Alles anzeigenEs tut sich hier doch keiner „schwer“ damit, es ist sogar schon mehrfach darauf eingegangen worden. Schwierig dabei ist, dass es sich im Gegensatz zu anderen „Nutzungszwecken“ nicht wirklich eindeutig nachverfolgen lässt. Hatte ich ja geschrieben, dass es da einfach auch viele Mythen gibt, die sich nicht zweifelsfrei an Quellen belegen lassen.
Im früheren „Hochland“ Großbritannien wurden Hundekämpfe offiziell schon 1835 verboten. England war der Vorreiter. Für Deutschland gibt es keine konkrete Zahl, praktisch ist es aber so, dass das Geschehen um Hundekämpfe seit über 100 Jahren sich auch hier überwiegend im devianten Milieu abgespielt hat. Da gibts nun recht wenige klare Quellen. Rasseliebhaber und Experten wie z. B. der hier schon genannte Dr. Dieter Fleig (der Doktor ist nicht für Biologie
) haben viel gesammelt, aber eben auch viel an Mythos.
Das vorausgeschickt ist die gängige Auffassung, dass für den Einsatz über die Pit auf Zähigkeit, Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen, Durchsetzungswillen und Beutetrieb selektiert wurde (dann schwammig zusammengefasst unter „Gameness“). Das unterscheidet den „Kampfhund“ aber nicht grundlegend von Rassen, die für die Jagd (je nach Verwendung innerhalb des Jagdgeschehens) oder den Militär-, Wach- oder Schutzdienst selektiert worden sind, auch dort braucht man diese Eigenschaften.
Ob Artgenossenaggression bei der Selektion eine Rolle gespielt hat: Ich würde meinen ja.
(Und was unter der Hand da passiert ist, wo es nicht darum ging, einen sportlichen Hund zu züchten, sondern einen Wegwerfartikel für blutige Massenbelustigung, das kann man ja nun gar nicht mehr nachvollziehen).
Es hakt beim Schritt zu sagen, dass das bei „Nichtbefriedigung“ über den ursprünglichen Einsatzzweck dieses Verhalten sich nahtlos gegen den Menschen richten kann. Bzw. dieses Verhalten gehäuft gegenüber anderen Rassen mit ähnlichem Potenzial auftritt. Mal ganz von der „No Manbiter“-Geschichte abgesehen: Auch ein „Kampfhund“ ist ein Hund, also ein Lebewesen, das über viele Jahrhunderte hinweg genetisch selektiert wurde auf die Bereitschaft zur Kooperation mit dem Menschen und der Koexistenz als Arbeits- oder Sozialpartner. Genetisches Erbe.
Was ich hier in der Diskussion nun überhaupt nicht verstehe - und gerade bei Dir schon gar nicht - ist die Bereitschaft, ein Problem zu benennen und Lösungen mitzuliefern, die Rechte Anderer einschränken, ohne das problematisiert wird, dass die Datenlage zur Existenz dieses Problems mangelhaft, widersprüchlich und teils heftig emotionsgetrieben ist.
Bevor versucht wird zu erklären, warum bestimmte Rassen so viel gefährlicher für Menschen sind, sollte doch erstmal sauber geklärt sein, ob bestimmte Rassen viel gefährlicher für Menschen und welche was sind. Dann müsste das Ganze sauber ins Verhältnis gesetzt zur Population, quasi ein „Gefährdungskoeffizient“ ermittelt werden, geprüft werden, ab wann diese erhöhte Gefahr der Öffentlichkeit nicht mehr zugemutet werden darf und Einschränkungen bei unseren Grundrechten rechtfertigt.
Und dann kann man sich hinsetzen, die Vorfälle nach Möglichkeit auswerten und entscheiden, welche Maßnahmen sinnvollerweise getroffen werden müssen. Und dann ist der Zeitpunkt und hoffentlich auch das Datenmaterial da, um zu prüfen, an welchen Faktoren diese erhöhte Gefährlichkeit hängt. Und ob z. B. ein Verbot die richtige Lösung ist.
Bis dahin ist alles Spekulation auf Basis geschürter Ängste und eben Mythen, die sich um diese Rassen ranken und das tut nicht gut.
Hm, was du meinst mit „bei dir schon gar nicht“, kann ich grad nicht so einordnen, was meinst du?
Interessant, dass Wahrnehmung durchaus unterschiedlich ausfallen; mein Eindruck ist, dass erstaunlich wenig über die Genetik von Kampfhunden diskutiert wird auf den letzten Seiten, und schon gar nicht mit der Selbstverständlichkeit wie bei Border Collies (da würde hier niemand sagen, nee, nee, wenn der versucht, Autos zu hüten und die Kinder auf dem Spielplatz sortiert, das ist nicht die Genetik, das ist doch gar nicht erwiesen). Mir fallen die fast reflexartigen Posts dazu mit dem Tenor „Jeder Hund kann beissen und das auch tödlich - hier ein Artikel dazu!“ stärker auf. Aber klar kann meine Wahrnehmung da selektiv sein (bin zu müde, um das durch Nachlesen zu verifizieren oder falsifizieren…).
Ich finde die Datenbasis wie diese NRW-Aufstellung jetzt nicht so schlecht, die klassischen Kampfhundrassen spielen da, wo prozentuale Einordnungen versucht werden, schon recht konstant in der oberen Liga mit. Und ja, ich denke schon, dass die historische Kombi Artgenossen/Bullen/yx-Gegner-Aggression, Hartnäckigkeit und enorme (Beiß-)Kraft eine ziemlich einmalige und ungute Kombi ist.
Tatsächlich (Achtung, unpopular opinion hier) finde ich Listen per se keine schlechte Idee (über aktuelle Ausgestaltungen mag man streiten) und habe auch nichts dagegen, wenn die klassischen Kampfhundrassen nicht mehr weitergezüchtet werden.
Aber nur fürs Protokoll: Gefordert habe ich gar nix, keine Lösung mitgeliefert in meinen Beiträgen oder so was. Ich würde halt definitiv nicht auf eine Demo „Weg mit Listen, Freiheit für Pitbulls“ gehen.
Und ich finde „Einschränkung von Grundrechten“ viel zu hoch gehängt. Eine Gesellschaft hat Regeln, auch für Hobbys (und mehr ist die AmStaff-Haltung nicht) - Sportschützen dürfen ihre Waffen nicht im Wohnzimmer liegen lassen, Listenhundbesitzer können ihre Hunde nur nach bestimmten Regeln halten, Sportwagenfans auf der freien Landstraße nicht 200 fahren. Sowas finde ich ok und weit weg von Grundrechtseinschränkung.