Mein Ersthund, Bolle, kastr., ca 5 oder 6 Jahre alt, Wolfsspitzmix, Auslandstierschutz, lebt seit Dezember bei uns.
Bolle ist im Bewegungsapparat eingeschränkt (dazu mache ich mal einen separaten Post) und er ist nicht unbedingt pfiffig und sensibel. Im Hundekontakt habe ich oft das Gefühl, dass er ein bisschen retardiert ist, feine Signale nicht liest und einfach ein Blödkopp ist, Typ Mallorca: Hüftschaden und besoffen.
Er würde am liebsten auf jeden zweiten Hund zurennen, ist da ziemlich distanzlos, hält es für die bestmögliche Kontaktaufnahme den anderen Hund auf den Kopf zu pföteln, dabei seinen Kopf schiefzulegen, die Zunge raushängen zu lassen und zu hopsen. Ich habe das Gefühl, dass er ein Trottel ist, der eigentlich in Vorderkörpertiefstellung durchs Leben wuseln würde, wenn sein Bewegungsapparat das zulassen würde.
Bei 80% aller Menschen wäre Bolle ein klassischer Tutnix.
Da Bolle aber sauber abrufbar ist, kann er trotzdem oft Freilauf genießen und brettert nicht in andere Hunde rein - weil verboten.
Er ist ein netter Kerl, der von intakten Rüden sehr häufig sexuell belästigt wird, der eigentlich gern spielt und ein Erregungslevel 7/10 hat, wenn wir andere Hunde treffen, aber auch schnell überfordert ist (Hundespielwiese hier ist z.T. sehr nett, zum Teil aber einfach Anarchohausen und unterträglich) und seine Lieblingsübersprungshandlung als Exitsstrategie nutzt: Stöckchen schnappen, hinlegen, Stöckchen zernagen.
Aber auch er kann zum 'sexuellen Belästiger' werden und auch er kann situationsabhängig prolliger sein, etwa wenn jemand in seiner distanzlosen Art auf ihn zuhopst.
Im Großen und Ganzen kann man mit Bolle super zufrieden sein, man kann halt nur ausgewählte Hundekontakte länger zulassen, wo man weiß, dass ein Spiel funktioniert und keiner gestresst wird.
Meine Pflegehündin, Alma, 3 Jahre alt, kastr., Auslandstierschutz, hat Bolle am ersten Tag schon ein wenig animiert, ihn angepfötelt, den Bow gezeigt, ihm hier und da die Lefze geleckt, war dabei aber kein bisschen schüchtern oder unterwürfig.
Und irgendwie dachte ich romantisch verklärt, dass sich daraus eine innige Liebe entwickeln würde. Ist aber nicht so. Die gehen sich inzwischen ziemlich aus dem Weg. Also, sie liegen mal zusammen Popo an Popo auf dem Sofa, sie fressen nebeneinander, sie fetzen sich nicht. Aber sie spielen halt auch nicht und suchen jetzt auch nicht die große Wir-knutschen-unterm-Regenbogen-Gemeinsamkeit.
In Hundebegegnungen war sie bisher toll. Sie kommuniziert sehr eindeutig, ist nicht generell unsicher, sagt knapp Bescheid, wenn's ihr zu viel wird, sucht aber schon eher den Kontakt.
Heute war mein Partner mit beiden draußen (das ist sehr häufig so) und der berichtete von einer Situation, die mich rasend macht, weil das genau der Scheiß ist, den ich absolut nicht haben kann und der bei mir auch so nicht passiert. Bolle ohne Leine, sieht irgendwo andere Hunde, will hin, rennt in Almas Leine, erschreckt, Alma erschreckt auch, mein Partner lässt die Leine fallen und unsere beiden Hunde brettert volles Mett in die anderen Hunde. Ich schäme mich in Grund und Boden. Mein Partner sich auch. Die Hunde sich natürlich nicht. Wie unsagbar peinlich und blöd, wir haben fremde Leute getutnixt. Und Alma, die blöde Nuss, hat den einen fremden Hund wohl auch gestellt und war ganz und gar nicht tutnixig, sondern ne Arschkrampe.
Abgesehen von der Scham, Schuld und Schande der Situation, mein Partner hat sich natürlich eine Milliarde Mal entschuldigt, und abgesehen davon, dass das aus verschiedenen anderen Gründen auch noch saublöd war (Auslandstierschutz in Sicherheitsgeschirr, da lässt man einfach nicht die Leine fallen) mache ich mir jetzt auch Stress damit, was das mit Bolle macht.