Beiträge von Lucanouk

    Pfännle,

    ich würde einen Trainer draufschauen lassen, der sich mit dem Thema Mehrhundehaltung/Gruppenführung auskennt.

    Also ein Hundetrainer, der selbst ne kleine Meute führt, Mehrhundehaltung in Pensionen betreibt oder z.B. als Dogwalker arbeitet.

    Ratschläge übers Netz finde ich hier nicht sinnvoll - mal abgesehen von Mangamentstrategien (wie z.B. das Trennen der Hunde, wenn sie alleine sein, mehr Ruhe in der Begrüßung etc. pp. ) - die finde ich natürlich gut.

    Eventuell liegt hier nämlich noch ein viel tieferes Beziehungsproblem zwischen dir und Madame Terrier zugrunde, das zuerst behoben werden muss, wenn man hier eine Änderung möchte.

    Dabei kann dir am besten jemand helfen, der von außen auf euch als Team schaut.

    @Liv: Der Drängler wird bei eurer Methode allerdings auch positiv bestärkt - fürs Drängeln.

    Und der Wartende wird eigentlich erst einmal bestraft - dafür, dass er eine bessere Impulskontrolle hat.

    Finde ich persönlich ein bisschen unglücklich.

    Zum Thema "freiwillige Unterwerfung": Natürlich muss der Hund die Gesten der passiven Unterwerfung selbst zeigen - wenn Hund A Hund B plattwalzt und dieser von unten weiterknurrt, hat das z.B. wenig mit Unterwerfung zu tun.

    Jedoch kann der überlegene Hund diese Gesten auch einfordern - mit Blicken, Körpersprache und auch mit Körpereinsatz (Umschmeißen etc. pp.).

    So ganz freiwillig ist das nicht immer ;)

    Zitat

    Und bei Hunden, sowie Wildhunden ist dies nicht vorzufinden. Diese Tiere leben semi-solitär. Dazu gibt es genaue Beobachtungen.
    Leben Hunde über einen längeren Zeitraum aus Ressourcengründen zusammen, dann bilden sich situative Dominanzen und Beziehungen aus.

    Kareki, woher hast du die Annahme, dass Hunde semi-solitär leben würden?

    Ich kenne ebenfalls genaue Beobachtungen zum Thema und du kannst Streuner und co ganz häufig in Gruppen antreffen - alleine eher ganz, ganz selten (Eigentlich so gut wie nie.).

    Die Leute, die ich kenne, die im Auslandstierschutz arbeiten, berichten auch immer wieder von Kleingruppen, die gemeinsam auf Futtersuche gehen - selten sieht man mal einzelne Hunde, die wirklich den kompletten Tag alleine verbringen.

    Die Verbände sind hier eher lose, aber trotzdem sind sie vorhanden.

    Die hündisches Bindungsbereitschaft an den Menschen hat ihre Wurzeln - biologisch gesehen - ebenfalls im wölfischen Rudelverhalten.

    Wären Hunde semi-solitär, würden sie sich wohl kaum so stark an den Menschen binden.

    Und - wie gesagt - bei Hundegruppen, die sich wirklich in der Wildnis durchschlagen müssen, gibt es tatsächlich so etwas wie feste Rudel.

    Menke hat dazu nen tollen Beitrag verfasst:

    Zitat

    Der Hund stammt genetische eindeutig vom Wolf ab, umso mehr erstaunet es, dass wildlebende Hunde tatsächlich nie Rudelstrukturen wie Wölfe ausbilden. Es fehlt die enge, lebenslange Paarbildung, die Monogamie der Wolfsrüden und die kooperative Jagt. Solitär leben wilde Hunde allerdings nur für längere Zeit, wenn sie stark verfolgt werden und ihre sozialen Strukturen dadurch immer wieder zerstört werden (z.B. bejagte verwilderte Hunde in Nordamerika, Straßenhunde im Mittelmeerraum). Nicht verfolgte wilde und halbwilde Hunde (Straßenhunde z.T. in Russland, afrikanische Dorfhunde, Blochs "Pizzahunde") leben dagegen immer in Gruppen, aber eben nicht in Rudeln wie die Wölfe. es bildet sich eher eine "Fision-Fusion-System" heraus, in dem sich die Gesamtgruppe immer wieder in kleinere Untereinheiten aufteilt und wieder zusammen kommt (kennt man z.B. von Chimpansen, Delphinen, Elefanten und teilweise auch bei Wölfen).Dieses Sozialsystem fordert die Entwicklung einer sehr hohen sozialen Intelligenz - genau im Gegensatz zum solitären Sozialsystem, daher mein Problem mit diesem Begriff. Es ist schon seltsam, dass Hunde das Rudelsystem des Wolfes NIE ausbilden, wenn sie die Wahl haben, daher könnte es sein, dass die letzten gemeinsamen Vorfahren von Wolf und Hund dieses System noch nicht hatten. Aber den Hund als solitär zu bezeichnen, nur weil er bei starker Verfolgung so lebt, halte ich für ebenso falsch, wie die streng aggressiv-hierarchische Struktur von Nicht-verwandten Gehegewölfen für "ursprüngliches Hundeverhalten" zu halten.

    Zum Begriff Rudel (pack): In der Verhaltensforschung hat sich dieser Begriff für eine bestimmte Form des Gruppenlebens eingebürgert, nämlich für Raubtiere, die in festen sozialen Gruppen leben, sich untereinander kennen und bei der Jagd und der Aufzucht der Jungen kooperieren. Beispiele sind Löwen, Hyänen, Afrikanisch Wildhunde oder Wölfe. Solche Rudel bilden verwilderte Hunde eindeutig nicht.
    In der Hundeszene ist es zumindest in Deutschland üblich, den Begriff Rudel für die Familiengruppe des Hundes zu verwenden, also einen oder mehre Menschen und einen oder mehrere Hunde, die ständig zusammenleben und individuelle soziale Beziehungen zueinander haben.

    Das eine ist natürlich nicht falscher als das andere, falsch wird es nur, wenn man diese beiden Arten von "Rudel" vermischt und behauptet, weil Wolfsrudel SO funktionieren muss das im Mensch-Hund "Rudel" auch SO sein. Und wenn die Erkenntnis über Wölfe dann noch aus Gefangenschaftsbeobachtungen kommt, wird es kritisch.

    Zitat

    oh dass Hunde andere Hunde umschmeissen/drüberstehen/niedrringen bezweifel ich auch nicht, das hat aber nichts mit Aktiver oder Passiver Demut/Unterwerfung zu tun?!

    Jetzt hab ich deinen Beitrag verstanden, Claudi :)

    Mit aktiver Unterwerfung hat das alles natürlich nix zu tun.

    Mit passiver Demut dafür umso mehr: Passive Unterwerfung kannst du häufig nach dem Umschmeißen finden - der "Begrabene" liegt unten, dreht den Kopf zur Seite, vermeidet Blickkontakt und zeigt alle Zeichen, bis er wieder aufstehen darf.

    Zitat

    Klingt für mich nach der logischen Konsequenz auf das Missachten von Drohsignalen. Und dass ein überraschter oder schwächerer Hund nach so einer Attacke auf dem Rücken liegt ist auch nur verständlich, wenn der umgeworfen wurde. Das heisst doch aber nicht, dass er das nicht trotzdem kacke findet oder nicht versucht davonzukommen. Das ist für mich eine normale aggressive Auseinandersetzung mit Bewegungseinschränkung wie sie tausendfach täglich zwischen verschiedensten Hunden passiert.

    Für mich hat das weder was mit "einordnen" noch "unterwerfen" in dem Sinne zu tun, "damit der Liegende weiß wo sein Platz in der Hierarchie ist" oder sonstwie einen Rang aufgedrückt bekommt.

    Beziehungen unter zusammenlebenden Hunden werden meiner Meinung nach anders gebildet, gefestigt und aufrecht erhalten. Um mal wieder auf das "Rudeltier" zurückzukommen :hust:

    Meistens - nicht immer - sind solche Bewegungseinschränkungen als Maßreglung von unerwünschtem Verhalten gedacht - das hab ich auch so beobachtet.

    Jedoch enden diese Maßregelungen bei statusbewussten/despotischen Hunden in einer Klarstellung der beziehungsspezifischen Verhältnisse, die passive Unterwerfung wird quasi eingefordert und der Hund darf sich erst wieder bewegen, wenn er sich klar zu einer unteren Stellung gegenüber dem anderen Rüden bekannt hat.

    Ich kenne tatsächlich Hunde, für die danach "alles klar" ist: "Du ordnest dich unter, dann darfste atmen."

    Der andere lag unten, weil die passive Unterwerfung eingefordert wurde und die beiden haben keinen Konflikt mehr bzw. der Vorrang bei wichtigen Ressourcen gebührt dem, der drüberstand.

    Mit Rangfolge hat das wiederum sehr wenig zu tun.

    Natürlich muss der untenliegende die passive Demut zeigen - erzwingen kann man das nicht. Da hat Kareki ganz recht :)

    Nach meinen Beobachtungen sind gerade Hunde, die es mit "Plattliegen" versuchen ziemlich erfolglos, sobald sie auf einen eher starken "Gegner" treffen.

    Allerdings gibt es Hunde, die den anderen tatsächlich mit Wucht umschmeißen und dem anderen dann nur noch mit Blicken "sagen", was sie von ihm verlangen: Unterwerfung.

    Das ist eine Einforderung von Unterwerfungsgesten, die teilweise für bestimmte Hundetypen in festen Gruppen sehr viel wichtiger ist, als für andere.

    Hier kann man auch von rassespezifischen Unterschieden sprechen.

    Und genau solche Hunde meine ich mit meinen Ausführungen: Die stehen dann locker drüber und lassen den anderen erst aufstehen, wenn sie es selbst für richtig halten (Normalerweise, wenn er ruhig liegt.)

    Ich glaube, Beziehungen unter zusammenlebenden Hunden sind sehr verschieden und sehr komplex.

    Wenn z.B. ein Junghund zu nem Älteren kommt, ist es häufig so, dass passive/aktive Unterwerfung von sich aus angeboten wird - damit sind bestimmte Dinge klargestellt und manchmal werden diese mit Geschlechtsreife noch einmal in Frage gestellt.

    Kommen aber z.B. zwei ältere, eher statusbewusste Rüden zusammen, kann es sein, dass es anfangs kracht und dann sind die beiden ein Dreamteam - das geht nur, wenn klar ist, wer im Zweifel den Vorrang erhält.

    Wenn hingegen zwei Hunde zusammenkommen, denen Status und Co nix bedeuten, sieht das Ganze schon komplett anders aus - da hast du teilweise gar keinen "Chef" im Bunde, einfach, weil so etwas den beiden nicht wichtig ist.

    Bei gegengeschlechtlichen Hunden sieht es auch häufig so aus.

    Straßenhunde finden sich meistens eher zu lockeren Gruppen zusammen - hier sind Statusfragen häufig nicht so wichtig, weil die Hunde sowieso locker zusamenleben und keinen festen Verband gründen.

    Allerdings sieht das bei wildlebenden Hunden in den Bergen/Wäldern komplett anders aus.

    Hier bilden sich quasi rudelartige Strukturen: Die Hunde sind häufig eng miteinander verwandt , es gibt ein Elternpaar, dass die Gruppe anleitet und es gibt klare Strukturen.
    Solche Gruppen können unter Umständen teilweise sehr viel hirarchischer angeordnet sein, als Wolfsfamilien, wahrscheinlich, weil es in solchen Gruppen vermehrt zu Zuwanderungen kommt, was bei Wölfen eher selten ist.

    Übrigens lösen sich auch Wolfsrudel in Teilen auf: Geschlechtsreife Mitglieder wandern irgendwann ab und machen nen "eigenen Laden" auf.

    Die Kinder bleiben eigentlich niemals ewig bei ihren Eltern.

    Unsere Haushunde leben natürlich nicht im Rudel, weil unsere Gruppen ja nicht natürlich gewachsen sind. Trotzdem gibt es - ja nach Charakter - rudelartige Strukturen auch zwischen zusammenlebenden Hunden.

    Ich kenne Gruppen, die eigentlich null miteinander agieren und auch ganz gut ohne den anderen können.

    Und ich kenne wiederum andere Gruppen, die miteinander kontaktliegen, jedes Mitglied beschützen, im Verband jagen gehen würden (wenn man sie ließe) etc. pp.

    Bei diesen Gruppen würde ich schon von rudelähnlichen Strukturen sprechen, nicht aber von echten Rudeln.

    Streng genommen sind das alle keine Rudel, sondern bestenfalls gut organisierte Sozialverbände und schlechtenfalls lose Sozialverbände von Individuen.

    Meine Dogwalkergruppe hat im Übrigen gar nix mit nem Rudel gemeinsam, außer der Tatsache, dass sich die Stammhunde wohl geschlossen gegen Gefahren verteidigen würden.

    Zitat

    Hast du das schonmal gesehen und kannst das mal beschreiben? In welchem Zusammenhang oder aus welcher Situation entstand das?

    Claudi, ich hab das sogar auf Video irgendwo rumliegen...und ich kenn mehrere Hunde, die das tatsächlich machen.

    Eine Malamutemixhündin hat ihre Schnüss immer ganz weit aufgemacht, in den Nacken des anderen Hundes gelegt und ihn herumgedreht - immer dann, wenn der andere Hund zudringlich wurde und andere Signale (Blicke, Drohverhalten, Schnauzengriff) nicht verstand.

    Diese Hündin ist sowieso n bissel special in allem, was sie tut. Ich hab noch niemals einen so sauber und konsequent kommunizierenden Hund gesehen wie sie :)

    Luca schmeißt andere Hunde auch um - manchmal mit nur einem Blick, manchmal mit nem Rempler, manchmal auch mit vollem Körpereinsatz - je nach Situation.

    Richtige Klopper schmeißen sich selten freiwillig in den Staub, da braucht es manchmal mehr als nur reine Körpersprache.

    Was ich bei ihm auch schon gesehen hab: Er packt in Kloppereien zwischen zwei Hunden den Aggressor mit den Vorderpfoten an der Hüfte und zieht ihn aus der Klopperei, um ihn danach zu fixieren, bis er runterkommt.

    Weitere "Umschmeißer" hab ich auch schon auf Rauferseminaren gesehen.

    Ganz eindrucksvoll war hier der Dogo Argentino im Video: Der hat den Gegner wirklich eins-fix-drei auf den Rücken gepinnt und dann war erst einmal Schicht im Schacht.

    Ich hab allerdings auch schon erlebt, wie ein mental schwächerer, aber körperlich starker Hund einen mental stärkeren, aber körperlich unterlegenen Hund versucht hat, auf den Rücken zu drehen - und zwar mit vollem Körpereinsatz.

    Das hat nicht funktioniert, weil die Stärke im Kopf gefehlt hat.

    Zitat

    Und genau darum geht es überhauot nicht und das weißt du.
    Es geht hier um die Fälle, die leider sehr oft auch in Deutschalng gestehen, die das Lernverhalten maßgeblich (negativ) beeinflussen.

    Ginge es nach dieser deiner Ausführung, hätte gar niemand je einen Hund mit Deprivationsschaden, weil er sonst gar nicht mit diesem Hund leben könnte.
    Und ich finde es nun ziemlich nicht zielführend mit dieser Sache um die Ecke zu kommen, weil du es eigentlich besser wissen müsstest.

    Aber einfach mal zu behaupten, dass man das "mit der richtigen Art und Weise" bis zu Pubertät geradebiegen kann, dann auch noch ohne Quelle... bringt mich nicht weiter.

    Geradebiegen? Hab ich das gesagt?

    Ohne Quelle? Nur weil es nicht im Netz steht? Ich hab dir doch Quellen genannt, nur weiß ich die genauen Publikationsdaten nicht - dazu ist es zu lang her.

    Aber man findet wirklich ne Menge in wissenschaftlichen Abhandlungen über Deprivationsschäden im Humanbereich. Vielleicht nicht im Netz -vielleicht müsste man dazu tiefer in die Materie einsteigen, Kareki :)

    Es gibt doch genügend Fachliteratur zum Thema.

    Im übrigen muss man vielleicht zwischen Deprivationsschäden und Sozialisationsschäden unterscheiden - Hospitalismus und Co lassen sich sicherlich nicht mit Instabilitäten im Umwelt- und Lernverhalten gleichstellen.

    BTW: Mein Rüde hat auch unglaublich starke Probleme im Generalisieren. Gerade, wenn es um verschiedene Untergründe geht, hat er unglaubliche Defizite (Treppen sind böse, glatte Böden sind böse, Fahrbahnmarkierungen sind böse.) Er muss jedes dieser Dinge einzeln kennen lernen, weil er definitiv Defizite in der Umweltsozialisation hat.

    Aber sein Verhalten mit Hospitalismus und Co auf eine Stufe zu stellen - auf diese Idee käme ich niemals.

    Ziggy, Kaham und BigJoy: :gut: