Wäre es anders, wäre ich doch schon arg verwundert. Denn wie soll ein entspannter Border Collie in ständiger Gegenwart von hütbarem Vieh plötzlich so umswichen, dass er es in bestimmten Situationen plötzlich mit aller Ernsthaftigkeit und Anspannung bis zum Umfallen tut. Das widerspricht sich ein wenig. Wenn es solche Border Collies aber tatsächlich gibt, dann "wow".
Ich kenne mehrere solcher Beispiele.
Bei unserem Futtermittelhändler zum Beispiel läuft ein BC frei, der könnte jederzeit in den Stall, wo die Lämmer stehen (der Besitzer hat mich mal mit den Kindern um die Ecke geführt, weil die kleinen eben so knuffig sind). Der Hund macht das nicht - nicht sein Job. Dabei geht der durchaus auch mal mit auf die Weide zum umtreiben oder laden. Gegenüber vom Parkplatz ist eine Weide - mit Schafen und Lämmern. Der läuft da nicht hin, obwohl Sichtweite. Ist nicht sein Bier.
Ebenso die Hündin an der Farm, wo mein Pferd lange stand. Die sitzt auf ihrem Quad und schaut umher. Wird sie gebraucht, ein Pfiff und sie rennt zum Farmer, um zu "fragen", was zu tun ist. Die geht treibt dann die Schafe mit ein, wartet aber wieder geduldig daneben (ohne Ausflüge, jagen gehen oder sonstwas - die lassen sogar die Katzen in Ruhe) während die Schafe gewaschen werden, verladen, gekennzeichnet, sortiert oder was auch immer. Und ich denke nicht, dass der Farmverwalter da viel Erziehung investiert hat, um das zu erreichen. Der Hund tickt so. Und nach der Aktion mit dem Bullen letztes Jahr wird diese Hündin sicher mal Nachwuchs haben - die anderen Farmer hoffen auf gute Hof- und Arbeitshunde.
Ich hab diese Hunde meist als ernsthaft und ruhig kennengelernt. Sie haben einen Job (Hüten im Sinne von treiben, wenn gewünscht, wachen im Sinne von bellen oder auch Bälle hüten
als Stadt- und Familienhund) und den machen sie.
Vor allem der Hund beim Futtermittelhändler und die arbeitenden Farmhunde machen einen sehr ausgeglichenen Eindruck. Die Stadthunde sind meist (nicht immer) Junkies.
Wer für die Landarbeit nicht taugt, zieht in die Stadt - solche Angebote findet man wöchentlich.
Ich vermute mal, dass in die Hochleistungs-Zucht - vor allem über die Grenzen hinaus - eben nicht diese "normalen" Arbeits-BCs gehen, sondern Zuchtlinien, die an den Hüte-Shows teilnehmen. Dort geht es um Linien, Feinheiten, Sekunden. Im Alltag sind solch reaktive/extreme Hunde einfach nur untauglich.
Auf den Farmen geht es um die Alltagstauglichkeit. Verträglichkeit, ruhiges Arbeiten auf Knopfdruck, Familienfreundlichkeit usw. - all das muss der Hund hier mitbringen.
Das ist so das, was ich aus 2,5 Jahre Landleben hier mitgenommen hab. 