Zitat
Das hat er aber ja, wenn er die Hündin an der Leine hat und mit allen Kräften versucht einen aufdringlichen Rüden abzuwehren.
Kommt es trotzdem zum Deckakt, dann wüsste ich nicht, worin sich eine Mitschuld begründen sollte.
Ja, das habe ich so auch gedacht - ist aber leider nicht korrekt, siehe hier:
Quelle: http://www.rechtsanwaeltin-neubert.de/artikel/artikel_deckakt.html
Unerwünschter Deckakt - wer muß haften?
Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie beobachten eine Frau, die mit einer Hündin an der Leine spazieren geht. Nun kommt ein frei laufender Mischlingsrüde des Weges. Dieser reckt seine Nase in die Höhe, wittert die, wie sich nun herausstellt, läufige Hündin und ist nicht mehr zu halten. Der Besitzerin der Hündin gelingt es nicht, den Rüden von ihrer Hündin fernzuhalten und es kommt zum Deckakt. Nun stellt sich die spannende Frage, welcher der beiden Hundebesitzer für die hierbei entstehenden "Schäden" haften muß. In Betracht kommen hier z.B. Tierarztkosten für einen Schwangerschaftsabbruch oder die Kosten für Aufzucht und Vermittlung der Mischlingswelpen sowie gegebenenfalls Verdienstausfall, wenn die Hündin zur Zucht bestimmt war.
Als Ausgangspunkt zur Beantwortung dieser Frage soll ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1976 dienen (vgl. BGHZ 67, 129 ff). In diesem Urteil stellte der BGH zunächst fest, dass der Halter eines Tieres grundsätzlich für den Schaden einzustehen hat, den dieses aufgrund seiner Unberechenbarkeit, gemeint war hier das Decken einer Hündin, anrichtet (§ 833 BGB - Haftung des Hundehalters). Nun könnte man meinen, damit wäre die Ausgangsfrage eindeutig beantwortet. Jedoch führte der BGH in seinem Urteil weiter aus, dass diese den Rüdenbesitzer treffende Haftung durch das eigene Mitverschulden der Besitzerin der Hündin und durch die von deren Hündin ausgehende sog. Tiergefahr im konkreten Fall ausgeschlossen war, § 254 BGB. Ja, wer haftet denn nun?
Zur weiteren Beantwortung dieser Frage sei zunächst der der Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt dargestellt:
Die Klägerin führte ihre damals läufige, reinrassige Chow-Chow-Zuchthündin angeleint auf der Straße spazieren. Hierbei begegnete sie dem frei herumlaufenden Rüden des Beklagten, der ihre Hündin deckte, wobei ihre Versuche, dies zu verhindern, scheiterten. Die Klägerin forderte vom Beklagten die Tierarztkosten für die Schwangerschaftsunterbrechung und die Behandlung der dadurch eingetretenen Gebärmutterentzündung sowie den ihr durch den unerwünschten Deckakt angeblich entgangenen Verdienst. Die Klage wurde in erster Instanz abgewiesen, auch die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Das Berufungsgericht verneinte sogar die Anwendung des § 833 BGB, der Tierhalterhaftung. Zur Begründung führte es aus, dass der Tierhalter lediglich für "willkürliches" Verhalten seines Tieres zu haften habe. Der Rüde habe aber bei dem hier relevanten Deckakt "natürliches" Verhalten gezeigt.
Hiergegen wandte sich nun aber der Bundesgerichtshof im Rahmen des Revisionsverfahrens, welches für die Klägerin im Ergebnis allerdings ebenfalls ohne Erfolg blieb. Der BGH führte aus, daß nach den Erkenntnissen der Tierverhaltensforschung die Reaktion eines Tieres gerade nicht "willkürlich", sondern als im tierischen Organismus angelegte Reaktion auf einen auslösenden Reiz eher zwangsläufig sei. Das Tier verhalte sich gemäß angeborenen oder erworbenen Instinktprogrammen. Im Ergebnis müsse der Tierhalter für all das einstehen, was infolge der daraus resultierenden tierischen Unberechenbarkeit an Schaden entstehe. § 833 BGB sei danach also auch bei einem unerwünschten Deckakt grundsätzlich anwendbar. Allerdings führte der BGH weiter aus, dass die den Rüdenbesitzer nun treffende Haftung nach § 833 BGB durch das eigene Mitverschulden der Klägerin gemäß § 254 BGB ausgeschlossen war. Denn die Klägerin habe gewusst, dass ihre Hündin läufig war. Werde die Hündin während der kurzen Zeit ihrer "Hitze" ausgeführt, so sei der Halter zur Vermeidung eigenen Schadens nicht nur gehalten, sie nicht frei herumlaufen zu lassen, sondern, falls er sie überhaupt ausführt, noch weitere Schutzvorkehrungen zu treffen, wie sie bei einer Hündin möglich seien. Ansonsten habe er sie an einem Ort auszuführen, wo mit Hunden nicht zu rechnen sei. Es sei jedenfalls nicht ausreichend gewesen, die Hündin nur an der Leine zu halten.