Das Thema ist sehr schwer zu diskutieren, weil es einfach sehr viele Gedankenstränge umfasst, die man in alle möglichen Richtungen denken kann.
Die Meisten von uns sind bei dem Thema auch sehr emotional, weil sie sich angegriffen fühlen oder missionieren wollen. Als Basis für diese Diskussion sehe ich deshalb die Fähigkeit, auch die anderen Standpunkte zu tolerieren. Es ist kein Mensch besser oder schlechter, weil er seinen Hund aus dem Tierheim oder vom Züchter holt.
Und jetzt versuch ichs einfach mal mit dem Thema. Nur, wie fang ich an?
Für mich persönlich kommen ausschließlich Tierheimtiere in Frage. Vielleicht, weil ich selbst im Tierschutz aktiv war und miterlebt habe, dass wunderbare Hunde dort einfach vergessen werden.
Daraus folgt die Frage, ob ich für mich auch Tiere aus dem ausländischen Tierschutz in Frage kommen. Ich halte diesen Punkt für unglaublich komplex: Ist es gut in die Tierpolitik anderer Länder in der Form einzugreifen? Verhindern wir damit langfristig die Thematisierung in den betroffenen Ländern? Ist die Umgewöhnung überhaupt im Sinne des Hundes - will der Hund einen vollen Magen gegen seine Freiheit tauschen? Können wir den artgerechten u. akzeptablen Transport gewährleisten? Sind wir durch die Bereitschaft der Tieraufnahme nicht auch mitverantwortlich für die Transport-Katastrophen? Kann man einem Hund, den man noch nie gesehen hat, zu 100% eine Perspektive bieten? Und 1000 weitere Fragen, die ich letztlich nicht beantworten kann. Ich setze mich intensiv mit der Thematik auseinander, gerate aber immer wieder in moralische Zwickmühlen und logische Sackgassen.
Ich halte es für mich so: Für mich kommt jeder Hund aus den Tierheimen in Frage, auch Tiere aus dem Ausland. Ich würde allerdings keinen Hund direkt aus dem Ausland "ordern". Und ja, natürlich ist das inkonsequent.
Ich möchte nicht missionieren. Tierheimhunde sind MEIN Weg und ich kann jeden Menschen verstehen, der einen anderen Weg gehen möchte. Es gibt dennoch einige hartnäckige Vorurteile gegen Tierheimhunde (die ich wieder und wieder höre), die zeigen, dass sich die Leute einfach nicht mit einem Tierheim auseinandergesetzt haben:
Ich will eine bestimmte Rasse, NUR deshalb gehe ich nicht ins Tierheim.
Trifft auf einige Rassen definitiv zu. Jedoch höre ich es eigentlich immer im Zusammenhang mit eher gewöhnlichen Hunderassen, die zu Hauf in den Tierheimen sitzen. Es besteht außerdem die Möglichkeit, die TH ganz gezielt nach einer bestimmten Rasse abzusuchen.
Ich will einen Welpen, NUR deshalb gehe ich nicht ins Tierheim.
Es gibt viele Welpen im Tierschutz u. den Tierheimen. Übrigens auch reinrassige Welpen, die im TH geboren werden und eine anständige Prägungsphase erleben dürfen.
Bei einem Tierheimhund weiß man nie, was man bekommt. NUR deshalb gehe ich nicht ins Tierheim.
Wenn man sich für einen erwachsenen Hund entscheidet, weiß man das sogar sehr genau. Die Pfleger können eine Menge über den Hund erzählen.
Ich will einen Hund mit ganz bestimmten Eigenschaften, NUR deshalb gehe ich nicht ins Tierheim.
In den Tierheimen sitzen Hunde wie Sand am Meer. Es gibt kuschlige, sportliche, liebe, zahme, arschige, sture, besitzergreifende, aggressive, freundlich, intelligente, dämliche und lustige Hunde. Wie im echten Leben auch ;-) ... das Argument zieht (bis auf wenige Ausnahmen) nicht.
Übrigens sollte sich jeder, der einen Hund aus dem TH holt, über die Konsequenzen im Klaren sein. Es ist immer ein Hund mit Vergangenheit. Es ist KEIN Herz für Tiere, wenn man einen "armen Hund aus dem TH rettet" und anschließend völlig überfordert ist. Dann heißt es schnell, alle TH-Hunde hätten Macken. Stimmt nicht. Es gibt einfach viel zu viele selbsternannte Tierretter, die einerseits ins Tierheim rennen, andererseits aber die Konsequenzen nicht tragen können. Klar, auch in den TH gibt es unkomplizierte Fälle. Aber manchmal scheint sich das Unglück einfach magisch anzuziehen. Hier würde ich mir mehr Verantwortung wünschen.
Natürlich gibt es auch Argumente GEGEN einen TH-Hund, die ich nachvollziehen kann. Dazu zählt zum Beispiel, wenn man sich in eine etwas ausgefallenere Rasse verliebt hat (die gibts dann sicherlich noch irgendwo im TH) UND einen Welpen möchte (das wird dann schon schwierig). Das finde ich verständlich und nachvollziehbar.
Ich kann jeden Menschen verstehen, der sich einen Hund vom Züchter holen möchte. Allerdings erwarte ich auch hier Herz und Verstand (ebenso wie bei der Auswahl im Tierheim). Hier liest man sooft, aus welchen ominösen Umständen (und wie) Hunde gekauft wurden. Dafür habe ich leider kein Verständnis und nur allzuoft müssen die Menschen, die mit guten Gründen zu einem Züchter gehen, mit DIESEN Vorurteilen kämpfen.
Wenn man sich für den Züchter entscheidet, sollte man weise wählen, WO man kauft und WELCHE Zucht man unterstützt. Da zählen die gesundheitlichen Voraussetzungen ebenso dazu wie die Welpenaufzucht. Ich habe kein Verständnis, wenn bei Vermehrern o.ä. gekauft wird.
Puh, das wars jetzt erstmal.
Ob das überhaupt wer liest? 