Haus zu nehmen. Mit viel Glück darf er im Winter mal in die wärmere Scheune, das war es dann aber auch. Leider ist gerade bei der älteren Generation auf dem Land die Ansicht, dass Hunde im Haus nichts verloren haben, immer noch recht verbreitet. Man sollte sich da nichts vormachen, sowas ist kein artgerechtes Leben für ein so hochsoziales Lebewesen.
Meine Mutter wurde als Kind von einem Spitz angefallen und gebissen. Der schoss aus dem offenen Grundstück, als sie mit dem Rad vorbeifuhr, verfolgte sie und brachte sie schließlich zu Fall. Ihr Kindheitstrauma, bis heute mag sie diesen Typ Hund nicht. Und sowas war kein (!) Einzelfall, da viele Höfe hier bis heute nur rudimentär eingezäunt sind, nur hat halt damals halt keiner ein Gewese drum gemacht, wenn ein Hund mal zubiss (entweder hieß es "Ja, dann musst du halt nen größeren Bogen um den Hof machen!" oder, wenn der Schaden zu groß war, wurde der Hund halt erschossen). Das ist heute zum Glück anders und darum finde ich es grob fahrlässig, Hunde ohne Aufsicht auf nicht gesicherten Grundstücken sich selbst zu überlassen, gerade dann, wenn man weiß, dass da auch mal Menschen langlaufen, Autos in der Nähe fahren und der Hund ausgeprägten Wach- und Schutztrieb hat. Und wenn 1000 x nichts passiert ist, vollkommen egal.
Nu, wie oft kommen denn Hofhunde vom Hof und beissen von hinten plötzlich andere Hunde?
Man kann doch nicht wg. einzelner Vorkommnisse bei anderen gleich sein Leben danach ausrichten. Wenn es danach geht, was anderen schon alles mal passiert ist, bleibst Du eh besser zu Hause. Nein, noch besser, man lässt es mit dem Leben gleich ganz.
Ähm, selbst wenn es Ausnahmen sein sollten, dass angeblich grundstückstreue Rassen die unsichtbaren Grenzen ihres Hofes ignorieren (wovon ich nicht überzeugt bin), reichen die aus meiner Sicht sehr wohl als Rechtfertigung dafür aus, eine entsprechende Grundstückssicherung von jedem, der einen Hund unbeaufsichtigt frei laufend auf seinem Grund und Boden hält, zu verlangen. Nicht nur zum Schutze anderer, sondern auch zum Schutz des Hundes.