Hi, KurtPaul,
was mir auffiel, war hier die Frage: WARUM war der zweite Hund im Tierheim abgegeben worden? Viele Leute erzählen wer weiß was, warum der Hund so toll ist und nur leiiiider aus persönlichen Gründen abgegeben werden muß, und nach ein paar Wochen im neuen Zuhause zeigen die kleinen Teufel ihr wahres Gesicht - dann weiß man, warum der Hund abgegeben worden war - nur leider etwas zu spät.... Jetzt hat man zwei Optionen: auf- und den Hund wieder abgeben oder daran arbeiten. und was wäre das leben ohne neue Herausfordeungen?
Ich würde Dir den Tip geben, erst mal ganz behutsam dem Neuen zu zeigen, wie´s bei Euch läuft. Wenn er nicht mit ins Bett soll, wird ihm sein Körbchen gezeigt, BEVOR Du ins Bett gehst, wenn er nicht drinbleiben möchte, machst ihm abends vorher (sprich, bevor er Dein Bett erobert, sodaß Du ihn gar nicht erst rauswerfen mußt, sodaß er kein negativerlebnis mit Dir verknüpft!) ne lange weiche Leine dran (bitte nur für 1-2 Mal, nicht jeden Abend!!), das andere Ende irgendwo fest (Schrank/Heizung) sodaß er lernt, nachts ist DAS sein Platz. (Allerdings frage ich mich: warum sollte der Hund nicht zu Paul ins Körbchen, wenn die beiden sich verstehen, und Paul damit kein Problem hat?? Meine beiden schlafen sehr oft im gleichen Körbchen, da misch ich mich net ein, die wissen besser, was sie für Bedürfnisse haben. Und wenn Paul das gerade nicht mag, wird er das deutlich zeigen, mit einem kleinen Knurren o.ä., und in der Regel versteht das der andere Hund und sucht sich dann einen neuen Platz).
Es ist oft so, daß ein Hund im neuen Zuhause erst mal vorsichtig agiert, um herauszufinden, was er darf und was nicht - hier ist er darauf angewiesen, von DIR gezeigt zu bekommen, wie weit er gehen darf, von der ersten Minute an. Dann, nach ein paar Wochen, merken die, keiner tut ihnen was, alle Familienmitglieder sind noch auf dem Mitleids-armer-Tierheimhund-Trip - und dann passiert´s: da werden Grenzen ausgetestet, übertreten, da wird mal geknurrt, um zu sehen, wie weit man gehen darf etc., sprich erst dann wird so richtig "die Sau rausgelassen". ;-)
Daher wäre ich in den ersten Wochen mit einem neuen Hund eher seehr streng (sprich, konsequent, aber RUHIG und FREUNDLICH, keinesfalls aggressiv, sondern durch die Konsequenz vertraueneinflößend!), damit er die Grenzen kennenlernt. Erst wenn er die Grenzen kennt und respektiert, kann man testweise das ein oder andere lockern, er darf MAL mit auf die Couch- und das so lange/ so oft, bis er evtl. Ansprüche anmeldet oder gar knurrt, wenn er runtersoll. Das ist der Punkt, an dem ich beschließen würde, der Hund verträgt auf-der-Couch-Sitzen nicht, da wird er "größenwahnsinnig". Verträgt er das Privileg, ohne dann zu meinen, er wäre der Chef, kann man an einer anderen Ecke was lockern. Aber zwischendurch immer wieder klarstellen, daß Du Chef bist. "HEUTE will ich das Sofa für mich" etc., immer wieder genau schauen, ob das Runterschicken vom Sofa etc. noch widerspruchslos akzeptiert wird. Wenn nicht: Privileg streichen, zumindest für ein paar Tage, dann erneut versuchen, wie reagiert wird beim runterschicken. Der eine Hund kann´s vertragen, ein anderer nutzt Privilegien, um dann Ansprüche zu stellen, das muß man vorsichtig austesten. Wieder ein anderer (z.B. der Terrier *hust....) wird´s halt ein paarmal öfter und zwischendurch auch immer wieder mal versuchen... *gg
Und wenn ich einem neuen Hund einen Knochen o.ä. gebe, lasse ich ihm den. PUNKT. Ich mag ihn nicht haben, und ich vermeide einen offenen "Kampf" um das Teil. Ich möchte, daß der Hund lernt, mir zu vertrauen - dazu darf ich ihm nicht was wegnehmen, das ich ihm gerade gegeben habe! Das Wieder-Hergeben kann ich dann sukzessive langsam üben, wenn die ersten Monate vorbei sind und der Hund sich ein wenig akklimatisiert hat, im Tauschverfahren, sprich, der Hund lernt, er hat keinen Nachteil, wenn er was Gutes hergibt, da er was Besseres kriegt (dazu muß man z.B. seine Vorlieben kennen, deswegen erst nach einer gewissen Kennenlernphase in Angriff nehmen). Die Kennenlernphase braucht einfach ne Weile, um genau sehen zu können, wie der Hund in welcher Situation reagiert - man darf nicht einfach davon ausgehen, daß der am ersten Tag nett war, und daher immer so nett bleiben wird. Er kennt Euch nicht, Eure Reaktion nicht, weiß also noch nicht, womit er bei Euch rechnen muß. Laßt ihm einfach die Zeit, und vor allem: laßt Euch die Zeit, und vermeidet mögliche Konfliktsituationen. Was Konfliktsituationen sein könnte: Ressourcen wie Sofaplätze, erhöhte Plätze, Beute, Futter, Spielzeug, der spielende Hundehalter - wenn Du z.B. mit Kurt spielst und Paul kommt, KÖNNTE es passieren, daß Kurt Dich für sich beansprucht, und dem Paul das deutlich zeigt, eben generell Situationen, in denen der Hund etwas hat und nicht gerne hergeben möchte. Ich würde, wenn ich einem neuen Hund Knochen oder ähnliche besonders kritische "tolle Sachen" gebe, immer erst mal dem Hund ALLEINE geben und mich nicht nähern. Step 2: ich laufe in gewisser Entfernung dran vorbei, wenn er knabbert. Schritt 3: ich verringere die Entfernung etc. etc.! Irgendwann versuche ich, mit ihm zu sprechen, während ich danebenstehe und er knabbert. Wenn das völlig entspannt geht, mal kraulen - aber NICHTS wegnehmen. --> Vertrauen herstellen, aber auch AUSTESTEN, was der Hund akzeptiert, Stellen rausfinden, an denen man evtl. arbeiten muß. Und bei all dem IMMER ganz genau den Hund beobachten. Greift der Hund nach der Beute, wenn Du Dich näherst, und läßt sie nicht mehr aus, sondern bleibt liegen oder steht gar damit auf, oder unterbricht das Kauen auf dem Knochen, wirkt dabei angespannt, oder beschwichtigt gar (Kopf wegdrehen, langsames Wedeln) - dann Finger weg, das deutet Streß an. Dann zeigen, dem Hund passiert nichts, die von ihm gesetzten Grenzen akzeptieren, das fördert das Vertrauen. Generell: Kind (auch mit 12!) und Hund nicht alleine lassen, bis man nach einigen Monaten sicher ist, das Kind beherrscht den Hund kräftemäßig und kann adäquat reagieren (schwierig in dem Alter, außerdem zahlen manche Versicherungen nicht, wenn Kinder unter 16 mit dem Hund spazierengehen und es passiert was - also Versicherungsbedingungen checken!). Ganz wichtig: der Tochter zeigen (dazu mußt Du´s selbst erst mal wissen!!), was der Hund meint, wenn er dies oder das tut (Wedeln schnell/langsam, Knurren, Lachgesicht, Spielhaltung etc.). Das versteht man unter LESEN eines Hundes. Manche Signale setzt jeder Hund ein, natürlich individuell ausgeprägt, andere verwendet der Hund in dieser Situation anders als ein anderer. Das meine ich mit Kennenlernen. Der eine knurrst erst mal, der nächste schnappt gleich zu, weil er evtl. beim Vorbesitzer gelernt hat, daß das Knurren nicht akzeptiert wurde oder ignoriert wurde.
Du kannst den Hund, wenn er was falsch macht, nicht bestrafen, indem Du an ihm rumzerrst oder gar ihn schlägst, wenn er doch noch gar nicht weiß, was er tun soll. Ein souveräner Hundeführer läßt sich (meist... - auch daran arbeite ich immer noch...) nicht aus dem Konzept bringen, Schreien und Gewalt vermitteln dem Hund ganz deutlich den Eindruck von Machtlosigkeit und Unberechenbarkeit - so gewinnt man kein Vertrauen (stell Dir vor, Du gehst in ne Fortbildung, und bei jedem zweiten Satz, den Du dort von Dir gibst, kriegst erst mal ´nen Satz "heiße Ohren". - Würdest Du dort gut lernen, oder dem Dozenten vertrauen?). Macht er was falsch, sag "NEIN", (gib ihm das STRENG, aber nicht gewaltsam zu verstehen), gib ihm eine Alternative, wollte er aufs Sofa, zeig ihm seinen Platz (vielleicht ein Sessel, der ihm gehören soll, oder ein Körbchen mit schönem Kissen) und gib ihm dort z.B. ein Leckerli oder einen Knochen, damit er dort bleibt, während er knabbert. Holt er was vom Tisch, sag "NEIN" und zeig ihm seinen Napf, leg evtl. bißchen was rein. Springt er an Dir hoch zur Begrüßung, sag "NEIN" und laß ihn stattdessen absitzen - so zeigst Du ihm, was er machen soll, das begreift jeder Hund, auch ein Terrier ;-) Ein Terrier versucht´s zwar vielleicht 3mal öfter auf dem Sofa, aber irgendwann merkt auch er, daß Du konsequent bist, und gehorcht (meist *gg). Macht er was von sich aus richtig, LOB IHN AUCH! Stell Dir vor, Du arbeitest irgendwo, und der Chef gibt immer nur sein Mißfallen zum Ausdruck, würde Dich nur selten bis gar nicht loben gemäß dem Motto "nicht gemeckert is genug gelobt"- hättest Du Lust, mit dem lange zusammenzuarbeiten? Was würde mit Deiner Arbeitsmotivation passieren?
Füttern würd ich anfangs getrennt, also jeder sein Napf, jeder in einer anderen Ecke des Raumes, und nur in Anwesenheit von Dir, sodaß Du jedem Hund zeigen kannst, daß nur der eigene Napf zur Verfügung steht. Sprich, geht einer in Richtung des Napfes vom anderen Hund, unterbindest Du das mittels Befehl oder Körpersprache, wenn der Befehl noch nicht bekannt ist. Block den Hund dann einfach ab, stell Dich ganz groß (mit dem Rücken zum fressenden Hund!! Nicht, daß dieser sich bedroht fühlt von Dir!) vor den fressenden Hund und zeig dem anderen, der sich nähert, damit und mit den Händen, daß Du nicht möchtest, daß der andere gestört wird. So kannst Du viele Situationen händeln, die anders vielleicht Konfliktpotential bergen. Wichtig z.B. auch, wenn Du Besuch mit fremden Hunden bekommst: Du weißt nicht, wie Kurt auf Besuchshunde reagiert, am Ende verteidigt er noch seinen Spielgefährten Paul gegenüber dem Gasthund, und schon hast Du die schönste Prügelei - und das in der Wohnung...... (am besten Gasthunde draußen auf ner Wiese kennenlernen, die kein Hund als sein Revier beanspruchen würde, und dann gemeinsam in die Wohnung gehen - immer mögliche Konflikte vorhersehen und vermeiden).
Wichtigster Punkt aber immer wieder: BEOBACHTE DEINE HUNDE, schau, was sie Dir mit ihrer Körpersprache sagen wollen, informiere Dich über Körpersprache, und laß Dir von dem Trainer zeigen, was der Hund mit welcher Geste gerad meint. Oft hilft es auch schon, einfach nur den spielenden Hunden zuzusehen und zu erklären (erklären zu lassen), was die gerade machen. Hunde kommunizieren unheimlich subtil, manchmal mit nur kleinsten Gesten (ein fast unauffälliges, für den unkundigen Menschen kaum wahrnehmbares Hochziehen der Lefzen z.B. als eine Warnung, ein Weggehen als Zeichen dafür, daß der hund jetzt genug hat vom Anderen etc.) und mit dem ganzen Körper! Ein Wedeln kann ein freundliches Begrüßen sein, aber ein LANGSAMES Wedeln Beschwichtigung, Unsicherheit sein, je nachdem, wie der Schwanz getragen wird, was der Gesichtsausdruck zeigt etc., das alles zusammen erst gibt ein Bild. Am besten geht das, wenn Du selbst mal Dich im Umgang mit einem/beiden Hunden auf Video aufnehmen läßt, und ein erfahrener Trainer zeigt Dir, was am Verhalten des Hundes Du beachten kannst (z.B. einfach beim Spielen filmen!), und erklärt Dir die Reaktion des Hundes auf Dein Verhalten ihm gegenüber. Da sieht man ganz oft Dinge und Gesten, die man gar nicht absichtlich so macht, der Hund aber falsch verstehen kann, oder man sieht plötzlich eine kleine Warnung oder Unsicherheit des Hundes, die man live gar nicht wahrgenommen hat und daher nicht darauf reagiert hat, wo man sich dann über eine möglicherweise heftige Reaktion des Hundes gewundert hat - klar, der Hund warnt, Du ignorierst es, dann wird er eben mal nachdrücklich und schnappt - spätestens jetzt kapiert´s jeder, aber die subtilen Signale zuvor werden zu oft ignoriert (aus Unwissenheit, mit Sicherheit nicht aus bösem Willen dem Hund gegenüber, das unterstellt hier niemand!!)
So, vielleicht haben meine (wenn auch zugegebenermaßen langatmigen) Erklärungen ein bißchen gezeigt, worum es geht, ich hoffe, Du verstehst, in welche Richtung Du jetzt evtl. weitergehen kannst. Das mit dem Trainer ist eine gute Idee, am besten wär´s wenn er sich einfach das Zusammenleben daheim ansieht und dann erklärt, WARUM er WAS anders handhaben würde an Deiner Stelle. So lernt man am besten - und auch ich habe das, wie wahrscheinlich alle User hier, erst am eigenen Hund oder aus Seminaren/Lehrgängen etc. gelernt, aus Büchern alleine ist das nicht alles möglich, und keinem hier wurde sein Wissen/Umgang mit dem Hund so angeboren. Nichtwissen ist also keine Schande, und zwei Hunde im Umgang miteinander zu lesen, ist nochmal was anderes, als die Kommunikation eines Hundes mit MIR. Das, was wir wissen, wissen wir, weil wir uns mit dem Thema nicht nur in der Theorie auseinandergesetzt haben und vom Wissen anderer profitieren - sei es, vom Wissen eines Trainers, sei es, vom Wissen der anderen Foris, die die ein oder andere Situation schon erlebt haben, und warum das Rad neu erfinden, wenn sie schon wissen, wie man damit am besten umgeht?
Also, nimm doch die Tips nicht alle nur als reine Kritik - was willst Du besser machen, wenn Du nicht siehst, wo Du was falsch gemacht hast? Ich kann nur besser werden, wenn ich meine Fehler sehe, wenn ich sie nicht sehe, freue ich mich, wenn mich wer anderes darauf aufmerksam macht - nur so kann ich besser werden.
In diesem Sinne: viel Erfolg beim Lernen!!
Liebe Grüße,
BieBoss
@an die anderen Foris: warum lese ich hier so oft den Tip, jemand soll zum Hundetrainer oder in die Hundeschule gehen, es gibt doch soo viele Foris, warum kann man nicht gegenseitig Hilfestellung leisten? Oft reicht schon einmalig ein fremdes Auge, um eigene Fehler zu identifizieren, die man in der alltäglichen "Betriebsblindheit" selbst nicht entdeckt hätte. Es gibt doch bestimmt überall in Deutschland Foren-Mitglieder, die sich mal mit einem Neuling treffen könnten? Ich war nur einmal bei einem lokalen Fori-Treffen dabei, aber selbst da habe ich schon etliche Leute kennengelernt, die in meiner Nähe wohnen. Nur so als Anregung, hab jetzt nicht geschaut, wo KurtPaul wohnt.....