Viele der wirklich guten VDH-Züchter der Rasse Labrador die ich kenne bzw. wo ich gerne einen Hund gekauft hätte, sind halt auch mittlerweile in den Ruhestand gegangen ... der junge Nachwuchs fehlt, der die Zeit investieren möchte, die eine seriöse Zucht wahrlich kostet. Und natürlich die Liebe zum Hund, bzw. zur Rasse.
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Bei anderen Rassen weiß ich nicht, ob es ähnlich ist. Aber sicher stirbt die ernsthaftere Zucht von Hunden irgendwann aus ... zu teuer, zu zeitaufwendig.
Wenn es nur an der Liebe zur Rasse und Zeit investieren wollen scheitern würde, dann hätte ich schon vor 5 Jahren nen Zwinger angemeldet und mein letzter Hund vor 2 Jahren wäre bereits eine Hündin statt ein Rüde geworden und ich hätte vielleicht kommendes Jahr oder das Jahr danach eigene Nachzucht.
Man kann schon sehr ernsthaft und sehr leidenschaftlich sein und trotzdem fehlen die heute benötigten Vorraussetzungen. Man muss eigentlich schon im Eigentum mit Garten leben (idealerweise außerorts, da sonst die Gemeinde Stress machen kann bei Haltung von mehrere Hunden + Zucht innerorts), meistens bauliche Veränderungen für Wurfzimmer, Auslauf usw vornehmen, man muss wahnsinnig viel Zeit haben (oder einen Partner, der nicht arbeitet), man muss erstmal tausende von Euros in die Hunde stecken (Kaufpreis + bei vielen Rassen Importkosten, Körung, Untersuchungen, eventuell Sport, wahrscheinlich auch mindestens ein paar Ausstellungen), in die Zuchtstätte stecken (wie gesagt: bauliche Veränderungen), in den Verein stecken (Mitgliedsgebühren, Zwingernamen schützen lassen, Zwingeranmeldung und - abnahme, später kostet dann weiterhin jeder Fitzel Papier bzw dessen Bearbeitung), bevor man überhaupt das erste Mal Welpen hat.
Das wird einfach grade für die jüngeren Leute, für den Nachwuchs, den die Zuchtvereine DRINGEND brauchen, neben einem normalen Leben mit VZ-Beruf (den man braucht, weil man es sonst finanziell unmöglich schafft) fast unmöglich.
Guckt euch doch mal an, wann die ganzen guten, tollen Altzüchter angefangen haben zu züchten, die wirklich was geschafft haben mit ihren Linien - die waren oft grade mal in ihren 20ern bei ihren ersten Würfen und sind dann für 40, 50 Jahre dabeigebleiben. Da war das alles noch nicht ganz so streng wie heute... ich hab da wortwörtlich gehört, und nicht nur von einem "Wenn das alles damals schon so gewesen wäre, ich würde heute nicht mehr selber züchten, ich würde mir nen netten Hund kaufen und fertig, das macht ja so keine Freude mehr!"
Die sterben jetzt alle und solche Leute kommen nicht mehr nach. Statt dessen kommen lauter Leute nach, die anfangen zu züchten, wenn sie in (Früh)rente gehen bzw wenn die Kinder aus dem Haus sind, und die endlich an einem Punkt im Leben sind, wo sie die ganze Vorraussetzungen halbwegs erfüllen können. Die machen dann 2-4 Würfe und dann ist Sense.
Und das ist alles noch OHNE das auch nicht kleine Hemmnis, dass die Klickenbildung und Vetternwirtschaft in Vereinen darstellt. (Das sehe ich nicht als größtes Problem, aber das kommt dazu).
Ganz ehrlich, ich kann jeden verstehen, der eine populäre Rasse züchtet, wo es ne gute Nachfrage gibt und die man auch ohne Papiere gut loswird, wenn er sich dieser Schikane nicht aussetzt. Man kann die Welpen trotzdem liebevoll aufziehen und Spaß dran haben und ja (Frevel... das kann ja gar nicht wahr sein...) bei den meisten nicht allzusehr vorbelasteten Rassen sogar einigermaßen gesunde Hunde züchten, man kann trotzdem gute Plätze für sie suchen und man hat erheblich weniger Kosten und Stress außenrum.
Wenn ich das mal mit Finnland vergleiche, wo ein sehr hoher Anteil der ganz normalen Familienhunde Rassehunde mit FCI-Papier sind...
Da musst du nichtmal im Rassezuchtverein Mitglied sein um einen Zwinger anzumelden, du musst nichtmal einen Zwinger angemeldet haben um für deine Welpen volle Papiere zu bekommen, solange die Eltern korrekte Papiere haben. Die Hunde müssen auch nicht angekört und somit auch nicht ausgestellt werden, wiederrum: Selber Papier haben reicht, damit die Welpen auch Papiere bekommen.
Manche Vereine schreiben manche Untersuchungen vor, andere empfehlen nur.
Mann muss den Zwinger nicht abnehmen lassen, man kann auch einen Wurf auf der dritten Etage machen und dann wenn die Welpen soweit sind, dass sie nicht mehr in der Wurfkiste bleiben, mitsamt dem Wurf ins Sommerhaus umziehen, interessiert keine Sau, ebensowenig wie die Größe deines Welpenauslaufes und die Beschaffenheit des Fußbodens deines Wurfzimmers. Die möchten im Abgabealter einen Beleg/ein protokoll haben, dass die Welpen tierärztlich untersucht und geimpft wurden, Wurfabnahme gibt es nicht.
Die Züchter da haben ziemlich große Augen gemacht, als ich erzählt hab, was ich alles vorweisen und machen und zahlen müsste, damit Welpen, die ich züchte, Papiere bekommen würde. "Wie, du musst deinen Hund vorstellen und dann enscheidet jemand anders, ob der eine... eine was, eine Zuchtzulassung bekommt? Und das lasst ihr euch gefallen, der hat doch volle Papiere, das ist doch deine Sache ob du mit dem züchtest oder nicht?"... "Wie, es kommt einer vom Verein der sich deine Welpen anguckt und DU musst die Anfahrt bezahlen? Warum das denn?!"
Dieses letzte Beispiel (Wurfabnahme mit anteiliger Fahrtkosteübernahme für den Zuchtwart) fand ich nun gar nicht so schlimm, aber für die war das ganz erstaunlich.
Trotzdem waren die FCI-Züchter, die ich dort kennengelernt hab, alle sehr engagiert und informiert und züchten auch sehr gute Hunde, legen auch viel Wert auf Sozialisierung und Gesundheit, es wird auch viel getestet. Manche Lösungen waren etwas unkonventioneller als hier (wie das oben genannte Beispiel mit dem Sommerhaus... die Züchterin lebte tatsächlich mit zwei Hündinnen und einem Rüden in der dritten Etage und zieht dann mit jedem Wurf wenn die Welpen ca. 3 Wochen alt sind mit Mann und Maus in das Sommerhäuschen ihrer Eltern).
Schwarze Schafe gibt es, aber nach allem, was ich aus Erzählungen gelernt hab und aus der hiesigen Szene weiß, auch nicht mehr als hier.
Eventuell kann man das nicht vergleichen, insgesamt höheres Bildungsniveau und kleinere Bevölkerung, aber ich fand das schon interessant.
Vielleicht haben sich die Zuchtvereine hier ihr Loch auch selber gegraben mit unrealistisch hohen Ansprüchen? Ich mein, es gibt wichige Sachen die man mMn auch gern überprüfen darf, die diversen Untersuchungen auf erbliche Krankheiten zum Beispiel und auch das Wesen.
Aber reicht es nicht ansonsten bzw ist es nicht vielleicht sogar besser, den Interessenten einfach einen Richtlinie an die Hand zu geben "Passt auf, so sieht gute Welpenaufzucht aus, bei unseren Züchtern und bei anderen, also achtet darauf - so sollte es sein, stellt Fragen, guckt hin... wir können keinen zwingen, aber IHR könnt es!"?
Manches ist vielleicht ein bisschen ketzerisch, aber vielleicht braucht es mal ein paar ketzerische Gedanken? Die alte Schiene mit "noch mehr Regeln, noch mehr Vorschriften" scheint ja auch nicht so super gut zu funktionieren, wenn die sinkenden Züchterzahlen und Welpenzahlen ein Indikator sind.
Selbst wenn sie die Qualität der gezüchteten Hunde deutlich verbesser würden (woran ich meine Zweifel hab, weil ich aus erster Hand weiß, dass im Ausland ohne diesen ganzen Wust ebenso gute Hunde gezüchtet werden), die Quantitär ist dann doch irgendwo auch entscheidend, alleine für den Fortbestand von Vereinen und für eine gute, gesunde, ausreichend große Zuchtbasis...