Zitat
Ich finde, das ist eine Kernaussage.
Das find ich auch.
Eine positive Strafe muss, wenn denn schon notwendig, direkt und souverän und klar erteilt werden.
Sie sollte niemals aus Verzweiflung, Hilflosigkeit oder situationsungebunden erteilt werden, quasi "um dem Hund mal zu zeigen, wer de Chef ist". Sowas versteht ein Hund nämlich nicht.
Eine klare (auch körperliche) Reaktion auf ein (soziales) Fehlverhalten des Hundes wird nach meiner Erfahrung sehr gut verstanden - auch von sensiblen Typen.
Trotzdem ist es natürlich wichtig hier maßvoll nach Charakter des Hundes zu entscheiden, wie und wie intensiv man straft. Bei einem sensiblen Collie reicht vielleicht ein scharfes Wort um die Welt für ihn unter gehen zu lassen, was wiederum den rüpelhaften Jungschäfi mal so gar nicht beeindruckt oder auch nur interessiert.
Außerdem darf eine Strafe als Folge auf ein nicht befolgtes Abbruchsignal, in meinen Augen, nie gesetzt werden, ohne das dem Hund ein Alternativverhalten angeboten wird, was er selbstverständlich auch beherrschen sollte und was eben ohne Strafe komplett positiv aufgebaut wird.
Ich darf also nicht nur sagen: "Das nicht!" sondern eben: "Das nicht - dafür das!"
Tue ich das nicht entsteht eine Art "Handlungsvakuum". Das es ein Vakuum im Handeln nicht gibt, also ein "Nichts tun" wird der Hund, wenn ich ihm nicht sage, was er statt der verbotenen Handlung tun soll, einfach irgendwas anders tun - im Zweifel schlimmeres, als er vorher schon getan hat. Oder erfährt halt einfach mit dem fort, was er vorher tat. Oder, noch schlimmer, er verfällt ins Meiden.
Wichtig finde ich auch, anzumerken das eben Hunde gibt, bei denen man so gut wie keinenerlei positive Strafen braucht, oder nur sehr milde. Ich würde vermuten, das ist sogar der größere Teil der Hunde, wenn man davon ausgeht, das mit diesen von Welpenbeinen an souverän und konsequent umgegangen wurde (was ja leider in den wenigsten Fällen zu trifft).
Muss man später Fehler ausbügeln, kommen wir zu einem Punkt, den ich sehr wichtig finde:
Zitat
Hätte ich Monate vorher schon auf mein Bauchgefühl gehört, hätte ich mir, den anderen Hunden und vor allem meiner Hündin selbst sehr viel Stress erspart.
In meine Augen passt hier das Sprichwort ganz gut "Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende".
Der Stress, dem viele (gerade aus Unsicherheit pöbelnde) Hunde während einer langen, oft schleichend voranschreitenden Trainingsphase ausgesetzt sind, steht für mich in vielen Fällen in keinem Verhältnis zu dem kurzen, punktuellen Stress, der eine gut gesetzte, wie auch immer geartete "Ansage" auslöst.Selbstverständlich rede ich hier nicht von schwer traumatisierten, verängstigten Hunden, hinter Frauchens Beinen kreischend in sich zusammen sacken, wenn sich ein Hund nähert. In solchen Fällen haben auch vereinzelte Strafen absolut nichts zu suchen.
Das lange, uneffektive Training machen meistens allein schon die Umstände - egal wie bemüht oder konsequent ein Halter sein mag.
Nicht jeder hat die Möglichkeit ein ewig langes ausschließlich positives Training mit sich verringernden Distanzen und Erregungsleveln durchzuführen - ohne im dauernd Alltag Rückschritte zu machen. Denn Distanzen und Erregungslevel sind nur auf dem Hundeplatz genau dosier- und vorhersehbar...
Wenn ich also für mich nochmal zusammenfasse:
-Ja, ich setzte durchaus positive Strafen ein. Wenn auch möglichst selten.
-Nein, ich halte sie nicht für jeden Hund für zwanghaft nötig oder angebracht.
-Positive Strafen haben in der Dressur (also beim erlernen von neuen, nichtsozialen Verhaltensweisen wie "Sitz", "Fuß gehen" etc.) absolut NICHTS verloren.
Sie haben für mich nur Berechtigung als Reaktion auf ein soziales Fehlverhaltens des Hundes mir gegenüber.
-Positive Strafe als Grundlage für eine Erziehung oder als "Trainingsmethode" lehne ich strikt ab.
-Abbruch über Strafe darf nie "ins Leere laufen", sondern muss in ein Alternativverhalten umgelenkt werden.
-Ja, ich halte positive Strafen für artgerecht, denn korrekt ausgeführt und wohl plaziert sind sie genau das, was Hunde untereinander tun und somit auch verstehen.
-Ja, beim positiven Strafen kann viel schief gehen.
Allerdings nur dann, wenn man sie für den Hund unverständlich einsetzt.
Trotzdem bleiben sie für mich deshalb "das letzte Mittel" was ich jemandem, insbesondere unerfahrenen, im Lesen von Hundeverhalten ungeschulten Hundehaltern, empfehlen würde.
-Positive Strafe muss, wenn überhaupt angewandt, immer situativ gebunden (also als Reaktion) erfolgen.
-Positive Strafe sollte, wenn überhaupt angewandt, kurz und klar erfolgen. Nachtragend sein ist völlig fehl am Platz.
-Positive Strafe muss, wenn überhaupt angewandt, je nach Sensibilität des Hundes sehr überlegt und wohl dosiert sein.
-Ja, ich bin der Meinung, dass eine Strafe manchmal fairer (weil verständlicher für den Hund) ist, als ewig langes, aber uneffektives ausschließlich "positives" Training.
-Ja, ich bin der Meinung, dass es Hundecharaktertypen gibt (wenn auch nicht viele), denen man auch körperlich Grenzen aufzeigen muss, damit sie einen wirklich für voll nehmen.