Zwei meiner ehemaligen Straßenhunde hatten mal ein Zuhause gehabt, daher war es vermutlich bei ihnen nicht ganz so heftig ausgeprägt. Wir haben uns gegenseitig gleich total geliebt, so dass sofort eine Bindung da war, Vertrauen ebenso. Aber es braucht natürlich schon Zeit, bis sich so ein Hund wieder auf den Menschen verlässt. Die Integration war gar kein Thema - diese Hunde sind sehr anpassungsfähig, sonst hätten sie auf der Straße, in Tierheimen und Tötungsstationen nicht überlebt.
Leine-/Schleppleine war allerdings die ganze Zeit ein Muss, denn der Jagdtrieb eines solchen Hundes ist natürlich extrem. Beide Hunde musste ich krankheits-/behinderungsbedingt schnell bzw. ziemlich schnell gehen lassen, so dass ich die Entwicklung nicht über Jahre beobachten konnte.
Eine meiner jetzigen Hündinnen war zwar keine Straßenhündin, muss aber im ersten Leben sehr viel Freiheit gehabt haben. Sie ist jetzt über vier Jahre hier und war ebenfalls gleich voll integriert, sie liebt uns heiß und innig, hört auch prima. Dennoch hat sie sich bis heute eine gewisse Selbständigkeit bewahrt, was sich z.B. auf Spaziergängen deutlich zeigt. Sie macht da ihr Ding und ist dann richtig glücklich. Es hat 1,5 Jahre gedauert, bis sie von der Schleppleine kam, da sie einen ziemlich extremen Jagdtrieb hat. Ich habe bei ihr die Pfeife konditioniert, das funktioniert prima. Ich muss sie aber schon etwas im Blick haben bzw. etwas Kontakt halten, sonst könnte sie jederzeit einer Fährte nachgehen. Da sie weiß, dass ich auf sie achte, ist sie auch mit Schnüffeln und Mäuselöcher buddeln absolut zufrieden.
Sie blendet die Außenwelt dann fast komplett aus und bleibt durchaus 50-80m zurück, aber ab einer gewissen Entfernung schießt sie hinter uns her, um uns nicht zu verlieren. Darauf kann ich mich absolut verlassen.
Es braucht Zeit, viel Zeit und Geduld, Feinfühligkeit, Verständnis, Lesen der Körpersprache, viel gemeinsame fröhliche Beschäftigung, Spielen und solche Dinge, dann wird es immer besser, so sind jedenfalls meine Erfahrungen. Dinge wie Futter nur aus der Hand und nur für eine Gegenleistung von ihr, wie ja viele Hundetrainer empfehlen, so etwas hat es hier nie gegeben - besonders nicht in Anbetracht der Vergangenheit meiner Hunde. Damit diese Hunde sich fallenlassen können, merken, dass sie die ja auch schwere Bürde der Verantwortung abgeben können, dazu müssen sie sich sehr sicher fühlen, sie brauchen dazu eine Kontinuität in vielen Dingen, dazu gehört z.B. auch das Wissen, nicht mehr hungern oder sich selbst Nahrung beschaffen zu müssen.
Ob man es immer schafft, ihr Mittelpunkt zu werden, das weiß ich nicht. Aber das ist auch nie mein Ziel gewesen - wichtig war für mich nur, dass die Beziehung, das Zusammenleben und das Leben im Umfeld konfliktfrei waren, gut liefen.
@Ingo, ich denke, bei Eurem Hund kommt eine Menge an Besonderheiten in seinem Verhalten von den rassespezifischen Eigenschaften des BdP. Gepaart mit seinen Erfahrungen in der Vergangenheit wird es äußerst schwer, bestimmte Dinge wegzubekommen. (Habe auch einen besonders typischen BdP-Mix
.) Was seine Ängste betrifft, so könntet Ihr mal die Schilddrüse unter die Lupe nehmen. BdP neigen zur Unterfunktion, sei es klinisch oder subklinisch. Meine ist auch betroffen und durch die Substituierung hat sie erhebliche Entwicklungsschritte gemacht.
VG Petra