"xy mit einem Tabu belegen"

  • Es fiel auch der Vergleich mit einer Welpenmutter, die kein großes Theater machen muss, wenn sich ein anderer Hund den Welpen nähert. Sie bleibt ruhig, gibt aber eindeutige Signale und der andere Hund akzeptiert es ohne einen weiteren Versuch zu unternehmen.

    Würde ich so nicht bestätigen.
    Es gibt so viele Hunde die eben so "distanzlos" oder eher "respektlos" sind, das sie es immer und immer wieder versuchen, bis sie einen auf den Deckel bekommen.

  • Formale und soziale Erziehung kann und muss man nicht trennen. Genauso wenig wie man sich bei den 4 möglichen Lerngesetzen nicht nur eins raus suchen kann.
    Wir alle unterliegen äußeren Einflussen, verschiedenen Situationen im Leben und auch verschiedenen Formen der Konfliktlösung.
    Je stabiler und klarer ich selbst bin, desto einfach ist es auch für mich, meinem Hund etwas zu vermitteln.


    Unsere Beziehgungsgeflechter mit unserem Hund sind ja sehr vielschichtig und variantenreich, genauso wie wir Menschen und unsere Hunde es sind. Keine Situation im Leben ist gleich, man kann nicht immer alles planen, aber man kann variantenreich und flexibel auf Situationen und Konflikte reagieren.


    Genauso wie es Hundemütter gibt, die ihren Welpen nie oder selten Grenzen aufzeigen und sich alles gefallen lassen und jeder Welpe auch wieder eigene Eigenschaften hat. Der eine kuscht schon beim bösen Blick, der nächste braucht eine deutliche Ansage. Lernen tun beide am Ende das gleiche, nur der Einsatz der Mittel ist unterschiedlich stark.


    Wenn ich selbst ein zurückhaltender, wenig entscheidungsfreudiger Mensch mit wenig Durchsetzungvermögen bin, kann das zu dem einen Hund gut passen und bei einem anderen Hundetypus zu Problemen führen. Hunde fragen genau wie Kinder nach Führung, orientieren sich gerne an dem, der einen Plan vom Leben hat.


    Die Passung macht es am Ende und wie gut ich mich mit meiner ganzen Persönlichkeit in diese Beziehung mit einbringen kann.


    Der Hund ist ein guter Beobachter, der kennt mich ganz genau, kann meine Stimmungen ablesen, sollte wissen, wann Sense im Karton ist oder ob er mich doch noch zu etwas überreden kann.
    Ich kann mich einfach mit meiner Persönlichkeit raus halten und dem Hund vorgaukeln, dass das Leben ein Ponyhof ist oder mich immer nur um Konflikte drumhrum arrangieren.


    Ich muss mich einbringen mit meinem ganzen ICH, auch mal mit schlechter Laune, genauso wie ich meinem Hund auch mal schlechte Laune zugestehe oder ein kleines Fehlverhalten auch mal übersehen kann, weil ich es mir gerade in der einen Situation einfach leisten kann. Ich kann genauso gut mal sauer auf meinen Hund sein, genauso wie ich auch mal mit Humor an eine Sache ran gehe und Fünfe gerade sein lassen kann.


    Am Ende des Tages muss nur klar sein, wer die Entscheidungen trifft, wer das Miteinander anleitet. Je klarer ich bin, desto freiwilliger orientiert sich auch der Hund und desto eher kann ich auch mal in nicht wichtigen Bereichen über eine Verhaltensweise hinwegsehen.
    Aber wenn es wirklich um was Wichtiges geht, muss klar sein, wer dann die Führung übernimmt und wer den Plan haben MUSS.


    Ich bin der Erziehungsberechtigte, ich bin in der Verantwortung, genauso wie mit einem Kind eigentlich. Ich muss dem zu Erziehenden die Welt erklären, dafür sorgen, dass dieser sich der Umwelt gegenüber kompatibel und adäquat verhalten lernt.
    Und da gehören Verbote einfach auch mit dazu. Nicht aus Boshaftigkeit, sondern auch, um zu schützen.

  • Danke @gorgeous2000 dass du deine Gedanken mit uns teilst :smile: Einiges davon hat mir Stupser in die richtige Richtung gegeben. So kann auch ich mich immer besser selbst reflektieren und zwar aus dem Bauch heraus entscheiden, aber dennoch bewusst und nicht kopflos.

  • Ich wundere mich, wie du darauf kommst, dass es nichts mit Strafe zu tun hat, wenn ein Hund einem anderen gegenüber Grenzen setzt.


    Er warnt, und wird die Warnung mussachtet, gibt es unangenehme Folgen (das ist per defintionem eine Strafe).


    Wenn der andere diese (drohende) Strafe missachtet weil er die winkende Belohnung, das Schweineohr, wichtiger findet, oder einfach den anderen Hund nicht respektiert, dann kommt es zum Konflikt um die Ressource.


    soziale Verhaltensweisen unterliegen denselben Prinzipien wie alles Lernen: manche Sachen haben angenehme Folgen, andere haben unangenehme Folgen, daraus werden Schlüsse gezogen und es wird abgewogen, was gerade schwerer wiegt (es sei denn, Instinktverhalten übernimmt - Flucht, Angriff usw - dann findet kein echtes lernen mehr statt).


    Der Grund, dass unter Hunden die Androhung von Strafe meist besser funktioniert, als wenn der Mensch das tut, ist weil Hunde bereit sind, die Drohung wahr zu machen. NUR dann ist die Drohung effektiv. (Hunde, die nur Theater machen, aber sonst nix, werden auch nicht ernst genommen)


    Wenn man das nicht bereit ist zu tun (verständlicherweise), dann sollte man auch nicht drohen, sondern lieber ein Alternativverhalten erarbeiten.

  • Ich wundere mich, wie du darauf kommst, dass es nichts mit Strafe zu tun hat, wenn ein Hund einem anderen gegenüber Grenzen setzt.

    Ich hab doch gar nichts anderes behauptet.



    Er warnt, und wird die Warnung mussachtet, gibt es unangenehme Folgen (das ist per defintionem eine Strafe)

    Genau, wenn also nur gewarnt wird, ist es noch keine Strafe, höchstens die Androhung, aber ja auch nur, wenn tatsächlich die unangenehme Folge eintritt. Mal abgesehen davon, dass ich das nicht bewusst einsetze, geht es mir ja genau darum, dass man die Warnung ausspricht, dass man xy nicht möchte und es dann akzeptiert wird, ohne die Konsequenz bei nicht befolgen jedes mal heraus zu fordern. Es ist ja nicht so, dass Hunde es untereinander grundsätzlich auf den Konflikt ankommen lassen, da wirkt auch oft allein die Drohung.
    Wahrscheinlich sind deine letzten beiden Sätze der Schlüssel. Hunde sind da von Natur aus einfach konsequenter ;)

  • Genau, wenn also nur gewarnt wird, ist es noch keine Strafe, höchstens die Androhung, aber ja auch nur, wenn tatsächlich die unangenehme Folge eintritt. Mal abgesehen davon, dass ich das nicht bewusst einsetze, geht es mir ja genau darum, dass man die Warnung ausspricht, dass man xy nicht möchte und es dann akzeptiert wird, ohne die Konsequenz bei nicht befolgen jedes mal heraus zu fordern.


    Stell dir das vor wie Stufen oder Phasen. Wenn ich mal aus dem Pferdebereich "ausleihen" darf.
    Man möchte erreichen, dass das Pferd mit der Hinterhand zur Seite tritt.
    Phase 1: ein Blick/Körpersprache
    Phase 2: leichter Druck/Klopfen mit dem Stick, oder der Hand
    Phase 3: festerer Druck
    Phase 4: so fest, dass auf JEDEN Fall eine Reaktion erfolgt.


    Bei gewünschter Reaktion, sei sie auch nur ein Millimeter, sofort!! den Druck komplett wegnehmen - also das Prinzip der negativen Verstärkung nutzen, damit Pferd lernt, was man eigentlich möchte, und damit effektiv in Zukunft die Strafe - die Phase 4 - vermeiden kann. Wieder bei Phase 1 anfangen.


    Wenn man das mit gutem Timing!!! und natürlich guter Kommunikation macht, braucht man nur sehr selten eine Phase 4. Aber: sie ist immer ein Potential.


    Wichtig: Der Zusammenhang zwischen Phase 1 und Phase 4 muss glasklar sein. Und man muss immer !! bei Phase 1 anfangen. sonst stumpft Pferd ab.


    Phase 1 - die minimale "Drohung", die später nur noch wie ein signal aussieht, und Phase 4 - die Strafe - sind also nicht unterschiedliche Dinge. Du kannst nicht Phase 1 haben, ohne beriet zu sein für Phase 4.


    Das Problem ist, dass die meisten Menschen weder eine Phase 1 noch eine Phase 4 haben, sondern ewig in einer nervigen Phase 2 und 3 rumdümpeln. Damit wird der Hund nur abgestumpft und lernt, den Menschen zu ignorieren.


    Ds ist natürlich ein stark vereinfachtes Schema, das dazu dient, meine Aussage zu verdeutlichen.
    Was eine Phase 4 ist, bestimmt der Empfänger. Für den einen ist schon ein lautes wort eine Phase 4, andere müsste man prügeln. Also: mit Strafe/Druck/Drohungen muss man sehr überlegt umgehen und sich klar sein darüber, was man tut, wie und warum.




    Wieso ist es uns Menschen nicht möglich, dem Hund ohne große Diskussion zu vermitteln, dass wir xy nicht möchten und er das diskussionslos akzeptiert, ohne den Einsatz von Strafe (darunter fallen für mich auch Schreckreize wie brüllen, auf den Boden stampfen etc)?
    Es fiel auch der Vergleich mit einer Welpenmutter, die kein großes Theater machen muss, wenn sich ein anderer Hund den Welpen nähert. Sie bleibt ruhig, gibt aber eindeutige Signale und der andere Hund akzeptiert es ohne einen weiteren Versuch zu unternehmen.

    Das hatte ich so interpretiert, dass du sagen wolltest, die Hundemutter würde nicht strafen.
    Und da würde ich widersprechen.


    Übrigens ist das für mich eine Diskussion, kein Aufruf, zu strafen.


    Ob man straft oder nicht - man sollte halt wissen, was da passiert, das ist alles.

  • Aus meiner Sicht wird der Begriff Strafe häufig einfach missverstanden und mit aggressiven Verhalten, Boshaftigkeit und unfairem Verhalten gleichgesetzt.


    In der Lerntheorie wird der Begriff Strafe ganz anders definiert und viel sachlicher betrachtet.


    Da gibt es:


    positive Verstärkung (Hinzugabe etwas Angenehmen) > ein Verhalten wird häufiger gezeigt
    negative Verstärkung (Wegnahme etwas Unangenehmen) > ein Verhalten wird häufiger gezeigt


    positive Strafe (Hinzugabe etwas Unangenehmen) > Verhalten wird weniger gezeigt
    negative Strafe (Wegnahme etwas Angenehmen) > Verhalten wird weniger gezeigt


    Das positiv und negativ muss mathematisch gesehen werden als Plus und Minus.


    Verstärkung führt dazu, dass ein Verhalten zkünftig häufiger gezeigt wird und Strafe, dass ein Verhalten nicht mehr oder gar nicht mehr gezeigt wird.


    Somit ist es also gar nicht möglich, zu sagen, dass man nur über positive Verstärkung erzieht. Es ist einfach gar nicht möglich.


    Belohnung oder Strafe kann/muss jeweils so eingesetzt werden, wie es für den jeweiligen Hund passt und was dieser als Strafe oder als Belohnung empfindet.


    Vor allem die negative Strafe wird man häufiger einsetzen als man denkt. Diese findet in vielen Bereichen des Lebens einfach statt.


    Mal ein Beispiel, weil diese Maßnahme gerade beim Welpen sehr beliebt ist:
    Hund überdreht beim Spiel mit dem Mensch - Hund wird ausgesperrt oder vom Menschen ignoriert (Entzug soziale Nähe/Ansprache).
    Das ist rein lerntheoretisch eine negative Strafe.


    Solche Situationen finden häufig im Alltag einfach so und unbewusst statt. Oft greifen die Gesetze auch ineinander, je nachdem wie der Hund verknüpft oder was für Schlüsse er daraus zieht oder wie die Gesamtsituation zu betrachten ist.


    Aus meiner Sicht haben diejenigen, die sagen, dass sie rein über positive Verstärkung erziehen, sich niemals ernsthaft mit Lerngesetzen beschäftigt, denn dann würde einem auffallen, dass das eine ohne das andere oft gar nicht möglich ist.


    Sicherlich ist das alles sehr behavioristisch und somit reine Theorie.
    Lebewesen sind viel komplexer und unterliegen Umwelteinflüssen und Beziehungen.


    Behavioristen beschäftigen sich nicht mit dem Inneren, den Gefühlen und dem Ganzen, sondern sehen Mensch/Tier rein als Objekt/Empfänger.


    Trotzdem ist es gut zu wissen, wie Lernen stattfindet. Und in manchen Bereichen kann man das gezielt auch einsetzen.

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