Beiträge von Liquid_Sky

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    Natürlich klappt es mit Bestrafungen oft schneller. Du lernst doch auch schneller wenn dir was Unangenehmes droht. Deswegen fühlst du dich doch aber nicht wohler als wenn du es ganz ohne negative Erfahrungen gelernt hättest.

    Eigentlich, eigentlich... wollte ich mir die Mühe ja sparen, aber das ist eben der grundlegende große Trugschluss.
    Man lernt nicht schneller, wenn einem etwas Unangenehmes droht. Man lernt langsamer, man lernt oberflächlicher und man lernt ungenauer.
    Eben weil Stresshormone das Lernen aktiv behindern. Mehr Stress -> mehr Cortisol -> vermindete Aktivität im Hippocampus (zuständig für Lernen und Gedächtnis). Man schafft sich damit selber Ablenkung, die es überhaupt gar nicht bräuchte.
    Genau so gut könntest du versuchen, dir Vokabeln einzuprägen, während du in einer Achterbahn sitzt und Deathmetal hörst. Geht, aber geht auch besser.

    Durch die Androhung von Strafe drängt man den Hund vom Hormonspiegel her in eine echte Gefahrensituation und vermindert seine "Denkleistung" dabei auf den Grad von Selbsterhaltung. Selbsterhaltung steht über Allem, die Reaktionen, die da folgen können, reichen eben von Kuschen bis hin zu Angreifen. Man spult wahllos soweit ab, bis man etwas gefunden hat, was funktioniert.
    Aber lernen tut man denkbar schlecht.

    Und deswegen ist klapsen blöd.
    Es bringt überhaupt nichts, sondern hindert eher, du weißt nie genau, ob der Hund jetzt gerade sein Verhalten oder doch das spielende Kind mit der Strafe verbindet, du bringst ihm nachhaltig keine Alternative dabei bei (wenn ich durch negative Bestrafung arbeite, hat mein Hund fast immer die Chance, sich durch ein gewünschtes Verhalten zu korrigieren und schlussendlich aus der Situation zu profitieren), du schädigst die Bindung (und auch das ist neurobiologisch fundiert, siehe "Neurobiologie der Bindung") und du machst dich für jeden halbwegs cleveren Hund unglaubwürdig, da unberechenbar und da Hunde Opportunisten sind, werden sie sich sicher nicht jemandem anschließen, der sich verhält wie ein Psycho.

    Ich weiß nicht, was davon jetzt ´ne hohle Phrase war - aber ich gelobe, mich nicht noch ein Mal zu wiederholen, sonst bekomme ich noch ´nen Sprung in der Platte :roll:

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    Dazu müsste aber Lieschen sich erst mal wieder äußern bevor Jogi weiter alles aus dem Zusammenhang reißt.

    Was ist denn da aus dem Zusammenhang gerissen? :???:

    Ich bin ähnlicher Meinung:
    Das Toben mit anderen Hunden erzeugt (wenn auch positiven) Stress, was dazu führt, dass der Hund zwar reaktionsschneller wird, sein Handeln aber instinktiver und fehlerhafter wird.
    Darüber hinaus ist er ja eh gerade in einem Alter, in dem Impulskontrolle so eine Sache ist, da sich das Hirn tatsächlich nochmals umstrukturiert und völlig neue relevante Reize dazu kommen, die so ein Hundehirn auch schon mal aussetzen lassen.

    Ich würde mir auch keinen allzu großen Kopf machen, sollte es nicht öfter vorkommen. Eventuell würde ich den Tausch von Ressourcen nochmal ein bisschen üben, so als Gedächtnisstütze ;)

    Liebe Grüße

    Ich finde es wirklich verblüffend, dass es für dich keinen Unterschied zu machen scheint, wie man straft.
    Und da frage ich mich, ob es für dich auch keinen Unterschied macht, ob jemand mit dir schimpft oder dir eine reinpfeffert? Ob er "Nein" sagt und dich zurück zerrt, weil du im Begriff bist, etwas Gefährliches zu tun oder dir mit einem Stock eins überzieht?
    Meinst du echt, das sei Jacke wie Hose und hätte keinen Einfluss auf deine Wahrnehmung dieser Person?
    Mit welcher Person würdest du dich im Falle eines Konflikts konstruktiver auseinander setzen?
    Und wie wäre dein Verhaltensmuster Person A Und Person B gegenüber?
    Welcher Person gegenüber wärst du grundsätzlich gewaltbereiter?

    Um übrigens nochmal auf das bemerkenswerte Lehrerbeispiel einzugehen, dass du gebracht hast:
    Würde mir ein Lehrer derartig gegenüber treten, würde ich seinem Unterricht fernbleiben. Würde man mich hingegen zwingen, teilzunehmen und es würde erneut auftreten, würde ich mich wehren.
    Und das nicht ein Mal aus Trotz, sondern aus purem Reflex.

    Im Prinzip gibt es in Gefahrensituation (und biochemisch ist es das gleiche, ob ich einem Tiger gegenüber stehe oder von einem Lehrer bedroht werde) vier instinktive Strategien:
    Fight, flight, tend/freeze or befriend.
    Wenn du deinen Hund über körperlichen Schmerz trainierst, erzeugst du bei ihm den gleichen Zustand und zwingst ihn zu einer Entscheidung zwischen diesen. Respekt und Status spielen da auch überhaupt keine Rolle mehr, da Selbsterhaltung immer über Bindungsverhalten steht.

    Bis jetzt hattest du das Glück, dass dein Hund sich für "befriend" entschieden hat. Das muss aber nicht so bleiben, denn diese Strategien sind nicht "fix".

    Ich mag an dieser Stelle aber auch einen Punkt machen und mich aus dieser Diskussion ausklinken, weil sie mir so langsam erdmüdet vorkommt.

    Wenn du selber prüfen willst, worauf die Meinung derer, die sich gegen Erziehung mit positiver Bestrafung aussprechen, gründet, noch ein paar Tipps zum Lesen/Nachforschen für ereignislose Zeiten.
    Stichwörter wären z.B.:
    -Lerntheorien/Gedächtnismodelle
    -Neurobiologie der Bindung
    -Kynologie

    Darüber hinaus wäre es bestimmt auch für dich interessant, zu schauen, wie Tiere trainiert werden, die wirklich funktionieren müssen - Rettungshunde, Behindertenbegleithunde, ect. Youtube ist da sicherlich eine ausreichende Quelle.
    Such da mal den Klaps...

    Ich möchte nochmal nachsetzen, weil du ja meintest, du könntest dir nicht vorstellen, wie es funktionieren soll, rein durch positive Verstärkung und negative Bestrafung zu erziehen.

    Wir nehmen mal einen Welpen, der also noch völlig unbeschrieben ist, kein Fehlverhalten ritualisiert hat. Wir setzen ihn in eine reizarme Umgebung, wo ihn also nichts großartig ablenken kann. Das sollte zum Anfang jedes Trainings sowieso Vorraussetzung sein.
    Jetzt wollen wir ihm beibringen, neben uns an der Leine zu laufen und nicht zu ziehen.

    Welpen kennen Leinen in der Regel nicht. Es ist ungewohnt, blöd und merkwürdig.

    Wir können uns das wie eine Waagschale vorstellen:

    Neben mir laufen vs. ziehen

    Das ist die Grundsituation. Nun müssen wir die Waagschale irgendwie auf der "Neben mir laufen"-Seite schwerer machen, denn dann wird er es von selbst bevorzugen, was für mich langfristig deutlich weniger Stress bedeutet.

    Ich bestärke z.B. wenn er direkt neben mir läuft. Läuft er einfach nur im Radius der Leine, kommt er voran. Zieht er an der Leine, hindere ich ihn daran, weiter zu kommen.

    Schon habe ich:

    Neben mir laufen

    +ich bekomme Kekse
    +ich komme möglichst schnell weiter
    -es ist anstrengend

    vs.

    ziehen

    -es geht nicht weiter
    -der Zug ist unangenehm

    Natürlich könnte ich da jetzt auch noch "Klapse" auf die "ziehen"-Seite legen... aber mal ehrlich... warum?
    Das Beispiel ist sicherlich stark vereinfacht, aber so in etwa kann man das auf fast alles anwenden.
    Gebe viele gute Gründe, zu tun, was du möchtest und nehme die Gründe, zu tun, was du nicht möchtest.
    Das Bedarf einiger Wiederholung und Konsequenz, streichst du aber ein bestimmtes Verhalten durch "unnützlich machen" aus dem Repertoire des Hundes, hast du langfristig viel weniger Arbeit damit.
    Dass er es dennoch hin und wieder versuchen wird, ist verständlich, schließlich sind solche komplexen Zusammenhänge für den Hund nur durch "Try and Error" zu verstehen, aber kein Grund, irgendwo zu strafen.
    Lasse es ihn doch versuchen - hat er keinen Erfolg damit, wird er es lassen.

    Ich verstehe deine Argumentation übrigens schon, teile sie aber schlichtweg nicht.
    Aus meiner Sicht hat man beim Arbeiten mit positiver Bestrafung den gleichen Aufwand, annähernd die gleichen Ergebnisse, aber viel mehr "Kontra"-Punkte, viel mehr Nebenwirkungen und nachhaltig nicht den gleichen Erfolg.

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    Wenn du deinen Hund anbindest, ist das dann nicht auch körperliche Bestrafung? Vielleicht nicht im Sinn von Schmerzen zufügen, aber im Sinn von Freiheitsentzug.

    Das ist der Schliff zwischen positiver Bestrafung (ich füge etwas Unangenehmes hinzu) und negativer Bestrafung (ich entziehe etwas Positives). Deswegen hast du schon recht, wenn du sagst, die allerwenigsten werden völlig ohne Strafe arbeiten, denn ich bekomme wohl kaum Gegenwind, wenn ich z.B. sage, dass ich meinem Hund die gerade ergatterte Socke wegnehme, die er nicht haben darf, ein Spiel abbreche, wenn es mir zu weit geht oder anleine, wenn er sich im Freilauf nicht benimmt. Überall entziehe ich etwas Positives.

    Der gravierende Unterschied ist, dass ich damit nicht in den Bereich des Meidens gehe, wenn ich es richtig mache. Klar, stapfe ich tobend und schimpfend auf den Hund zu, rucke ihn am Halsband zu mir, um ihn anzuleinen und zerre ihn dann weiter, ist das auch keinen Deut besser. Aber man muss ja nicht vom unteren Standart aus messen.
    Richtig machen bedeutet für mich, dass ich immer gleichzeitig eine Alternative anbiete - der Hund macht nicht ohne Grund, was er macht und der Grund wird auch nicht verschwinden, wenn ich es einfach nur verbiete und er wird es einfach wiederholen, weil was soll er auch sonst tun? Selbstbeherrschung hat bei jedem Lebewesen seine Grenzen. Aber so nutze ich auch praktischer Weise die volle Parlette von dem, was das Lernverhalten mir bietet: Ich unterbinde etwas Unerwünschtes, zeige eine Grenze, nehme der Sache also das Lohnenswerte und zeige gleichzeitig, was ich will, was sich lohnt und biete etwas viel Besseres. Hunde sind Opportunisten und das ist im Prinzip der opportunistischste (und auch spaßigste) Weg.

    Eine positive Bestrafung hingegen ist aus meiner Sicht viel zu absolut, denn sie lässt keinen Weg für Alternativen - habe ich geklapst, habe ich geklapst, der Hund hatte in dem Moment gar nicht die Chance, sich selber zu korrigieren. Ebenso lässt es offen, was er denn hätte tun sollen, um zu erreichen, was er möchte.
    Das und dazu noch die gegebene Chance der Fehlverknüpfung (die es bei allen anderen Trainingsarte natürlich auch gibt, die sich dort aber nicht ganz so gravierend manifestieren können) machen das für mich, von meinem Unwillen, gewaltätig zu werden mal abgesehen, zu der schlechtesten Methode überhaupt.

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    Trotzdem hat mir noch niemand die Frage beantwortet, warum meine Hündinin Freudenpipi nur bei ihr bekannten Personen macht und nicht bei unbekannten.

    Weil sie keine Erwartungshaltung bei Fremden besitzt.


    Ich finde es übrigens gut, dass hier so ein "Run" um das Thema gemacht wird und dass das auch einigermaßen sachlich passiert, denn ich gehöre auch zu den Menschen, denen "das macht man doch nicht!" nicht als Erklärung reicht.

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    Und wegen Freudenwissi. Ich werd doch wohl Freude und Unterwürfigkeit unterscheiden können. Das ist gar nicht so selten, wie manche hier tun, gerade bei Hündinnen.

    Es ist nicht selten, weil manche die Begrüßung bis zum Exzess feiern.
    Klar "freut" sich der Hund in dem Moment augenscheinlich, aber er hat auch enormen Stress.
    Deswegen ist das wahrlich kein erstrebenswerter Zustand.

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    Jo und da isses wissenschaftlich einfach so das man zum erlernen von etwas neuem auf positive Bestärkung setzen sollte um etwas richtig zu festigen
    Gehste da negativ dran isset völlig normal das man ellenlange braucht um dem Hund zu vermitteln das er besser draussen pinkeln sollte als drinnen

    Jepp und das lässt sich auch relativ einfach erklären.
    Natürlich kann ein Hund lernen, dass es seine Aktion war, die die negative Reaktion verursacht hat.
    Erst ein Mal tappt er allerdings im Blauen - das braucht Wiederholungen, damit er ausfiltern kann, wo die Konstante liegt. Zuerst kommt für ihn, auf Grund des eben erklärten fehlenden kognitiven Verständnisses, so ziemlich alles in Frage, was sich in seinem sensorischem Gedächtnis befindet. Davon wird er sich wahrscheinlich das "Außergewöhnlichste" aussuchen. Ob das sein Bellen oder der andere Hund oder sonstewas war, das muss er herausfinden.
    So lange ist er allerdings verunsichert, denn du versetzt ihn damit in eine Hab-Acht-Stellung. Ergo umgangssprachlich: Stress.

    Stress führt dazu, dass die Ausschüttung verschiedener Transmitter im Gehirn verändert wird. Er macht reaktionsschneller, aber erhöht auch die Fehlerquote im Handeln.
    Und unter Stress lernt man einfach nicht. Es ist mehrfach nachgewiesen, dass sich unter dem Einfluss bestimmter Stresshormone viel weniger neue Verknüpfungen bilden, denn das Hirn will/muss sich sozusagen mit wichtigeren Dingen beschäftigen.

    Deswegen wirkt die Arbeit über Strafe kurzfristig natürlich effektiver, ist langfristig aber viel anfälliger für Fehlerquellen.
    Und da kann man Menschen und Hunde wirklich mal vergleichen:
    Beide lernen am besten, fehlerfreisten und nachhaltigsten in einer entspannten, positiven Umgebung.

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    Und weiter überlege, dass ein Hund in dem Alter sich nur noch löst wenn er akuten Stress oder Angst hat.

    Nun ja.....

    Gut, da muss man aber auch sagen, dass es sowohl "positiver" als auch "negativer" Stress sein kann.
    Es muss nicht zwangsläufig Angst sein, es wäre auch möglich, dass schon durch eine enorm positive Erwartungshaltung soviel Stress entsteht, dass ein paar Tropfen daneben gehen, weil das VNS mal eben "aus der Fassung" gerät.

    Und dass ein 4 Monate alter Hund noch nicht so souverän ist und dass man da eventuell (und sicher ungewollt) eine blöde Verknüpfung hergestellt hat, ja nu... dagegen sollte man arbeiten, mehr Ruhe reinbringen, aber es ist nichts, was zwangsläufig auf einen schlechten Umgang schließen lässt.

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    Um trotzdem nochmal kurz auf den Mensch-Hund-Vergleich einzugehen. Also Lernen funktioniert eigentlich bei allen Lebewesen gleich. Es ist ein Ursache-Wirkungs Prinzip. Mach eine Aktion deiner Wahl, beobachte die Wirkung, speichere das. So funktioniert das grundlegende Lernen. Nicht die höheren kognitiven Fähigkeiten wie Lesen oder Rechnen. Wenn man sich also fragt, wie man selber am besten lernt, hat man die Antwort darauf, wie ein Hund am besten lernt. Die neurologischen Prozesse dabei sind die gleichen.

    Oh, da vergleichst du ja wirklich Welten - kognitive Fähigkeiten sind auch schon Sachen wie:
    Ich bringe meinem Hund bei, wie zwei Spielzeuge heißen. Dann lege ich ein drittes dazu und sage einen unbekannten Namen und der Hund bringt das ihm unbekannte Spielzeug.
    Ich habe erst von einem Fall gehört, wo das geklappt hat und es ist wahrlich bemerkenswert, weil es zeigt, dass Hunde kognitiv denken können. Macht aber auch deutlich, auf was sich das beschränkt.

    Natürlich hast du Recht, dass es - ganz stark vereinfacht - das Ursache-Wirkungs-Prinzip ist, aber man kann es auch da nicht mit uns vergleichen. Habe da sogar ein schönes Beispiel aus eigener Erfahrung:
    Meine ehemalige Hündin hatte furchtbare Angst bei Gewitter.
    Ein Mal kam sie während eines tobte in die Küche und es donnerte. Sie rannte verängstigt weg.
    Als die sich wieder in die Küche traute, donnerte es erneut.
    Und zack hat sie eine Woche die Küche nicht betreten.
    So eine Verknüpfung würde kein Mensch herstellen, dem Hund fehlt aber das kognitive Verständnis dafür, dass das gar nicht der Auslöser gewesen sein kann.

    Und das ist auch das Heikle am Strafen. Ich kann schwerlich sagen, dass der Hund wirklich sein Handeln mit der Strafe verknüpft. Im ungünstigen Fall sieht er in den Momenten zufällig jedes Mal einen Menschen mit Hut und verknüpft, dass dieser die Ursache ist.

    Also wenn ich nicht wüsste, warum mein Hund einen Zahn verloren hat - er also nichts gefressen hat, woran er sich den hätte abbrechen können - würde ich auf jeden Fall zum Tierarzt gehen.
    Zähne fallen ja nicht einfach so aus und sollte dem doch so sein, kann ich mir gut vorstellen, dass es nicht nur diesen einen Zahn betroffen hat.

    Mir zumindest würde das nicht so richtig Ruhe lassen :ka:

    Liebe Grüße und gute Besserung dem Zwerg!