Sabine Bode - Kriegsenkel (Die Erben der vergessenen Generation)
Wie sich das Trauma nicht nur des Kriegs, sondern auch der unfassbaren Mittäterschaft am Dritten Reich in Familien bis in die Generation der Enkel fortführt, versucht Sabine Bode in diesem Buch anhand verschiedener Lebensgeschichten zu thematisieren. Mit dem Schicksal der Kriegskinder hatte sie sich bereits ausgiebig beschäftigt.
Ich stehendem Buch zwiespältig gegenüber. Kritisch eben wegen des Titels und auch des Inhalts, in dem für mein Empfinden auch der Aspekt der „vererbten Schuld“ zu kurz kommt. Und die Einsichten aus den Lebensgeschichten bleiben mir zu allgemein und zu sehr an der Oberfläche. Aber Letzteres ist dem Buch gegenüber nicht wirklich fair, denn es verspricht keine tiefe psychologische Abhandlung, mein Fehler, dass ich mir mehr erhofft habe.
Andererseits finde ich es als Betroffene wichtig, dass Beispiele gesammelt und gezeigt werden, dass man mit seinem Erleben nicht allein ist. Bei der Beerdigung meiner Mutter hat mich die Trauerrednerin nach einem intensiven Gespräch auf dieses Buch angesprochen. Auch sie kannte viele Geschichten, alle unterschiedlich und anders als meine, aber das Thema des familiären Traumas zog sich durch. Es ist ein spannender Bruch zwischen „Boomer“ und „Kriegsenkel“, mit dem zu beschäftigen sich sicher lohnt. Dafür liefert das Buch Anstöße.
Angesichts dessen, dass rechtsextreme Ansichten in Deutschland wieder großen Zuspruch erhalten und politisch weiter an Einfluss gewinnen, frage ich mich, was noch alles weitergegeben wurde („Angst“ ist eine der richtigen Antworten des Buchs) und wie unglaublich viel versäumt wurde.