Hallo,
Mein Eindruck ist: echte Rasseliebhaber beschäftigen sich sehr intensiv mit IHRER Rasse und haben diese extra wegen der rassetypischen Eigenschaften, sind also vielleicht extrem engagiert. Sonst hätten sie ja auch irgendeinen anderen Hund kaufen können, z.B. einen Mischling, um mit diesem z.B. Hundesport zu machen.
Die Rassen wurden jahrhundertelang genau auf die Eigenschaften selektiert, später verbandsorganisiert gezüchtet. Das merkt man den Hunden dann auch an.
Sicher sind Hunde unglaublich anpassungsfähig, aber wenn man seinen Hund liebt will man doch auch, das er sich wirklich wohl fühlt. Und das tut er nicht, wenn er nicht rassetypisch beschäftigt wird.
Sicher, um Dein Beispiel aufzugreifen - ein Schäferhund stirbt nicht wenn Du keine Schafe hast - aber glücklich ist er nur, wenn er arbeiten darf - dafür wurde er gezüchtet. Dieses Arbeiten muss nicht unbedingt an Schafen sein - da ist wieder die Anpassungsfähigkeit - aber er will mit seinem Herrchen zusammen Aufgaben lösen. Wenn ihm das nicht ermöglicht wird entstehen jede Menge Probleme, manchmal nur für den Hund, oft aber auch durch sein Verhalten dann auch für die Menschen.
Ich hab z.B. jetzt mit meinem Herdenschutzhund-Mix angefangen, Fährtenarbeit zu machen. Ich möchte mit ihm üben, das er auch mal ruhige und konzentrierte Arbeit macht. Aber HSH sind nicht gerade prädestiniert für Nasenarbeit - für ihn ist das so schwer wie für uns vielleicht ne Abi-Klausur.
Just for fun hab ich natürlich auch mal meinen Dackel-Mix ne Spur gelegt - der latscht die runter als hätte er nie was anderes gemacht. Dabei hatte er vom Vorbesitzer so gut wie nichts gelernt, ist also jetzt bei mir quasi Erstklässler.
Was meinst Du mit "normalem" Verhalten? Was ist normal bei Menschen in Mietswohnungen?
Ich glaube diese Fragen lassen bei den echten Hundeliebhaber die Alarmglocken schrillen. Einen Hund den ganzen Tag in der Wohnung zu halten ist sowieso schon ein ziemlich krasser Kompromiss an die heutigen Lebensverhältnisse. In den Zeiten als die meisten Rassen enstanden sind waren Hunde Nutztiere und wurden gezielt für ihre Arbeit eingesetzt und ansonsten wohl kaum in Häusern gehalten und vermutlich meistens in einem kleinen Rudel.
Ein allein gehaltener Hund passt sich doch sowieso schon in einem Maße an, das mir der Atem stockt wenn ich drüber nachdenke!
Er lebt quasi unter lauter Aliens, die eine fremde Sprache sprechen, sich sehr merkwürdig und anders benehmen, größer und mächtiger sind als er, nicht das gleiche fressen, sich komische Felle überziehen, ganz anders riechen, sich in rollende Blechkisten setzen und auch noch meistens ganz andere Interessen haben. Trotzdem versucht er zu verstehen und er liebt diese Wesen - sie sind sein Rudel!
Da ist es dann schon schön, wenn er wenigstens nicht jeden Tag sein Leben lang nutzlos, gelangweilt und langsam verblödet in der Ecke liegen muss - wenn er seine Fähigkeiten einsetzen darf, wenn er rennen und stöbern darf, aus der Bude rauskommt und draußen was vom Leben mitbekommt. Versetzt Dich einfach in seine Lage, dann wirst Du verstehen was ich meine.
lg
susa