Beiträge von Frau+Hund

    Inzuchtschäden treten aber doch auch durch das Aufkonzentrieren von "Schadgenen" auf. Zu viel Homologie bei den Allelen und zu wenig Varianz. Und das ist genau das Problem, was wir bei unseren Hunden haben und was auch nicht besser wird, wenn man jetzt noch anfängt gesunde Trägertiere aus der Gleichung rauszukürzen oder noch besser, das Testen einfach komplett sein lässt.

    Hier stimme ich voll und ganz zu. Und jetzt gehe ich auf den Hundeplatz!

    Schönen Abend euch allen

    Sicher?

    Ich weiß vom Großteil der Menschen in meinem Umfeld nicht, was sie für Erkrankungen haben, welche sich im Alltag (noch) nicht (offensichtlich) auswirken. Ich hab zb Hashimoto. Merkt keiner. Wie auch? Ohne Medikamente ginge es mir aber nicht gut.

    Dass ich tatsächlich den Gendefekt für Altersdiabetes geerbt habe, weiß ich nur, weil ich Schwangerschaftsdiabetes hatte (hängt laut meiner Diabetologin zusammen) - sieht man mir auch nicht an. Wenn ich also Diabetes bekommen sollte, wäre das ohne Medikamente deutlich Lebensverkürzend.

    Weder Hashimoto noch Diabetes Typ II sind Erbkrankheiten. Sie sind multikausal (haben mehrere Ursachen, die zusammentreffen müssen). Einzelfaktoren können auch vererbt werden, eine Erbkrankheit ist dadurch definiert, dass sie ausschließlich (monokausal) durch einen bestimmten Gendefekt hervorgerufen wird.

    Das kann man so auch nicht sagen. Ich denke auch nicht, dass man die Populationen in der Hundezucht mit einer menschlichen Population vergleichen kann.

    Das wollte ich eigentlich sagen. Eine gesunde Rasse müsste, wie die menschliche Population, so viel genetische Vielfalt haben, dass Erbkrankheiten selten sind. Man könnte auch mit Hunde-Mischlingspopulationen vergleichen, nur weiß man über die halt wenig. In der menschlichen Population wissen wir ziemlich genau, wie häufig Erbkrankheiten sind und ob sie zunehmen.

    Und bzgl. "Defektgene"

    - wenn Familienmitglieder immer wieder untereinander heiraten und Kinder zeugen, treten durchaus schnell Defekte auf, wie die Geschichte ja schon gezeigt hat - z.B. die Bluterkrankheit.

    In dieser Situation treten "Inzuchtschäden" auf, die durch zu wenig genetische Variabilität verursacht werden. Infektanfälligkeit, Kindersterblichkeit, verkürzte Lebenserwartung.

    Erbkrankheiten können sich häufen, wenn sie zufällig in dieser Familie vorhanden waren. Das kann sein, muss aber nicht. Je größer die Ausgangspopulation war, desto wahrscheinlicher wird es.

    OT:

    Dann eben die Tatsache Laktose verdauen zu koennen. Das geht mWn auf ein veraendertes Gen (ein Defekt des eigentlichen Gens) zurueck. Es hatte frueher (also frueher-frueher) Vorteile gegenueber dem eigentlichen 'normalen' Gen und hat sich dadurch durchgesetzt. Zumindest bei den Menschen in Nordeuropa..

    Es macht keinen Sinn, alle Mutationen Defekt zu nennen. Ob Defekt oder nicht zeigt sich erst, ob Krankheitslast entsteht bzw. sich die Vitalität der betroffenen Individuen verändert.

    Der Coronavirus hat ja auch eine Mutation durchgemacht - und konnte vermutlich Gürteltiere, Fledermäuse oder was auch immer der Wirt war, nicht mehr befallen. Ein Defekt war es aber nicht, es hat ihm die ganze Welt zu Füßen gelegt.

    Was man vielleicht nochmal ganz klar sagen muss: jeder Hund ist Träger von irgendwas!

    Ganz sicher ist nicht jeder Hund Träger einer echten Erbkrankheit (Genaufall kausale und einzige Ursache, Krankheitslast vorhanden). Dann würden Hunde auch ohne unser Zutun aussterben.

    Und nur darauf sollte getestet werden. Diese Massentests sind echt gefährlich, wenn nicht verstanden wird, worauf getestet wird und wie groß die Fehlerwahrscheinlichkeit ist. Die wird beim gleichen Test um so größer, je seltener die Erkrankung und damit die Träger in der Population sind. Testergebnis=Wahrheit ist eine falsche Annahme.

    Und deswegen finde ich heikel, was jetzt geschieht, dass nämlich Kontrollen an Testergebnissen festgemacht werden.

    Achtung, nicht vermischen: das Tragen von Gendefekten ist NICHT automatisch gleichzusetzen mit einer Erbkrankheit! Genau deswegen finde ich den Begriff "Gendefekt" so gefährlich.

    Ich hab immer von Erbkrankheiten geschrieben, was hab ich vermischt?

    Warum testet man denn auf Gendefekte, die nicht schädlich oder sogar nützlich sind? Und wieso sind es dann Defekte und nicht einfach Allelvarianten? Bin verwirrt...

    Aber ernsthaft - Wie viele gesunde Menschen kennt ihr? Da hat doch auch jeder irgendwas. Ganz ohne "Zucht".

    Im Bezug auf Erbkrankheiten mehr als 99% - und die Erkrankten kenne ich nur, weil ich in einem Stadtteil arbeite, in dem viele Menschen mit Krankheiten und Behinderungen leben und gepflegt werden.

    Erbkrankheiten sind Krankheiten, deren einzige Ursache im Ausfall eines oder mehrerer Gene liegen. Nicht "hier ein bisschen Allergie" und "dort ein bisschen Magenprobleme". Und genau diese Erbkrankheiten sind ein Riesenproblem in der Rassenhundezucht.

    Ist euch schon mal aufgefallen, dass wir Menschen in unserem Land trotz aller medizinischen Möglichkeiten Kinderwunsch-Paare auf keinen einzigen Erbkrankheits-Trägerstatus testen? Nur bei Vorbelastung in der Familie. Nicht weil wir die Tests nicht haben, sondern weil sie unter den Bedingungen: "Erbkrankheit selten" keine sinnvollen Ergebnisse bringen. Trotzdem bleiben die Erbkrankheiten immer gleich selten - Populationsgenetik.

    Und deshalb gibt es ja die Möglichkeit bei bestimmten Erbgängen (sind ja noch nicht alle Krankheiten erforscht) den Hund testen zu lassen. Handelt es sich um ein Trägertier, dann kann so ein Tier immer noch in die Zucht gehen mit einem trägerfreien Tier. Aus so einer Verbindung fallen dann wieder Tiere, die entweder trägerfrei oder eben Träger für diese spezielle Krankheit sind. Aber: es fallen niemals Tiere die an dieser Erkrankung leiden

    Das kann in meinen Augen kein sinnvolles Zuchtmanagement sein. Diese Tests machen alle Fehler. Falsch-Positiv, Falsch-Negativ, das haben wir ja bei Corona gründlich gelernt. Das Ziel muss eine gesunde Population sein, in der Erbkrankheiten ohne Test selten bleiben. Dann hat man auch eine gesunde genetische Vielfalt, weit über die Erbkrankheiten hinaus.

    Gerade habe ich diese interessante Diskussion gelesen.

    Bei allem vorhandenen Fachwissen fehlt mir eins, woran ich mich aus der Populationsgenetik erinnere:

    In einer ausreichend großen, durchmischten Population gibt es normalerweise viele rezessiv vererbte Krankheiten. Diese sind aber selten und bleiben es auch, weil das Zusammentreffen zweier Träger eben unwahrscheinlich ist.

    Bei den Menschen in Deutschland, als Beispiel für so eine durchmischte Population mit Austausch nach außen, gibt es hunderte von möglichen Erbkrankheiten, aber alle sind und bleiben selten. Mukoviszidose ist bei uns mit 1:2000 Neugeborenen die häufigste Erbkrankheit, zusätzlich hat man auf die 2000 Kinder zwei Träger. Die anderen Erbkrankheiten sind viel seltener. Hier lohnt es sich nicht, alle zu testen, weil die Fehler, die alle diagnostischen Tests machen im Verhältnis zu den tatsächlich vorhandenen Trägern zu häufig sind (mit anderen Worten: die meisten "Träger" im Test wären falsch-positiv).

    Das wäre aus meiner Sicht das Ziel für eine gesunde Rasse (oder gesunde Mischlinge): Nicht, dass es keine Erbkrankheiten mehr gibt (das ist, wie viele hier geschrieben haben, utopisch) sondern dass sie so selten werden, dass sie von selbst auf diesem Niveau bleiben und Testen nicht mehr nötig ist.

    Wenn man dann hier liest, dass bei manchen Rassen 85% der Zuchtrüden Träger weniger Erbkrankheiten sind, ist das schon eine Katastrophe, die man keiner Rasse antun sollte. Und es sollte schon helfen, wenn man mehrere Rassen mischt, die unterschiedliche Erbkrankheiten tragen, jedenfalls wenn die Populationen groß genug sind. Denn dann hat man zwar mehr mögliche Erbkrankheiten insgesamt, aber alle sind so selten, dass sich das System auf niedrigem Niveau stabilisieren könnte. Aber nur, wenn das Ziel ist, die entstandene Vielfalt auch zu erhalten. Wenn man danach wieder versucht, möglichst schnell den "Mittelschnauzer" oder "Malinois" rückzuselektieren, hat es keinen Sinn.

    Das wäre meine Kritik an den Maßnahmen: Man sollte zuerst einmal das Ziel formulieren, das man erreichen möchte, und erst dann entscheiden, welche Maßnahmen wahrscheinlich zu diesem Ziel führen.