So schön zu lesen, daß Ihr langsam zusammenfindet
Ih kenn das von meinem aktuellen Jungspund. Anfangs ist er einfach vor mir hergerannt, ohne Kenntnis zu nehmen vom andren Ende der Leine *gg Dann hab ich angefangen, was zu tun, um da irgend sowas wie "Beziehung" hinzukriegen, mit dem Ziel, iiiirgendwann mal nen Hund zu haben, der sich unterwegs dessen bewußt ist, daß da noch wer dabei ist, daß man denjenigen mal um seine Meinung fragen könnte oder so 
Und inzwischen, ganz unmerklich, ist da sowas wie Zusammengehörigkeit entstanden. Wie sind noch weit entfernt von "Fokus auf Fraule" oder "sitzendem Gehorsam" - aber wir haben eine BH abgelegt, und es kommt doch tatsächlich vor, daß er nach mir schaut, er ist mit etwas Hilfe in der Lage, neben mir zu laufen, statt mich zu ziehen. Und ich bin dahintergestiegen, was er braucht, um halbwegs mit mir leben zu können. Und das sind bei ihm keine 5 Stunden Gassi am Tag, da haut´s ihm nämlich das Hirn raus als reizoffenem Hund, sondern mal so 30-Minuten-Gassirunden. Oder mal ne Einzelrunde in derselben Länge mit bissel arbeiten, etwas spielen, kurzer Pause auf der Wiese sitzend zum Beobachten und Kuscheln - und wieder heim. Diese Woche hab ich einen ersten Versuch mit ihm am Rad gewagt, und bin tatsächlich lebend und unversehrt heimgekommen, wurde nicht impulsiv vom Rad gezerrt mit einem Satz ins Dickicht oder so
Und letztes Wochenende hab ich mit allen Dreien zu Fuß eine 10km-Runde gedreht. Da hat er hinterher ne Stunde geschlafen und anschließend gefragt, ob wir nicht mal endlich n bissel Gassi gehen könnten
Kein Hochdrehen, das ging also gut - lag aber sicher auch am Schlendertempo, weil ja der 18jhrige Senior dabei war, das bringt natürlich Ruhe rein und tut ihm gut.
Daheim ist er tiefenentspannt. Wenn ich im Homeoffice arbeite, klebt er auf der Eckbank an mir und schläft einfach den ganzen Tag, absolut unauffällig, im Büro dasselbe. Er hat gelernt, er darf melden, wenns klingelt - aber dann ist auch Schluß. Und dieser Aufgabe kommt er mit Hingabe nach....
Er bringt mir meine Schuhe, wenn er Gassi möchte, und früh nach dem Duschen, sobald ich zur Jeans greife, weil er gelernt hat, dann geht´s raus. Und heute hab ich gemerkt, er sitzt einfach neben mir, als ich mich früh fürs Gassi fertiggemacht habe, statt wie ein Irrwisch durch die Bude zu flitzen.
Vor 2-3 Wochen war ich mit ihm im Wald. Durfte die Erfahrung machen, daß Wald zwar spannend ist, aber es gab keinen Moment, wo er sein Hirn hätte wegwerfen müssen wir lauter Überreizung oder so. Er hatte mich im Hinterkopf (ich teste immer, ob er auf Ansprache reagiert, u ihn mal für ein Leckerlie etc.., um das einschätzen zu lernen), und er hat viele tolle Sachen gezeigt: zwar in den Wald gescannt, aber sich selbst wieder auf den Weg orientiert, sich von Wildwechseln und Spuren selbständig wegorientiert (ich geb ihm die Zeit die ausgiebig zu beschnüffeln, zu bewerten, damit er selbst sagen kann, wann er "fertig" ist, dann kann ich das Abwenden loben - auf Dauer wird er das dann schenller und häufiger zeigen). Er konnte Dinge apportieren, war also arbeitsfähig (auch kleine Aufgaben sind eine Möglichkeit, zu testen, wie weit er noch "anwesend" ist im Kopf). Und als ich einfach 5m neben dem Weg auf einer freien Stelle meine Picknickdecke ausgebreitet habe, konnte er neben mir liegen. Teils an mich gekuschelt, teils aufmerksam lauschend wenn er was hörte, und hat dann Passanten angekündigt, indem er aufstand, und sich in die Richtung gestellt hat, wo er die gehört hatte. Im ersten Moment auch mal kurz gewufft: "da is was, Fraule". Alles in allem eine Zusammenarbeit, die ich noch gar nicht erwartet hätte, weil es das erste Mal war, daß ich gezielt mit ihm in den Wald gegangen bin. Denn mit einem Jung-Jagdhund, der außerhalb vom Wald schon völlig überreizt war, hab ich mich die erste Zeit nicht in den Wald zu gehen gewagt, das macht ja keinen Sinn, wenn der Hund dann sehr wahrscheinlich komplett hohle dreht.
Immer wieder ne Kleinigkeit, wo man merkt: holla, das ging vorher noch nicht. Es gibt immer noch Vieles, das gar nicht geht: Hundebegegnungen sind ein rotes Tuch, wenn der andre Hunde bellt, fixiert oder pöbelt. Abruf, was ist das - ohne Leine geht gar nicht. Er hat mir mal (Karabiner hat sich gelöst gehabt!) ne Katze erwischt, die wir gerade noch retten konnten vor ihm, sie hat gottseidank "nur" Zähne und Krallen verloren, war aber nicht verwundet, keine Löcher oder inneren Verletzungen. Daher prüfe ich die Leine inzwischen doppelt und dreifach und auch unterwegs, daß sich da nix löst oder verhakt, und der Karabiner dann aufgehen kann. Leine an Geschirr und Halsband, ein Karabiner hält auf jeden Fall.
Er ist nicht perfekt. Aber wir kommen inzwischen durch den Draußen-Alltag, er kriegt genug Bewegung, ich kann ihn beschäftigen (laß mal nen Hund draußen was suchen, wenn er schon längst sein Hirn weggeworfen hat, weil er n Eichhörnchen gesehen hat - war anfangs schlichtweg nicht möglich! Das ist dann ein Teufelskreis: Jagdhund dreht hohle, weil unausgelastet, ist daher draußen nicht arbeitsfähig und kann damit auch nicht ausgelastet werden, und da kommt man aber nur raus, wenn man mit ihm was arbeiten kann! Hab dann angefangen mit Suchspielen im Haus. Zerrseil versteckt. Erst frei liegend, dann in echt schwierigen VErstecken. In einem Eimer, im Waschbecken, unter einer Decke, in einem Klamottenhaufen vergraben, neben irgendwelchem Hühnerzeugs, das ich erst noch reinigen wollte, also mit intensiver geruchlicher Ablenkung - und das hat er toll gemacht.).
Daheim ist er komplett unauffällig, pennt viel, hat ausreichend Ruhe, versteht sich mit den andren Beiden, läßt sich von denen in die Schranken weisen. Junghundtypisch macht er ab und an Quatsch - aber hey, Hunde sind keine Maschinen, und man will doch auch was zum Lachen haben 
Und ich genieße es sehr, das zu erleben. Mir bewußt zu machen, daß das alles schon viel besser ist als anfangs, daß wir nen Status erreicht haben, wo ich weiß, was ich wann mit ihm machen kann, wieviel er verträgt, was zu viel ist. Wir machen winzige Fortschritte beim Alleinbleiben, ich hab rausgefunden, wie er im Auto keinen massiven Streß mehr hat (in der Box hatte er sich komplett naßgespeichelt vor Streß). Das erleichert das Leben so sehr, und es macht Hoffnung, daß es weiter besser wird, wenn man dranbleibt und der Hund vernünftig wird (sofern man beim Terrier von "vernünftig" sprechen kann *gg). Die Tage, an denen man den Hund an die Wand tackern möchte, werden weniger, das Lachen und die Freude überwiegen.
Und inzwischen glaub ich wieder dran, daß wir irgendwann auch ein Dreamteam sein werden, so wie es Bibs und ich immer waren, und Bossi und ich immer noch sind. Aber das ist bei ihm und mit ihm halt echt hart erarbeitet... *gg (ich glaube, es war mit Bossi eigentlich genauso, der war einfacher, aber ich hatte auch weniger Wissen zum Thema Jagen und so, das kam erst durch ihn, daß ich mich mit dem Thema beschäftigt habe. Insofern war´s mit ihm mit Sicherheit nicht weniger Arbeit, und er war ja auch im besten Alter, mit eineinhalb - ist halt nur schon fast 17 Jahre her.....Casanova kam mit ca. 1 Jahr zu mir, also so viel Unterschied ist das nicht...).
Und es freut mich, zu lesen, daß es nicht nur mir so geht. Daß Du Lösungen gefunden hast, ihn zur Ruhe zu bringen unterwegs ist doch genial! Man muß halt am Anfang auch vieles austesten, kein Hund ist wie der Andre, was beim Einen half, muß nicht beim Nächsten helfen, und wo der eine ne Baustelle hat, hatte der vorige Hund gar keine. Da hilft einem die ganze Erfahrung nicht allzuviel, und irgendwie, das ist mir bei Casanova so richtig bewußt geworden, fängt man halt auch mit noch so viel Erfahrung bei jedem Hund von vorne an: ihn erstmal kennenzulernen, herauszufinden, was er braucht, was ihn überdreht, wo er Baustellen hat, wie man ihm damit helfen kann.
Und ich finde, daß Du mit Deinem für sein Alter schon ganz schön viel erreicht hast! Genieß es - und mach einfach so weiter, dann wird das schon. Gib Euch Zeit! ;-) Ihr habt noch so lange miteinander, das muß nicht alles im ersten Jahr perfekt werden. Sonst wird´s doch langweilig, wenn man dann nix mehr zu tun hätte
