Für die Leseratten - Der Bücherthread - Teil 2
- Hummel
- Geschlossen
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- Vor einem Moment
- Neu
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Joa, schon ziemlich
Sind halt Jugend-Liebes-Indianer Romane
Wenns dir nicht gefällt, nehme ich es gerne
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Nun also zu „Runa“, dem Debütwerk von Vera Buck, das eher eine Mischung aus historischem Roman (Paris am Ende des 19. Jhs), Krimi (grausame Morde an einer Adligen und einem alten Mann) und einem historischen Bericht über den Stand der Neurologie bzw. Hypnoseforschung sowie über die Behandlung von geistig-psychischen Erkrankungen darstellt.
Die einzelnen Erzählperspektiven (der Schweizer Medizinstudent Jori / der ehemalige Inspektor Lecoq / der zuerst mysteriöse Ich-Erzähler) sowie ausführliche Darstellungen der medizinischen Behandlungsmethoden jener Zeit machen es dem Leser eventuell nicht leicht dranzubleiben, obgleich das Werk für mich eine große Sogwirkung entfaltet, der ich nicht widerstehen konnte.
Ein aufwendig recherchiertes Werk, In dem die zu jener Zeit berühmteste Nervenheilanstalt Europas, die Pariser Salpetrière, den zentralen Schauplatz der Ereignisse bietet. Als das seltsame neunjährige Mädchen Runa eines Tages eingeliefert wird, das auf keine Behandlung anspricht, ergreift der Student Jori die Möglichkeit für eine längst fällige Promotion über die - vermeintlich - erste Gehirnoperation an einem lebenden Menschen im Bereich der Psycho-Chirurgie...
Ein Roman, der mehr als nur ein historischer Roman/Krimi ist und daher tiefe Betroffenheit auslösen kann aufgrund der authentischen Schilderung zeitgenössischer Verhältnisse.
Im Verlauf des Romans wird der Leser immer wieder mit der detailreichen Darstellung der Dienstagsvorlesungen Charcots für das männliche Fachpublikum und Voyeure jeglicher Art, in denen er kranke Patientinnen auf erniedrigende Weise wie Zirkustiere vorführt. Diese Passagen rauben manchmal den Atem und können heftige Gefühle bei der Leserin auslösen. Lesepausen sind also manchmal nötig, um die darstellten historischen Methoden zu „verdauen“. Dass damals im Bereich von Medizin und Wissenschaft ein heftiger Konkurrenzkampf zwischen Ländern, Universitäten und einzelnen Koryphäen tobte, ist überzeugend.
Ob tatsächlich reale Personen wie Charcot für Ruhm und Ehre buchstäblich über Leichen gingen, müsste ich erst recherchieren. Was dieser über die grausamen Menschenversuche im unterirdischen Paris wusste, beauftragte oder duldete, kann ich daher nicht sagen. Dass die Zustände in jener Irrenanstalt so waren wie beschrieben,
nehme ich der Autorin ab, nachdem ich einige Aspekte nachgeprüft habe. In der Tat wird wohl manche/r Leser/in angeregt, über die Psychiatrie jener Zeit, die einzelnen historischen Personen, die Lehre Lombrosos über die Physiognomie von Verbrechern und vieles mehr, weitere Recherchen anzustellen.Das Schicksal des kleinen Mädchens macht betroffen, die Entwicklung des Protagonisten Jori (die Spannungen in seiner Freundschaft mit Paul Bleuler und seine verzweifelte Liebe zu dessen kranker Schwester Pauline) werden sehr überzeugend beschrieben. Die Morde, die merkwürdigen Schriftzeichen, die brutalen Aufseher, die Katakomben von Paris...., viele Aspekte erzeugen Spannung.
Der Schlussteil überzeugte mich völlig: Für Fans eines Happy-Ends findet sich allerdings wenig. So manches bleibt unklar, so manches wird nicht aufgelöst oder nicht positiv beendet.
Viele Fragen bleiben im Kopf: Wie weit darf Wissenschaft gehen? Was bedeuten Moral und Menschenwürde angesichts der Forschung und des Fortschritts?Also eine anspruchsvolle Lektüre für diejenigen, die an der Geschichte der Medizin und der Psychiatrie interessiert sind und zugleich eine spannende Mordermittlung Ende des 19. Jhs verfolgen wollen.
Ein großartiges Debüt, d.h. uneingeschränkte Leseempfehlung. -
Wow...ich denke, "Runa " muss ich unbedingt lesen! Danke für die ausführliche Rezension.
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Sag ich ja! Einfach ein tolles Buch. Gut geschrieben, ich unterstreiche jedes Wort. Und dennoch sollte man sich als Leser Zeit nehmen können und selbst nachdenken wollen. Da hetzt man nicht durch, das Buch ist trotzdem irgendwie still. Schwer zu erklären. Es ist eine sanfte, subtile Spannung. Nicht wie bei einem Thriller, wo es gerne mal platt wird und quasi große Leuchtpfeile den Leser weiterführen. Hier muss man schon selbst sein Hirn anstrengen.
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Einfach ein tolles Buch.
Bin mal gespannt.
Dank Deines Tipps und des guten Angebots beim TT liegt es hier nun auf dem SUB.
Ich mag die Mischung aus Fact und Fiction. -
Herbstvergessene von Anja Jonuleit fand ich ok bis ganz gut.
Der Apfelsammler und Rabenfrauen fand ich besser.
Der Aufbau ist tatsächlich immer ähnlich.
Diesmal habe ich mich schwerer eingefunden. Nicht weil es verworren oder besonders anspruchsvoll war - eher weil mich die Charaktere und die Story nicht so abgeholt haben.Die Beschreibung der Schauplätze mag ich in Jonuleits Büchern besonders gern. In diesem Werk hat mir das etwas gefehlt.
Abgesehen von der Wohnung der Mutter in Wien... da wäre ich am liebsten direkt eingezogen.Die Thematik (Auffangheim für ledige Schwangere zur NS-Zeit) fand ich gelungen; dazu hätte ich mir mehr gewünscht.
Empfehlung, ja oder nein? Ich denke das Jonuleit Fans Gefallen an dem Buch haben werden.
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Heute in der Tauschpost:
Don Winslow - Das KartellHeute angefordert:
Deon Meyer - Das Herz des JägersAusgelesen:
Tracy Ch. - Der Ruf der Bäume
(Ich finde die Sachthemen ja interessant, die sie aufgreift, aber die Story drumrum zu kalkuliert und immer wieder ähnlich und zu süßlich.)Angefangen:
Don Winslow - Corruption
(Harter Stoff, genau richtig als Kontrapunkt.) -
Ich lese jetzt 'Sex und Lügen' von Leila Slimani. Ein Sachbuch voller persönlicher Geschichten von muslimischen Frauen die davon berichten wie es ist, ein Doppelleben zu führen- immer zwischen der Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und dem repressiven Umfeld, in dem sie leben. Äußerst interessant!
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