Beide meine Hunde hatten oder haben Tendenzen zum Pöbeln. Sind aber dabei so unterschiedlich wie Tag und Nacht was Art und Motivation der Pöbelei angeht.
Balu zog mit 2,5 Jahren ein. Ohne jegliche Erziehung. Recht unsicher, kein selbstbewusster Hund. Ausziehen musste er, weil er von dem anderen Hund des Haushalts attackiert (und ins Gesicht gebissen) worden war und dieser jetzt bei jeder Gelegenheit auf ihn losgehen wollte. Da der andere Hund unter anderem auch Menschen biss wurde sich entschieden, dass Balu vermittelt werden soll.
Er hat bei Einzug permanent an der Leine gezogen wie ein Elch und pöbelte aus Unsicherheit fast jeden Hund an, der dichter als 10-15m dran war. Das Pöbeln war dabei total kopflos. Permanent bellen, hin und her springen und immer wieder in die Leine ballern. Wenn irgendein mutiger HH seinen Hund trotz dieses Gebarens zu uns gelassen hat (nein, das wollte ich nicht, habs aber manchmal nicht verhindert bekommen), war immer alles gut. Im direkten Kontakt war Balu immer eher ein Angsthase, da war das Prollen vorbei.
Was haben wir gemacht? Vor allem über seinen Wohlfühlabstand gearbeitet. Viiiel Belohnung. Hieß auch, dass wir eine ganze Zeit lang bestimmte Wege gar nicht gegangen sind (weil zu eng) und/oder umgedreht sind, wenn die Situation sonst eskaliert wäre. Was auch sehr geholfen hat war einen Seitenwechsel hinter dem HH zu üben. Erstmal zuhause mit hochwertiger Belohnung. Dann langsam in die Gassigeh-Situation und bei Hundesichtung etabliert. So bekam ich ihn dann immer ohne Gezerre und Stress auf die abgewandte Seite. Er hat gleichzeitig deeskaliert (weil sich abgewendet) und eine Belohnung abstauben können.
Für einen Abbruch war Balu zu weit im Tunnel, damit sind wir gar nicht weitergekommen bzw hats nur mehr Stress in die Situation gebracht.
Heute ist sein Einzug 3,5 Jahre her. Vielleicht alle paar Monate pöbelt er vielleicht nochmal, wenn die Situation ganz blöd läuft. Aber dabei ist er dann nicht mehr kopflos, sondern kann mit Ansprache rausgeholt werden. Ansonsten kann ich ihn aktuell eigentlich schon jedem Menschen, der mit mir mal Gassi geht, in die Hand drücken und er geht problemlos an allen Hunden vorbei. Es war ein langer Weg, aber hat sich bei ihm wirklich gelohnt. Besonders schön ist auch, dass ihm Gruppendynamik total fremd ist. Heißt: Selbst wenn Reika pöbelt hat er keine Tendenz, mitzumachen.
Reikas Pöbeln ist eher so Junghund-Prollerei. Keine Unsicherheit, sondern die Tendenz, gerne der Dorfsheriff sein zu wollen. Auf den richtigen Abstand versuche ich auch zu achten. Der ist bei ihr zum Glück auch recht klein. Also andere Straßenseite ist immer ok, problematisch wirds bei wenigen Metern Abstand, also eigentlich nur bei schmalen Wegen. Aber da Reika nicht so kopflos pöbelt wie Balu geht bei ihr auch deutlich mehr über den Abbruch. Bei Reika hilft es auch, sie an der Seite absitzen zu lassen. Es fällt ihr dann einfach viel leichter, das Fixieren zu unterbrechen, als wenn sie auf den anderen zugehen muss. Das Hinsetzen ist die Notlösung für Situationen und Wege, bei denen wir nicht ausweichen können.
Hier kann ich also viel mehr über schwarz und weiß arbeiten. Abbruch bei Pöbelei, Belohnung bei gutem Benehmen. Und insgesamt ist das Ganze bei ihr kein riesen Problem, aktuell pöbelt sie alle paar Wochen mal richtig. Meist, wenn ich selber unfit bin und nicht gut reagiere.