Austausch: Leinenführigkeitstraining

  • Ich habe den Thread hier mal interessiert durchgelesen und klinke mich mal ein. Mein erster Hund war und ist, vor allem in aufregenden Situationen, noch immer nicht so leinenführig, wie ich mir das vorstelle. Nun ist seit einem halben Jahr ein Zweithund da. Die Hoffnung, dass ich mit beiden parallel die Leinenführigkeit trainieren kann, habe ich relativ schnell aufgegeben.


    Ich mache es jetzt so, dass ich Leinenrunden nur noch gelegentlich mit zwei Hunden gleichzeitig mache, weil es manchmal zeitlich einfach nicht anders geht bzw. damit sie sich daran gewöhnen. Ansonsten gehe ich zum Trainieren mit beiden Hunden getrennt.


    Eine wirklich klare Linie, wie ich das mit der Leinenführigkeit hinbekomme, so wie ich mir das vorstelle, habe ich eigentlich gar nicht, das muss ich zugeben. Wir haben mit unseren bisherigen Hundetrainern ausschließlich völlig gewaltfreie Methoden mit positiver Verstärkung angewendet. Stehen bleiben, Richtung wechseln, langsamer gehen. Wenn Hund an lockerer Leine geht markern, hinter meinem Körper belohnen und weiter...


    Ich habe aber das Gefühl, dass ich ab einem bestimmten Punkt so nicht mehr weiterkomme. Es geht jetzt vor allem erst einmal um meine Ersthündin. Wenn sie das Ziel kennt, wenn andere Hunde dabei sind, wenn sie sehr aufgeregt ist, zieht sie wie ein Kutschpferd. Mit zwei Hunden ist das dann kaum zu handhaben und sehr anstrengend.


    Ein Bekannter von mir hatte nun ein Wochenendseminar mit seiner eher unsicheren Hütehündin. Die Ergebnisse sind beeindruckend. Der Hund läuft an der Leine UND im Freilauf nur noch hinter oder maximal neben meinem Bekannten. Ich habe noch nie vorher so einen schnellen Erfolg eines Hundetrainings gesehen. ABER: Es wird komplett ohne positive Verstärkung gearbeitet. Es wird geblockt, begrenzt, korrigiert. Und ich habe den Eindruck, der Hund wirkt irgendwie eingeschüchtert.


    Ich habe meine Hündin an der Leine auch schon begrenzt und "bei mir" gefordert, womit ich meine, dass sie neben mir läuft und nicht voraus. Ich drehe mich dann in ihre Richtung und sie reagiert ganz gut darauf.


    Inzwischen glaube ich, es gibt nicht DIE Methode und nicht DAS Training. Jeder Hund ist anders und auch mein Bauchgefühl muss stimmen, wenn ich meinen Hund trainiere. Da kann man auch die Elemente der Trainingsmethoden austauschen und muss nicht nach Schema 0815 vorgehen. Was meint ihr?

  • Ich habe aber das Gefühl, dass ich ab einem bestimmten Punkt so nicht mehr weiterkomme.

    An dem Punkt waren wir auch. Rückblickend muss ich aber sagen, die Fortschritte waren da, nur stellten sie sich eben langsam ein. Jede Woche suchte er mehr Blickkontakt, jede Woche wurden die Ausrutscher (Ziehen) weniger, jeden Tag ging er eine halbe Minute länger freiwillig auf meiner Höhe. Man muss das manchmal mit etwas mehr Abstand betrachten. Ähnlich wie beim Abnehmen und Wiegen ;)


    Wir wären allein mit positiver Verstärkung und Richtungswechseln vielleicht irgendwann auch mal dahin gekommen, wo wir hin wollten (Hund überholt mich nicht) aber dann hat der Hund sich nen Nerv im Rücken geklemmt bzw. hatte Schmerzen und jeder Zug auf der Leine verkrampfte die vorher gelockerte Muskulatur. Also mussten wir genau das machen, was ich nicht wollte und was dein Bekannter auf dem Seminar gelernt hat. Nur arbeiten wir jetzt zusätzlich zum Klickern und loben mit dem Zurückdrängen/Begrenzen wenn der Hund meint sein Ding machen zu müssen. Ich denke, dass ein ausgeglichenes Verhältnis von beidem gut funktionieren kann. Ich habe mal mitgezählt und im Schnitt kommen wir auf etwa 8 mal Leckerlies/verbales Loben pro Tadel/Korrektur.


    Das ganze sieht ganz ähnlich aus (wenn auch mit eigenen Nuancen) wie es ein paar Seiten zuvor @ThorstenD beschrieben hat. An dieser Stelle ein "Haste Recht gehabt!" und auch ein Dank an @Dackelbenny für die Hilfestellung.


    Falls es dich beruhigt, ich fühle mich auch nicht wohl damit wenn ich meinen Hund zurückdränge und auch bei den Richtungswechseln mischte sich bei mir Trotz mit Unwohlsein.
    Aber umso mehr der Hund verinnerlicht was wir da machen, umso weniger Konzentration von seiner Seite ist dafür notwendig. Und genau diese Konzentration sehe ich bei meinem Hund. Wirklich eingeschüchtert von körperlichem Zurückdrängen ist er maximal noch 10m die wir nach der Korrektur weiter gehen. Spätestens mit dem ersten Lob fürs neben mir gehen, wedelt er mich wieder an und die Spannung ist raus. Danach kann man seinem Köpfchen beim Arbeiten zusehen. Das äußert sich auch darin, dass er insgesamt einen großen Gang runterschaltet und nicht mehr vollkommen hirnbefreit alles auf seinen Gefahrenwert checkt. Für ihn ist das nicht überholen momentan eben noch anstrengend, auch ganz ohne Korrektur.


    Aber ganz ehrlich, so schrecklich kanns ja nicht sein, wenn der Effekt nach 10 Minuten verraucht ist und er wieder testet ob die Regel denn noch gilt. Das er versteht worum es geht, beweist er mir mittlerweile gleich zu Beginn. Da wird ab der Haustüre nicht überholt. :ka: Und heute morgen erst hatten wir den ersten Spaziergang mit nur einer Korrektur (nach etwa einer Woche).


    Bei Hundesichtung und Aufregung wirds jetzt auch besser, wenngleich noch nicht richtig gut. Aber erstmal muss halt die Basis stimmen.

  • @tolldreist


    Interessanter und anschaulicher Bericht. Danke. Ich glaube auch, dass man da abwägen muss. Meine Hündin hat Vertrauen zu mir und wenn ich sie nun einmal blocke, damit sie nicht an mir vorbeizieht, ist das keine körperliche Züchtigung. Es kommt wohl wie immer darauf an, wie man etwas durchzieht. Und ich werde meine Hunde auch nicht ohne positive Verstärkung erziehen. Das ist einfach nicht mein Ding.


    Jetzt kommt das aber erst einmal alles noch einmal auf mich zu mit dem Neuzugang. Aber auch er lernt schnell, nicht nur sinnvolles allerdings! :D

  • Es wird komplett ohne positive Verstärkung gearbeitet. Es wird geblockt, begrenzt, korrigiert. Und ich habe den Eindruck, der Hund wirkt irgendwie eingeschüchtert.

    Ja, das wird sie sicherlich sein, aber das ist doch nicht verwunderlich, oder?

    Inzwischen glaube ich, es gibt nicht DIE Methode und nicht DAS Training. Jeder Hund ist anders und auch mein Bauchgefühl muss stimmen, wenn ich meinen Hund trainiere. Da kann man auch die Elemente der Trainingsmethoden austauschen und muss nicht nach Schema 0815 vorgehen. Was meint ihr?

    Genau das glaube ich auch. Es ist ja schon völlig unterschiedlich, wie jeder Halter sich die Leinenführigkeit vorstellt. Ob der Hund hinter einem, neben einem, im Radius um einen gehen soll etc. Schon davon hängt ja die Methode ab. Und dann eben auch davon, wie man arbeiten möchte und kann. Von der Methode her und von den Umständen her. Und last not least hängt es natürlich auch davon ab, was der Hund "versteht" also gut umsetzen kann.


    Ganz konkret: da wir in der Stadt leben und Elvis als Pointer einen Riesenradius hat + jagdlich sehr passioniert ist, läuft er mit Ausnahme von Hundeausläufen und Schleppleineneinheiten an der 2-Meter-Leine. Meine Vorstellung von Leinenführigkeit war, dass er diesen Radius gerne nutzen darf, aber nicht ziehen soll. Ich mag es z. B. gar nicht, wenn er nur neben und hinter mir geht. Neben mir gehen macht mich irgendwie nervös und außerdem sehe ich Elvis einfach gerne und das fehlt mir, wenn er hinter oder auch neben mir ist.


    Ich habe sehr konsequent (Trennung Halsband & Geschirr) und lange mit einer verkomplizierten Baummethode trainiert, dabei gab es Fortschritte, hat aber nie richtig gut funktioniert.


    Was jetzt für uns gut funktioniert hat, ist die Methode von Turid Rugaas, die letztlich ein Radiustraining ist. Dabei wird viel mit angekündigten Richtungswechseln (+ Belohnung) gearbeitet. Das hat von Anfang an gut geklappt, allerdings hatte ich dann irgendwann einen Durchhänger und habe über Monate hinweg nicht mehr geübt.
    Die größte Herausforderung für mich war, dass ich hier in der Stadt auf den Bürgersteigen den Richtungswechsel nicht immer einsetzen kann, zumindest nicht ohne anderen Passanten oder Radfahren massiv in die Quere zu kommen. Ich habe dann oft einen angedeuteten Richtungenwechsel eingesetzt (einfach ein paar Schritte rückwärts) oder Elvis nur zu mir geholt.
    Nach der langen Übungspause habe ich eines Abends durch Zufall bemerkt, wie gut Elvis die Technik noch draufhat. Er musste abends noch einmal raus, ich war zu faul ihm für nur-zum-Baum-vorm-Haus das Geschirr anzuziehen und bin nur mit ihm am Halsband und ohne Leckerlies raus. Draußen dachte ich dann aus einer Laune heraus, wir gehen einfach mal, bis er das erste Mal zieht und drehen dann um. Wir waren dann 20 Minuten unterwegs und ich war baff - und motiviert, wieder zu üben.
    Inzwischen sind wir weiter gekommen, als ich es zu hoffen gewagt hätte mit dieser Zugmaschine. Was mir jetzt noch einmal sehr viel gebracht hat ist, dass ich auf einen Blickkontakt warte, bevor wir weitergehen. Das Thema Blickkontakt habe ich wirklich jetzt erst so richtig entdeckt, blöd genug. Zum einen ist Elvis dadurch gedanklich häufiger "bei mir" und zum anderen ist es für mich auch schöner, einfach weil es sich jetzt viel mehr nach "gemeinsam unterwegs" anfühlt.


    Was bei mir außerdem extrem wichtig war ist, dass ich darauf achte, dass ich ihm durch meine Körperhaltung und ggf. auch durch Gesten zeige, in welche Richtung wir (weiter-)gehen. Diesbezüglich habe ich ihn in den ersten beiden Jahren sehr verwirrt.
    Nach Bina Lunzer habe ich übrgens kurzzeitig auch trainiert, bis mir irgendwann aufging, dass ich Elvis gerade beibringe, nur neben & hinter mir zu gehen.
    :roll:

  • Danke, KasuarFriday. Es können eben doch viele Methoden zum gewünschten Erfolg führen. Und es ist wohl auch wichtig, sich selber vorher genau darüber im Klaren zu sein, was man in punkto Erziehung (in dem Fall Leinenführigkeit) erwartet. Ich habe absolut nicht den Anspruch, dass mein Hund hinter mir her dackelt. Neben mir ist schon manchmal ganz praktisch (ist ja auch quasi bei Fuß, oder zumindest fast). Mir reicht es im Normalfall, wenn meine Hündin an lockerer (mindestens) 2 m Leine in diesem Radius bleibt. Was halt gar nicht geht, ist dieses ungestüme nach vorne ziehen. Meine Hunde sind zwar weniger jagdlich ambitioniert, aber Such- und Spürhunde und das Ziehen liegt schon auch etwas in ihrer Natur.


    Ich bin halt durch diesen wirklich frappierenden "Erfolg" meines Bekannten ein bisschen ins grübeln gekommen. Wie kann das so schnell gehen...? Aber vielleicht ist es für seine unsichere Hündin zunächst mal ein guter Ansatz, dass er ihr die Führung abnimmt. Ich kann mir nur nicht vorstellen, dass die Motivation des Hundes dauerhaft anhält, wenn er niemals positive Verstärkung für sein Tun erhält. Nach dieser Methode geht es halt vor allem auch um Respekt und Durchsetzung durch Körpersprache. Ich denke, das ist auch eine Typfrage, und zwar nicht nur des Hundetyps. :ka:


    Ich bin jetzt allerdings auch verstärkt auf eine zuverlässige Leinenführigkeit der Hunde angewiesen, wenn ich mit zwei Hunden gleichzeitig gehe. Sie werden beide zusammen auch 25 bis 30 Kilogramm auf die Waage bringen, wenn der "Kleine" ausgewachsen ist. Und das ist für meine Wenigkeit bei Dauerzug an der Leine schwer zu halten und macht wenig Spaß. Also werden wir daran arbeiten müssen. Wir wohnen übrigens auch sehr städtisch, so dass wir die ersten zwanzig Minuten bis zum Freilaufgebiet immer erst einmal mit angeleinten Hunden zurücklegen müssen, wenn wir zu Fuß sind.

  • Neben mir ist schon manchmal ganz praktisch (ist ja auch quasi bei Fuß, oder zumindest fast).

    Oh ja! Das brauchen & haben wir hier natürlich auch, ist bei uns "komm mal ran" und heißt für Elvis, er soll jetzt mal dicht neben mir gehen, bis ich es auflöse, z. B. wenn uns kleine Kinder (mit oder ohne Fahrrad) passieren etc. Ohne so ein Signal geht das hier nicht, zumindest nicht mit einer Leine die länger als 1 Meter ist.
    Wenn Elvis über längere Strecken näher bei mir laufen soll, fasse ich seine normale Leine kürzer, das geht dann auch, aber da ist mein Anspruch nicht, dass er nicht zieht. Zumindest noch nicht, mu-haha.

    Was halt gar nicht geht, ist dieses ungestüme nach vorne ziehen. Meine Hunde sind zwar weniger jagdlich ambitioniert, aber Such- und Spürhunde und das Ziehen liegt schon auch etwas in ihrer Natur.

    Uff, ich glaube, ich weiß was du meinst. Elvis hatte am Geschirr ein sich-in-die-Leine-rammen erfunden, mit dem er noch einmal wichtige Zentimeter nach vorne gewinnt. Autsch und autsch vom Zusehen!
    Das macht er am Halsband nicht und aktuell läuft er auch am Geschirr besser als vorher (ich will es nur nicht beschreien!).
    Zumindest Elvis' Ziehen ist m. E. eine ziemlich simple Kosten-Nutzen-Rechnung für ihn: er möchte um fast jeden Preis zu einer bestimmten Stelle. Wenn er sich dafür strangulieren oder die Wirbelsäule verbiegen muss, egal, er will da hin, das ist ihm wichtig. Am Halsband weiß er jetzt, dass er da schon hinkommt, zwar einen Ticken langsamer, aber dafür auch atmend :)

    Ich bin halt durch diesen wirklich frappierenden "Erfolg" meines Bekannten ein bisschen ins grübeln gekommen. Wie kann das so schnell gehen...?

    Disclaimer: ich bin die totale Wattebauschwerferin, soger eher Wattebauschhinlegerin, dementsprechend sehe ich die Welt natürlich. In bestimmten Situationen blocke ich Elvis auch mal oder dränge ihn zurück, weil es dann gerade am einfachsten und schnellsten geht, aber das käme für mich persönlich nicht als Trainingsstrategie in Frage - weil ich halt ein Wattebauschiweichei bin! :) /Ende des Disclaimers.


    Naja, platt gesagt würde ich denken, der Hund ist eingeschüchtert und bleibt darum halt hinten. Du hattest in deinem anderen Post geschrieben "Es wird geblockt, begrenzt, korrigiert." Das Blocken und Begrenzen (also nach vorne begrenzen?) ist schon recht, sagen wir, eindrucksvoll.
    Meiner Ansicht nach unterscheiden sich die Körpersprache und das Empfinden derselben von Hund und Menschen da nicht so stark, darum kann man das m. E. ganz gut vermenschlichen:
    Wenn ich mit dir zusammen einen Einkaufsbummel mache und dir jedes Mal, wenn du an mir vorbeigehen willst, begrenzend in den Weg laufe, drohend einen Schritt auf dich zu mache oder dich dabei auch mal schubse, dann wirst du auch sehr schnell hinter und neben mir bleiben. Je nach Temperament hältst du mich dann für irgendwas zwischen nervig bis gefährlich-verrückt. Je gefährlicher-verrückter ich dir vorkomme, desto besser wird es funktionieren. Wenn ich es schaffe, dir zu vermitteln, dass ich dir ggf. auch wehtue, wenn du mich überholst, dann funktioniert es besonders gut, dann wirst du penibel darauf achten, hinter mir zu bleiben! (Vermutlich wirst du aber nicht noch einmal mit mir zusammen shoppen gehen).


    Will sagen: das geht so schnell durch Einschüchterung. Gerade bei einer unsicheren Hümdin funktioniert das natürlich super. Nett ist für mich aber etwas anderes.


    Wobei mir einfällt: weißt du, wie korrigiert wird? Oft empfinden Hunde das, was wir Menschen "Korrektur" nennen, als Strafe, das kommt dann noch hinzu. Bei der Strafe gilt genauso wie bei der Belohnung, dass nicht der Mensch, sondern der jeweilige Hund entscheidet, was jetzt strafend wirkt. Generell funktioniert m. E. der Vergleich mit dem Menschen aber auch hier wieder ziemlich gut. Wenn du beim Einkaufsbummel aus Versehen an mir vorbeigehst und ich zische dich an, dann wirkt das schon nicht so nett. Genauso, wenn ich dich z. B. mit dem Finger pieke oder so. Das tut ja nicht weh, aber wenn ich das immer wieder mache, wirst du zusehen das (und zukünftige EInkaufsbummel mit mir) zu vermeiden.

    Aber vielleicht ist es für seine unsichere Hündin zunächst mal ein guter Ansatz, dass er ihr die Führung abnimmt. Ich kann mir nur nicht vorstellen, dass die Motivation des Hundes dauerhaft anhält, wenn er niemals positive Verstärkung für sein Tun erhält. Nach dieser Methode geht es halt vor allem auch um Respekt und Durchsetzung durch Körpersprache.

    Ich als Wattebauschi empfinde das hier so, dass sie nicht geführt, sondern eingeschüchtert und bedroht wird, plakativ gesagt. Die Motivation des Hundes ist hier, Ärger und Bedrohungen (Blocks, Begrenzungen, Korrekturen) zu vermeiden. Das kann schon ohne weitere Belohnung funktioniern, man muss ggf. nur immer mal wieder etwas nachlegen, falls sie doch wieder vorläuft. M. E. erlernt sie dabei keinen Respekt, sondern nur, dass sie bedroht wird, wenn sie nicht hinter/neben dem Menschen läuft.
    Bei unserem hypothetischen Einkaufsbummel würde es dir sicherlich ähnlich gehen. Du hättest vermutlich nicht den Eindruck, ich führe dich und nehme dir etwas ab, sondern wenn du Glück hast, kommst du auch zu Schaufenstern, die dich interessieren, ohne dass ich dich körperlich bedränge. Es kann aber auch sein, dass ich dich gar nicht zu den Schaufernstern hinlasse, die dich interessieren. Pech gehabt!
    Respekt wirst du vermutlich auch nicht für mich empfinden, wenn ich mich wie beschrieben verhalte. Wie gesagt, je nach deinem Temperament und meinem Grad der Bedrohlichkeit wirst du mich irgenwo zwischen extrem unhöflich, sozial inkompetent und gefährlich einordnen. Als souverän wirst du mich vermutlich auch nicht empfinden, als durchsetzungsfähig im eher negativen Sinne schon eher.

    Ich denke, das ist auch eine Typfrage, und zwar nicht nur des Hundetyps.

    Ja, das stimme ich voll & ganz zu. Jeder Halter definiert ja für sich, was für ihn vertretbar ist, was ok ist und was er bevorzugt.
    Allerdings sehe ich da auch die Hundetrainer in der Verantwortung, falls man die jeweilige Methode gerade von einem vermittelt bekommt, dass sie ein Auge darauf haben, dass es dem Hund gegenüber fair zugeht.
    Bei manchen Trainern weiß ich aber auch selbst nicht, ob ihnen eigentlich klar ist, weshalb ihre Methode funktioniert und wie. Ich habe vor einiger Zeit mal Videos von der Maike Dingsda Nowak gesehen, in denen sie "körpersprachlich" arbeitet. Sie wirkt als Mensch auf mich so ein bisschen verträumt und alternativ und säuselt in den Videos im Voice-over irgendwas Bedeutungsvolles. Fand ich interessant. Dann habe ich mir die Videos auf Anraten anderer noch mal ohne Ton angesehen. Mein lieber Scholli! Mir war vorher nicht klar a) wie sehr ich mich von Worten einlullen lasse und b) wie gut und einfach man als Mensch grundlegende Hundekörpersprache lesen kann. Da braucht es keine 10.00 Seiten Calming Signals, um zu sehen, wenn ein Hund Angst hat, ihm etws unheimlich ist, er verwirrt ist und nicht weiß wohin mit sich etc. Das erkennt man wie bei einem Kind.


    Zusätzlich finde ich beim Thema Leinenführigkeit eben auch wichtig, wofür man sie braucht. Für 300 Meter bis zum Feld und dann Freilauf/lange Leine würde ich Elvis auch einfach beibringen, neben mir zu gehen und das wäre es.


    Wir wohnen übrigens auch sehr städtisch, so dass wir die ersten zwanzig Minuten bis zum Freilaufgebiet immer erst einmal mit angeleinten Hunden zurücklegen müssen, wenn wir zu Fuß sind.

    Das ist ja eigentlich eine prima Strecke, entspricht etwa unserem Weg zu dem Park, in dem bei uns der Hundeauslauf ist und die nächstgelegene Schleppleinenmöglichkeit. Und ist ja eigentlich super, wenn die beiden es dann bald geschafft haben, leinenfreundlich dorthin zu kommen, dass sie nach der Konzentration dann freilaufen können.

  • Wenn ich mit dir zusammen einen Einkaufsbummel mache und dir jedes Mal, wenn du an mir vorbeigehen willst, begrenzend in den Weg laufe, drohend einen Schritt auf dich zu mache oder dich dabei auch mal schubse, dann wirst du auch sehr schnell hinter und neben mir bleiben. Je nach Temperament hältst du mich dann für irgendwas zwischen nervig bis gefährlich-verrückt. Je gefährlicher-verrückter ich dir vorkomme, desto besser wird es funktionieren. Wenn ich es schaffe, dir zu vermitteln, dass ich dir ggf. auch wehtue, wenn du mich überholst, dann funktioniert es besonders gut, dann wirst du penibel darauf achten, hinter mir zu bleiben! (Vermutlich wirst du aber nicht noch einmal mit mir zusammen shoppen gehen).

    Der Schlüssel liegt, wie so oft bei der Hundeerziehung daher darin dem Hund auch zu zeigen was er tun soll und nicht nur darin, ihm imposant zu vermitteln, was er gefälligst zu lassen hat. Wenn man kein Alternativverhalten bestätigt...ja dann wirkt die Methode bestenfalls fies, die Motivation dahinter erschließt sich dem Tier jedoch nicht.


    Gerade bei wirklich sehr unsicheren, bereits oder fast ausgewachsenen Hunden, die bisher immer vorne liefen und damit verbundene problematische Verhaltensweisen gezeigt haben (und damit meine ich nicht das Ziehen), ist der Nutzen auf Dauer deutlich größer als man meint.
    Wenn dann dieses "Ich muss vorne sein, die Lage peilen, Gruseliges von uns beiden fernhalten"-Muster zu fest im Köpfchen verankert ist, dann arbeitet man beim Hund allein mit positiver Verstärkung gegen etwas an, das er zwar selber eigentlich lieber nicht machen würde, das aber quasi schon aus einem inneren Zwang heraus passiert (weil der Halter nicht/nie geführt hat ob nun wortwörtlich oder im übertragenen Sinne). Und mit super sanften Methoden gegen einen aus der Verzweiflung/Unfähigkeit anderer geborenen Zwang zu arbeiten...das ist bestenfalls nur eine S****arbeit. Ob nun selbst verschuldet oder nicht.


    Versuch mal jemandem, der dich bislang in einer Sache als echt inkompetent erlebt hat, klarzumachen, dass du ab jetzt die Leitung übernimmst. Der nimmt dich zu Recht nicht ernst. :headbash:

  • @KasuarFriday


    Ich weiß. Ich wollte nur erläutern wo bei einigen Haltern die Motivation für so eine Vorgehensweise herkommt. Und wo der Knackpunkt ist, der daraus etwas wirklich sinnvolles für eine bestimmte Hundegruppe machen kann :gut:

  • @tolldreist


    Genau so eine unsichere, junge Hündin ist das bei meinem Bekannten. Ich glaube auch, dass die Trainerin nicht nach 0815 Schema vorgegangen ist und schon differenziert hat. Beeindruckend ist das allerdings schon, wie die Hündin jetzt "spurt". :???:


    @KasuarFriday


    Danke für deine ausführliche Schilderung. Auch ich bin eher jemand, der die sanfte Tour fährt. Irgendwie lässt man sich manchmal auch ganz schön unter Druck setzen, was die Hundeerziehung angeht. Das ist schlimmer als bei der Erziehung der Kinder! :roll: Umso wichtiger ist es, für sich und seinen Hund, den richtigen Weg zu finden und zu gehen.


    Falls das interessiert. Besagtes Training ist canitraining mit Nicole Rößner. Vielleicht kennt das jemand und hat bereits Erfahrungen damit gesammelt.

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