Immer noch Angst oder "nur" noch gefestigtes Verhalten

  • Wir haben eine 6 jährige Schäferhündin, die im Alter von 1,5 Jahren zu uns gekommen ist. Sie hatte keine schönen ersten 1,5 Jahre und daraus resultieren Angst bis Panik vor Kindern und vor allen fremden Menschen. Wir sind schon riesige Stücke vorwärts gekommen und ihre Lebensqualität ist dadurch natürlich imens gestiegen. Gegen die Angst zu arbeiten, aber trotz allem natürlich rücksichtsvoll zu sein und auf der anderen Seite aber auch Vortschritte durch Förderung und auch Forderung zuzulassen ist eine schwierige Gradwanderung.
    Für mich gibt es keinen Fortschritt wenn man selbst in dem Mitleids- und Schutzgefühl für den Hund stecken bleibt, denn dann gibt es keine Entwicklung. Man muss die Vergangenheit des Hundes irgendwann auch loslassen können.

    Mein bestes Beispiel: ich hatte immer ein sehr mitfühlendes und beschützendes Gefühl für Honda. Große Angst hatte sie immer beim Tierarzt - klar, denn da kann man sie ja nicht vor dem Anfassen lassen schützen, auch wenn man es so geduldig wie möglich anstellt. Nachdem sie dann schon fast 1,5 Jahre bei uns war - gleiches Szenario wie immer...ein unglaublich panischen Gezappel auf dem Tisch. Festhalten, Ruhe bewahren, aber sie hat mir immer soooo leid getan. Dann kam unser Tierarzt auf die Idee mal den Puls zu messen - 80!!! Von Panik keine Spur!!! Also ganz klar - das war kein Angsverhalten aus Angst mehr, sondern einfach verfestigtes Verhalten. Seitdem hat sich mein Verhalten Honda gegenüber stark verändert. Ich schütze sie vor Fremden, sie wird nicht angefasst und ich biete ihr immer ausreichend Raum zum ausweichen. Aber es gibt Situationen da muß sie jetzt einfach durch und zack, Schluß, aus! Das klappt ohne mein Mitgefühl viel besser. Gestern hat sie mit einer fremden 6 jährigen im Park Ball gespielt (natürlich mit ihrem Sicherheitsabstand), beim Tierarzt legt sie sich beim schmusen jetzt entspannt auf den Boden und läßt sich untersuchen (ohne festhalten) und auch fremden Menschen gegenüber ist sie viel offener und neugieriger gegenüber geworden. Mein Gedanke bei angespannten Situationen für Honda ist jetzt eher: zutrauen und los gehts. Auch Rückschritte sind für mich jetzt kein solches Drama mehr.

    Wie erlebt Ihr das? Hattet Ihr auch so einen Moment der Erkenntnis in dem man merkt, daß man selbst die Angst des Hundes festhällt, obwohl dieser schon längst einen Schritt weiter wäre wenn man ihn ließe? Wenn ja, hat das Euer Verhalten verändert und letztendlich dann auch das Verhalten des Hundes?

  • Hallo Brigitte,
    Du weißt ja von Faros Angst und ich habe auch schon dieses Ahaerlebnis gehabt.

    Seitdem hat sich mein Verhalten Honda gegenüber stark verändert. Ich schütze sie vor Fremden, sie wird nicht angefasst und ich biete ihr immer ausreichend Raum zum ausweichen. Aber es gibt Situationen da muß sie jetzt einfach durch und zack, Schluß, aus! Das klappt ohne mein Mitgefühl viel besser.

    So machen wir das auch und wir hatten ein ähnliches Erlebnis beim TA wie Du.
    Faro sollte Blut abgenommen werden für den MMT. Die TÄ bestand gar nicht darauf, Faro auf den Tisch zu setzen, sondern hockte sich zu ihm auf die Erde.Doch sobald sie kam, war Faro weg. Die TÄ war sehr geduldig, aber irgendwann war es mit meiner Geduld vorbei und ich sagte nur "Nein, Faro, Schluss mit dem Gehampel". Unglaublich, der Hund wurde ruhiger und ließ sich Blut abnehmen.

    Bei ihm kann es noch kein gefestigtes Verhalten sein, denn er war ja noch nicht oft beim TA

  • Ich finde das ist schwierig und hängt vom Hund ab. Meine Hündin war früher sehr unsicher mit fremden Menschen und Hunden .... wir haben viel geübt und trainiert. Mein Anspannung blieb aber bis zu dem Punkt wo mir alles schnurze war - soll sie doch kläffen. Plötzlich merkte man das kläffen war einfach nur eine Gewohnheit bzw auch ihr Charakter, von der Angst war wenig geblieben. Sie ist einfach gesprächig und kommentiert alles, aber trotzdem ist sie eine souveräne ins sich ruhende Hündin geworden. Ich liebe sie wie sie ist, sie ist einfach nur toll.

    Deswegen dachte ich auch ich wäre auf meinen Hasenfuß vorbereitet :fear: Auch bei ihm haben wir viel erreicht, aber es gibt Grenzen. Er kippt von einer Sekunde zur anderen in Panikverhalten und ist dann nicht mehr auf dieser Welt, das geht von schreien, unter sich machen bis flüchten. Kurze Zeit später ist alles wieder paletti. Ich sage immer er ist verdreht im Kopf oder falsch verkabelt :D Ansonsten handhabe ich das wie du, es gibt Situationen die kann ich nicht vermeiden, da muss er dann durch und das klappt auch mit Führung ..... ABER er lernt nicht daraus. Er ist ein Hund der nur lernt wenn er selbst den ersten Schritt geht und es aus eigener Kraft schafft. Er gerät in Panik wenn er mit einem Leckerlie gelockt wird, nimmt es aber gerne als Belohnung. Aber auch dadurch hat sich mein Verhalten verändert, bei Maverick muss ich den Kopf frei haben, kein Erwartungsdruck, nichts verlangen, aber auf dem aufbauen was er mit gibt. Er ist ein wahnsinnig toller Hund, klar ängstlich mit Tendenz zur Aggression, aber trotzdem glücklich und fröhlich. Das ist alles was zählt.

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