Du vermischt hier irgendwie so ein paar Themen. Wo auf der Welt sind wir denn grade? Bei Village dogs in subsahara Afrika? "Villagedogs" aus ruralem Subsahara Afrika sind keine Straßenhunde, sondern wie der Name schon sagt zu den Dörfern gehörende Hunde, mit mehr oder weniger engem Besitzerverhältnis.
Ich war bei den Ergebnissen der Verhaltensforschung, die das Leben (teilweise) menschenunabhängiger Hunde untersucht haben.
Das Beispiel aus Tansania habe ich gebracht, um zu zeigen, dass unsere Art der Hundehaltung nur eine von vielen ist. Dort, wo meine Freunde leben, haben alle Hunde Besitzer.
diese Art der Hundehaltung hat jetzt erst einmal sehr wenig mit unserer Thematik zu tun, nämlich Straßenhunde in europäischen Ländern. Und nein, den Straßenhunden dort geht es weder gut, noch leben sie irgendeine Art von funktionalem wilden Leben. Es haben sich natürlich an einigen Orten funktionale Strukturen gebildet, weil Hunde sehr anpassungsfähig sind, aber grundsätzlich ist die Straßenhundproblematik dort ein menschengemachtes Elend.
Auch das entspricht nicht den Forschungsergebnissen. Dort wurden Hunde in Italien (ganz verschiedene Populationen), in Griechenland, in Portugal, in Rumänien, in Russland u.a. beobachtet. Überall gibt es Populationen, in denen es einem Teil der Tiere gut geht. Gut im Sinne eines Wildtieres, des genug Nahrung und Schutz hat, in einer artgerechten sozialen Gruppe lebt und seinen Nachwuchs erfolgreich aufziehen kann. Und es gibt einen Teil, dem es schlecht geht und der nur geringe Überlebenschancen hat. Wie bei allen Wildtieren.
Die These, Hunde könnten keine komplexen sozialen Strukturen aufbauen, sehen die ForscherInnen in dem oben genannten Buch als widerlegt an. Dort heißt es: freilebende Hunde sind im Sozialverhalten Wolfsähnlicher, als wir erwartet haben.
Ich verstehe auch nicht so ganz, warum die Tatsache, dass vor 40 Jahren in Bukarest viele Hunde ausgesetzt wurden, bis heute solche Auswirkungen haben soll, wenn die Hunde als Straßenhunde keine guten Überlebensmöglichkeiten gehabt hätten. In genau der Weise, die du beschreibst, mit Übergängen zur Haushundpopulation. Den Überschuss aus dieser sich wild vermehrenden Population bringt man derzeit in großer Zahl nach Deutschland. Wie lange jetzt schon, 20 Jahre? An der Situation vor Ort hat sich, euren Beschreibungen zufolge, nichts geändert.
Letztlich bin ich aber auch bei Auslandshunden geteilter Meinung, wie die meisten hier. Hier ausdrücklich meine Sicht:
Einfach mal drei Beispiele, die derzeit in unserem städtischen Tierheim sind:
Da ist ein kleiner Pinschermix aus Gran Canaria, der von einer Familie wegen Wohnungswechsel abgegeben wurde. Solche Hunde gibt es dort sehr viele, bei uns eher nicht, also wurde er hergebracht. Er wird allerdings als sehr ängstlich beschrieben. Finde ich ok.
Da ist ein mittelgroßer Mix aus einem spanischen Tierheim, der laut Beschreibung nie drinnen gelebt hat, noch sehr gestresst ist, sich Menschen nur vorsichtig annähert und nur in ein ruhiges Zuhause vermittelt werden soll. Da habe ich schon meine Zweifel, ob er hier gut aufgehoben ist.
Da sind drei besonders niedliche, terrierartige einjährige Hunde, die in Gran Canaria wild geboren und aufgewachsen sind. Laut Beschreibung sind sie sehr scheu, lassen sich nicht anfassen und es wird auf die lebenslang hohe Fluchtgefahr hingewiesen. Da frage ich mich, was soll das? Warum sollen die extremen Haltungsbedingungen, die diese Hunde brauchen, in Deutschland eher möglich sein als auf Gran Canaria? Wieviel Stress war für solche Hunde der Transport, die Haltungsbedingungen im Tierheim? Was machen sie auf der Vermittlungsseite? So etwas finde ich nicht in Ordnung, eigentlich schon unmoralisch.