Auch ich bin durch mit Band I: Red Rising von Pierce Brown
"The measure of a man is what he does when he has power."
Oder um es mit Ragnar Lothbroks Worten zu sagen: Power is only given to those who are prepared to lower themselves to pick it up. Wie Tina schon zusammengefasst hat, begleiten wir Darrow, einen "Roten" vom Planeten Mars, die unterste Kaste, die immer noch im Glauben lebt, die Pioniere der Menschheit zu sein und sich für alle totzurackern, um den Mars bewohnbar zu machen, während er das längst ist - und besonders die oberen Kasten, angeführt von den Goldenen, ein Leben in Glanz, Gloria und Macht führen. Darrow wird vom Roten zum Goldenen und soll das System von innen zerstören. Damit ihm das gelingt, muss er erst das Institut der Elite abschließen. Ein Spielfeld mit unzähligen Prüfungen, bei dem nicht zuletzt diejenigen, die mit ihm antreten, zu seinen größten Feinden und engsten Verbündeten werden.
Anders als Tina hats mir wirklich saugut gefallen. Ich mochte die rohe, brutale Sprache, das gesamte Setting, das zwischen High Fantasy, römischer Mythologie, Cyberpunk und Tribute von Panem pendelt. Das World Building ist sehr spannend, und ich finde es schön, dass am Anfang (der vom Klapptext bereits angedeutet wird) nicht lange herumgetrödelt wird und die Handlung zügig voran getrieben kommt. Ich hatte immer das Gefühl, dass der Spannungsbogen schön aufrecht erhalten wurde und ich mochte sowohl Darrow als Protagonisten, als auch im späteren Verlauf alle weiteren Charaktere. Die Figuren sind zum Teil wunderbar komplex und besonders Darrow legt eine bemerkenswerte Entwicklung hin. Ein wenig zu kurz kommen mir hier einige eigentlich sehr interessante, weibliche Charaktere (Antonia), die nur "angerissen" wurden, was vielleicht an der Erzählperspektive von Darrow liegen mag, ich hoffe also, dass da noch mehr kommt. Am Ende waren einige Dinge etwas zu vorhersehbar. Und ja, ich stimme Tina zu, man muss ein Faible für Kampfszenen und Schlachten haben, und besonders zur Mitte des Buches hin hätte es auch weniger getan, aber ich fand das Schema nicht allzu unangenehm repetitiv, einfach, weil die Geschichte so gut weiter getragen wurde und weil ich ein Faible für Capture-the-Flag-Spiele habe. Wer Tribute von Panem, Dystopien, Sci-Fci mag, kann hier glücklich werden. Ich bin eigentlich gar nicht der Sci-Fi Typ, aber mit hats gecatcht, entsprechend kam heute Band 2 an.
8/10 von mir
Band II: Red Rising - im Haus der Feinde von Pierce Brown
"Hic sunt leones."
Ich werde jetzt aufgrund Spoiler-Gefahr nichts vom Inhalt verraten. Die Geschichte von Darrow geht weiter, und wie ich mir in Band 1 geünscht habe, gehen wir mehr ins Detail über die Welt, die verschiedenen Farben (und Kasten), Politik und Geschichte. Es kommen weitere, sehr spannende Charaktere dazu. Darrow entwickelt sich mehr und mehr zu einem ausnahmslos grandiosen Protagonisten. Es gibt weniger Kampfszenen, dennoch bleibt es spannend und manche Kapitel meistert man vor allem mit einem Gefühl der Unbehagnis, einer Art Vorahnung, dass jede Seite weiter irgendwas ganz furchtbares passieren könnte (was es oft auch tut, ngl). Ich habe einige der Charaktere sehr lieb gewonnen (Sevro, Victra) und Kapitel 50 hat mir tatsächlich beinahe ein paar Tränen abverlangt. Was ich auch sehr schön finde, ist die Art, wie Freundschaft und Kameradschaft dargestellt wird - Männer dürfen um andere Männer weinen, sie auf die Stirn oder Wange küssen, ohne dass es in irgendeiner Art toxisch wirkt. Zuneigung zu Freunden und engen Bindungen zu zeigen, auch und gerade zwischen Männern, ist normalisiert und erinnert mich ein wenig an die Herr der Ringe-Männer. Inhaltlich ein pageturner, und der dritte Teil ist bereits angefangen. 9/10. Ich muss gestehen, als Serie würde diese Reihe sowas von gut funktionieren, auch wenn ich Angst hätte, sie würden es ruinieren 
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Zwei Leben - Ewald Arenz
"Hier war schon immer alles gewesen wie immer."
Wir befinden uns Anfang der 70er Jahre; die junge Bauerstochter Roberta hat eine Schneiderlehre in einer Fabrik abgeschlossen und kehr in ihr Heimatdorf Salach in der süddeutschen Provinz zurück. Hier ist alles so, wie es schon seit Jahren ist, und wie es auch in 10 oder 20 Jahren noch sein wird. Roberta ist das einzige Kind ihrer Eltern, die einen großen Bauernhof führen und es ist für sie selbstverständlich, dass sie den Hof übernehmen muss. Aber ihr Herz schlägt für Mode, für ihre Schnitte und Entwürfe und sie erlaubt sich hin und wieder mal, von Paris zu träumen. Aber nur im Rahmen, und nur ganz kurz. Bis sie ihre große Liebe trifft, ihren Freund aus Kindertagen, Wilhelm, den Sohn des Pfarrers. Und er ist ganz anders als sie. Seine Mutter Gertrud hingegen hasst Salach, fühlt sich seit Jahren einsam und fremd in dem dörflichen Idyll, eingesperrt und drängt in die Welt und in große Städte. Sie hat sich eigentlich nur ihrem Sohn Wilhelm zuliebe hier arrangiert und ergreift die nächste Möglichkeit mit ihrem Bruder, um aus der Routine ausbrechen zu können. Robertas und Getruds Wege kreuzen sich erst, als etwas passiert, das ihrer beider Welten aus dem Gleichgewicht bringt.
Seit "Alte Sorten" liebe ich Arenz Schreibstil; flüssig, leicht aber gleichzeitig sehr detailreich und begabt darin, bestimmte Szenen und sogar Gerüche heraufbeschwören zu können. Das Buch war wunderbar zu lesen, die meiste Zeit auch ohne Dialekt, aber hin und wieder wurde dieser bei verschiedenen Charakteren sehr gekonnt eingesetzt. Ich konnte mir Salach und das Leben im Dorf bildlich vorstellen, und habe gleichzeitig gemerkt, wie meine manchmal etwas zu romantischen Vorstellungen von einem Leben auf dem Land mit der doch manchmal auch sehr beklemmenden, gesellschaftlichen "Enge" kollidierten. Alles war so, wie es immer war, alles wird so bleiben, wie es immer war. Deutschland selbst verändert sich nach dem Krieg, aber Salach, da ist es noch wie immer. Auch deswegen kann ich Getrud wohl verstehen, aber auch gleichzeitig Robertas Punkt wahrnehmen und anerkennen. Es ist kein Wettbewerb, wer freiheitsliebender oder unabhängiger ist; es sind einfach zwei völlig verschiedene Arten mit dem Wunsch nach Freiheit und Selbstbestimmung umzugehen. Ich mochte die Figuren alle sehr gerne, auch wenn mir Roberta manchmal zu pragmatisch und Gertrud manchmal ein wenig zu leidend war, das sind minimale Abzüge. Es ist auch sicher an einigen Stellen eine Spur weit vorherhsehbar, was passiert, dennoch war das schöne Unterhaltung und eine wunderbare Sommerlektüre. 8/10