nehmen wir an, ich gebe meinem Hund viele Freiheiten. Irgendwann entwickelt es sich doof, ich will die Freiheit wieder eingrenzen, weils vielleicht doch ungut werden könnte. Ein Hund, dessen Selbstbewusstsein ich gut gefördert habe und der Konflikte gern nach vorn klären will, wird mir da schneller mal seine 42 Argumente zeigen, dass er seine eigenen Entscheidungen treffen will.
Das ist etwas was mich wirklich irritiert, das immer so getan wird als ob jeder SH/Mali oder was auch immer, jedes Kind frisst wenn man ihm nicht jede, aber wirklich jede Entscheidung abnimmt. Das ist doch einfach nicht so, oder?
Hallo, ich bin alsatian und ich habe meinem Hund zu viele Freiheiten / Entscheidungen gelassen.
Mein DSH gehört nicht zu der schärferen Sorte. Er ist eigentlich noch ziemlich sozial. Er hat noch nie Ansätze gemacht, einen Menschen beissen zu wollen. Hunde schon. Ich habe ihm die ersten 1.5 Jahre zu viele Entscheidungen gelassen und zu viele Freiheiten, ich habe kaum Grenzen gesetzt, weil ich "nicht den Hund einschränken wollte", weil ich "Angst hatte unsere Beziehung zu schädigen", weil ich unsicher war. Rückblickend würde ich mich am liebsten an den Schultern packen und mich einmal kräftig durchschütteln mit den Worten: Was zur Hölle hast du dir dabei gedacht?!
Ares ist sehr selbstbewusst und sehr stur (dieser Hund hält sich wsl. für den Grössten), weil er einerseits mit seiner Genetik sich durchzusetzen versucht, andererseits, weil er oft Erfolg damit hatte aufgrund meiner Inkosequenz und meinem:"Du darfst entscheiden, ist oke, du willst nicht da liegen? Oke kein Problem". Er durfte Entscheidungen treffen, die als Gebrauchshund auch für die Sorte HZ einfach nicht vertretbar ist. Ein sturer Hund macht einfach auf Dauer keinen Spass und ist eine emotionale Herausforderung.
Der erste Satz meines Züchters war: Lass den Hund niemals entscheiden.
Ich hätte dies genau so wörtlich nehmen sollen.
Du hast mit so einem Hund später so verdammt viele Diskussionen. Jede Angelegenheit ist eine Diskussion, ein Hinterfragen, ein "ich kann doch mal...", ein "gilt's heute immer noch?" - dieser Hund stellt mich, auch wenn ich mittlerweile sehr genau weiss wo mein Platz und wo sein Platz ist, jeden Tag infrage. Absolut und wirklich jeden Tag und bei jeder Entscheidung versucht er, sich doch durchzusetzen. Das geht vom simplen "du darfst nicht an der Leine ziehen" bis zum:"Dieser Welpe ist so kacke, ich find ihn so kacke, ich will ihn am liebsten totmobben!"
Der Grund, warum ich ihn mit Welpen zusammen lassen kann ist lediglich, weil wir hart und lang daran gearbeitet haben, das ICH diejenige bin, die entscheidet und das. Und zwar in vielen Belangen. Wo er als Hund einfach NIX an Freiheiten verloren hat. Und dennoch versucht er es immer wieder, sich durchzusetzen. Das Mass an Souveränität das man braucht und einem abverlangt wird, um diesem Hund klar zu machen dass die Regeln immer noch gelten...tbh, ich finde andere Hunde, DSH, Malis die "nur" pöbeln und ein bisschen Radau machen, mittlerweile einfacher, als mein Hund hier.
Banales Beispiel:
Er darf nicht als erster aus der Tür.
Für viele komplett unverständlich. Altmodisch. Für mich wichtig, denn er will Kontrolle. Das ist seine Genetik. Das erste, was dieser Hund macht wenn er rauskommt ist, alles abzuchecken und zu scannen. Wir haben nie das Problem, das er den Nachbarn stellt, wenn ich zuerst rausgehe. Aber immer, wenn er zuerst aus der Tür ist.
Es hat Monate gedauert, um mit diesem Hund eine gemeinsame Sprache zu finden. Dadurch, dass er so selbstbewusst und stur geworden ist, haben auch andere, sehr Erfahrene (zb mein Züchter!) Mühe mit ihm. Er setzt nichtmal seine Zähne ein. Er findet einfach fvck off und macht gar nichts.
Ich gehöre nicht zu der Fraktion, die den Hund abhängig von sich machen wollen. Ich kann ihn nicht in seinem Charakter ändern, ich muss mich dem arrangieren was ich mir selber erschaffen habe. Aber beim nächsten Welpen werden da die Weichen von Anfang an klar und deutlich gestellt und enge Grenzen gesteckt. 'Frech und selbstbewusst' ist bei einem Gebrauchshund einfach was anderes, als bei einem Begleithund.