Hallo,
ich würde auf jeden Fall jetzt erstmal die Untersuchungen machen damit Du weist was los ist, oder auch nicht...
Es bringt auf jeden Fall Klarheit.
Wenn die Ergebnisse da sind, dann kannst Du Dir eine zweite Meinung einholen und gegebenenfalls eine dritte Meinung von einem guten Hundetrainer/in.
Dann würde ich entscheiden.
Du schreibst, dass er an der Kette war und je nachdem wo er war hat er eben mehr oder weniger zu "arbeiten" gehabt. Das heißt: er wird wohl jeden Mensch und jeden Hund verbellt haben, denn das war seine Aufgabe und seine einzige "Ablenkung" am Tag.
Auch dieses Verhalten kann sich so festigen, dass es auch in einer anderen Umgebung gezeigt wird.
Der Hund ist immer in Habachtstellung. Der Zug der Leine, wenn er nach vorne geht und die Hunde verbellt, ist ähnlich der Kette und unterstützt dieses Verhalten noch (Trigger).
Da er an der Kette war und nicht wegkonnte um seinen Stress abzubauen, hat er angefangen mit stereotypen Verhaltensweisen. Diese verschafften ihm Erleichterung.
Als ich vor Jahren ein Praktikum bei einem Hundetrainer machte, lernte ich einen Schäferhund kennen, der genau dieses Verhalten zeigte.
Er hatte im Zwinger sein Leben frissten müssen und wurde dann vom Tierheim vermittelt.
Sobald dieser Hund andere Hunde sah, verfiel er in seine alten Verhaltensmuster. Es war wie auf Knopfdruck.
Sein Schwanz war bandagiert und es drohte die Amputation wenn er nicht damit aufhören würde sich ständig in den Schwanz zu beissen während des Kreiselns.
Seine Besitzerin kam überhaupt nicht mit ihm klar, wenn einer von uns den Hund nahm, dann konnte man im Abstand von 50 Meter an anderen Hunden vorbeilaufen.
Wir konnten das Verhalten abbrechen, aber mussten den Stress auch aus dem Hund bekommen, denn nur weil er ruhig war, hieß das nicht, dass alles gut war und der Hund geheilt.
Ich habe ihn damals an einen Baum gebunden mit einer 20 Meter Schlepp.
Halten hätte ich ihn nicht gekonnt, da er zu kräftig war wenn er in die Schlepp gerannt wäre.
In dem Moment wo ich an der normalen Leine (ich hatte beide eingeharkt, die kurze am Halsband und die Schlepp an einem Geschirr) an den Hunden vorbei war und ihn unterbrochen habe, bevor (das ist das schwierige) er loslegte, wurde sofort die Leine abgemacht und ein Dummy (im Haus klappte das gut und wurde vorher aufgebaut, wäre zu lang das zu erklären) geworfen dem er dann hinterherhetzen konnte.
Diesen schüttelte er und rupfte und warf und brauchte auch gut 10 Minuten bis er wieder ansprechbar war.
Er biss sich aber nicht in den Schwanz und drehte sich kein einziges Mal.
Wir hatten den Vorteil, dass die anderen Hunde mit ihren HHs eine Gruppenstunde hatten und sie sich nachdem ich mit dem Schäfer vorbei war, entfernt hatten (wir übten in der Natur und auf keinem Platz) und somit der Reiz verschwand.
Es hätte klappen können, aber die Besitzerin setzte es leider nicht so um und unterbrach das Ganze nur wenn sie alleine war. Dadurch platzte der Hund irgendwann und biss sie als Stressabau ins Bein.
Wir hatten ihr gesagt wie wichtig es sei dem Hund eine Möglichkeit zu geben um den Stress abzubauen.
Sie meldete sich auch nicht mehr und wir haben dann über andere HHs erfahren wie es weiterging.
Er bekam Medikamente und wurde deutlich ruhiger in seinem Wesen, jedoch sollten diese Medikamente ausgeschlichen werden, da sie aber nicht weiter arbeitete, biss er erneut zu als die Medikamentendosis sich verringerte.
Der Hund wurde abgegeben an einen ehemaligen Polizeihundeführer, der nicht aus unserer Umgebung war.
Ich habe nichts mehr gehört, denke aber noch oft an diesen Hund und hoffe er hat es besser getroffen in seinem neuen Zuhause. Das soll jetzt keine Verurteilung der HH sein, nicht falsch verstehen. Der Hund wurde eben als bösartig abgestempelt und das war er nicht, er war eine arme, verkorkste Seele die nach Hilfe schrie.
In diesem Falle wäre es möglich gewesen dem Hund zu helfen, davon bin ich fest überzeugt und hab es ja selbst gesehen und erlebt.
Jedoch kann das nicht jeder.
Auch bin ich der Meinung, dass die Besitzerin es hinbekommen hätte wenn sie während der Medikamentengabe wirklich gearbeitet hätte.
Das Obige soll jetzt keine Trainingsanleitung sein, denn nicht jeder Hund fährt auf einen Dummy ab. Es soll Dir nur zeigen, dass es möglich ist daran zu arbeiten wenn man erkennt wie und jemanden an der Seite hat, der weiss was er tut und Einfühlungsvermögen hat.