"Problemhunde" und die täglichen Gassigänge...

  • Vielen Dank @Karotto , tut sehr gut das zu lesen :-) Das Bauchgefühl ist da denke ich wirklich entscheidend, man merkt ja schon, wenn der Hund unglücklich oder apathisch wirkt. Und oft denke ich mir auch, das ist wie beim Menschen: Wenn ich es nicht gewohnt bin, Sport zu machen und draußen zu sein, fehlt mir nix. Wie viele Stubenhocker gibt es, die ihre zeit lieber mit PC oder TV verbringen, als Sport zu machen oder etwas zu unternehmen. Ich denke, ich mache den Fehler, dass ich alle Hunde immer über einen Kamm schere. Dabei sind es eben doch alles Individuen... =)

  • Wenn sie nach solchen Stadt-Begegnungen extrem gestreßt war, wart Ihr evtl. noch einfach zu nah dran am Geschehen (denn wenn der Hund dabei so sehr unter Streß ist, ist er ja auch net aufnahmefähig- mußt also die Entfernung rausfinden, in der der Hund noch aufnahmefähig ist, das kannst nur durch Testen rausfinden. So nah, daß ers wahrnimmt, er kann ruhig auch schon gaaanz leicht nervös sein. Aber wenn er komplett im Streß ist, bringts nix, weil da kommt er anfangs net raus ausm Streßmodus, das soll er ja erst genau bei der Aktion lernen). Und nicht gleich Radwege, wo es ja viel schnelle Bewegung gibt, sondern Fußwege, das ist glaub ich besser, weil das einfach langsamer ist, und damit nicht ganz so bedrohlich.

    Und man darf halt auch net gehen, bevor der Hund sich echt komplett runtergefahren hat und erkannt hat, daß nix passiert - denn ansonsten geht der Hund beim nächsten Mal wieder mit der gleichen Streßeinstellung an die Sache ran... Also: wenn Du das nochmal versuchen möchtest, dann echt aushalten, und evtl. mit etwas mehr Abstand zu den Leuten. Ob Du Dich da an den Rand eines Sportplatzes setzt oder eben ne Seitengasse in der Stadt, wo keinen Autos fahren, nur ab und an Fußgänger vorbeikommen oder sowas, mußt halt gucken, vorzugsweise irgendwo, wo Du den Hund auch sicher festmachen kannst (Laterne/einbetonierte Bank/Baum), sodaß Du gar net erst überlegen mußt, ob Du ihn im Zweifel halten kannst - weil allein diese Überlegung Dich in Streß bringt - und das merkt der Hund natürlich wiederum, das hast ja selbst schon gut erkannt :-)

    Daß der Hund aufm Mittelaltermarkt nix sagt, ist klar - der ist vollkommen überfordert und weiß net, wen er zuerst anpöbeln soll *gg Weil halt alles gleichzeitig auf ihn eindrischt, die ganzen Eindrücke. Das hat glaubich nix mit dem souveränen begleitenden Hund zu tun. Kommt dann wieder wo ein Einzelner Mensch entgegen, dann hat er ein "Opfer", auf das er sich stürzen kann, bei so vielen weiß er quasi nicht, wo er anfangen soll, und hält lieber die "Klappe" *gg Allein das Schlafen am nächsten Tag hat Dir ja gezeigt, daß der innerlich gar nicht so entspannt gewesen sein mag, wie´s aussah (mit bisserl Erfahrung sieht man das dem Hund in der Situation auch an: Schwanz abgesenkt, verkrampft, was auch immer, je nach Hund).

    Solche Dinge würde ich auch nicht empfehlen, denn er bekommt, solange Du noch nicht weißt, wie Du ihn handhaben kannst, keinen Rückhalt von Dir. Im Gegenteil, er macht immer wieder die furchtbare Erfahrung, daß er zusammen mit Dir in Situationen kommt, die er nicht bewältigen kann! Er soll doch lernen, daß DU ihm die Sicherheit gibst, daß nix passiert unterwegs. Und solange Du nur re-agierst, indem Du den in die Leine preschenden Hund festhälst, statt ihm (und Dir!) vorher zu sagen "hey - wir machen das, lauf einfach hinter/neben mir, dann kriegen wir das" und ihm zeigst, was er tun kann/soll, solange wirst Du da keinen Fortschritt machen.

    Achja - der etwas größere Abstand zum "Opfer" der Attacken wird automatisch auch Dich etwas ruhiger werden lassen (netter Nebeneffekt), sodaß Dein Hund dann von Deiner Ruhe profitieren wird.

    Geht natürlich alles nicht von heute auf morgen, zumal wenn kein erfahrener Ausbilder daneben steht, der falsche Reaktionen Deinerseits erkennen und Dir Alternativen an die Hand geben kann. Du mußt Dir eben selbst klarmachen, was an welcher Stelle
    (Deiner Reaktion) gut war, und was eher schlecht war und Dich in Schwierigkeiten oder auch weitergebracht hat, also hinterher immer nachdenken, was hat gut getan, was weniger in einer Situation, wie kannst Du es anders handhaben (Umgebung, Deinen Hund betrachten, Dich betrachten bei der Frage).
    Und man muß auch austesten, auf welchem Abstand man am besten zu arbeiten beginnt (kann auch je nach Tag und Erregunslevel des Hundes variieren), und wie man den Hund am besten erreicht, bevor er komplett hochgefahren ist. Das dauert halt bisserl....

    Nochwas: 1-2mal (max.!) die Woche das auszutesten, reicht anfangs vollkommen, da hat der Hund mehr als genug zu tun. Aufregung = Adrenalin, und das braucht nachgewiesenermaßen bis zu 7 Tage, um im Körper abgebaut zu werden. Wenn das also nicht abgebaut ist, und Du wieder in eine Aufregung reingehst, ist der Streßlevel gleich zu Beginn der Übung noch erhöht durch das Adrenalin, und der Erfolg für Euch wird dadurch weniger wahrscheinlich. Daher ist an der Stelle wie so oft weniger auch mehr.

    Gib nicht auf - so schwer es im ersten Moment erscheinen mag, so schön ist es dann, wenn man (egal, wann! Setz Dich da nicht unter Druck!) sein Ziel auch nur halbwegs erreicht hat, und ganz stolz mit dem Hund durch die Stadt laufen kann, ohne daß der jeden anmeckern muß! :-) Kopf hoch! :-)

  • ...
    Und zwar mit dem Hund auf einen einigermaßen gut besuchten (Supermarkt-)Parkplatz fahren. Wir setzen uns dann mit ihr in den Kofferraun und beobachten die Szenen, die sich da abspielen. Das hat sie gleich richtig gut angenommen, weil ihr der geschützte Rahmen "ihres" Kofferraums ganz viel Sicherheit gegeben hat.
    ....

    Des is ja mal ne coole Idee :-) - dann hat der Hund sozusagen sein beschützendes "Schneckenhaus" bei der Aufgabe dabei und damit einen Rückzugsraum. Und er entspannt sich wahrscheinlich schneller, wenn einer mal "komisch" war.

  • Mehr Abstand beim Feld probiere ich ständig, allerdings habe ich da immer das Problem, dass mal ein Abstand von 10 m ausreicht, mal sind aber 50 m noch zu wenig. Kommt auf die Tagesform an und darauf, wie interessiert der andere Hund ist. Daher schaffe ich es nur centimeterweise, mal näher an den anderen Hund/Mensch zu kommen... :-( Zudem sind die Übungsmöglichkeuiten echt begrenzt, da wie gesagt jeder zweite im Ort einen Hund hat, aber kaum jemand unterwegs ist. Wir begegnen vielleicht ein oder zwei Hunden an guten Tagen, gar keinem an schlechten Tagen. Und dann läuft es meist so: Sie sieht den Hund und wenn der Abstand ausreicht, ignoriert sie ihn vollkommen. Null Interesse, weder an dem Hund noch an leckerlies. Wenn ich aber zu nah bin, geht das Gekeife sehr unvermittelt und schnell los und ich bekomme sie nicht wieder runter, egal ob durch abdrehen, weggehen, beruhigen etc. Da bin ich oft echt hilflos; die Übungssituationen sind einfach superselten und viele Hundehalter drehen auch ab, weil sie selber Begegnungen vermeiden wollen.


    Vielleicht habe ich mich auch falsch ausgedrückt: Mein Hund muss weder mit mir in die Stadt noch stundenlang durch das Dorf. Durch die Stadt finde ich durch die Abgase auf Hundis Nasenhöhe eh Horror, ich bin selbst auch kein großer Stadtfan. Wir sind auch fast nie in Städten, ich arbeite lediglich in Stuttgart und bin imemr wieder froh, heimzukommen :applaus:


    Ich würde einfach gerne die Hunde- und Menschenbegegnungen auf dem Feld entspannter gestalten, dazu die 500 m durch das Dorf bis zum Feldrand etwas angenehmer für sie machen. Leider kann ich durch das Dorf den Abstand absolut nicht vergrößern, denn ich laufe immer in der Mitte der Straße. Ich bin mir daher nicht sicher, inwiefern es für unsere Kleine irgendeinen lerneffekt bedeuten würde, wenn ich mit ihr irgendwo sitze und beobachte. Sie ist da sehr schnell gelangweilt, kommt aber jemand zu nah vorbei wieder genau auf 180. Und wo ich hinkomme, kommen halt leider auch andere Menschen hin... :verzweifelt: Wie du siehst: Ich bin verwirrt. Und weiß eben nie, inwiefern verschiedene Trainingsansätze jetzt was bringen oder nicht... habe schon viel ausprobiert, aber diese hohe Nervosität ist echt null besser geworden in den vielen Monaten. Aber eben nur nach Begegnungen, denn daheim ist sie die Ruhe selbst...


    Ich werde wohl weiter versuchen, die Gassizeiten unten zu halten, mal schauen wann ein paar Hunde und Menschen zum Üben unterwegs sind und so weiterüben, wie bisher. Wahrscheinlich wird die Kleine nie so ganz entspannt sein, dazu lief 4 Jahre lang alles viel zu schief *seufz*

  • Ich denke, ich mache den Fehler, dass ich alle Hunde immer über einen Kamm schere. Dabei sind es eben doch alles Individuen...

    Das passiert mir auch oft und dann fange ich an zu zweifeln genau wie Du. Aber eigentlich weiß ich mittlerweile felsenfest, dass die generelle Richtung, in die wir uns mit unserem Hund bewegen, genau richtig für sie ist. Fehler passieren halt und manchmal über- oder unterfordert man den Hund auch mal, aber davon geht der ja nicht kaputt, so lange alles andere stimmt.

    Daß der Hund aufm Mittelaltermarkt nix sagt, ist klar - der ist vollkommen überfordert und weiß net, wen er zuerst anpöbeln soll *gg Weil halt alles gleichzeitig auf ihn eindrischt, die ganzen Eindrücke. Das hat glaubich nix mit dem souveränen begleitenden Hund zu tun. Kommt dann wieder wo ein Einzelner Mensch entgegen, dann hat er ein "Opfer", auf das er sich stürzen kann, bei so vielen weiß er quasi nicht, wo er anfangen soll, und hält lieber die "Klappe"

    So ist Nosy z.B. beim Tierarzt: lammfromm, wenn man sie nicht besser kennt, macht brav alles mit und gibt keinen Laut von sich.
    Guckt man genau hin, sieht man, wie sie aus der Schnute tropft, haufenweise Fell abwirft und dass alle Muskeln angespannt sind.
    Ihr Gehirn sagt dann einfach *tilt* und fährt Autopilot und der ganze Hund läuft wie mechanisch. Im Tierheim war sie auch so, auf dem Rücken war ihr über eine riesige Fläche das komplette Fell ausgefallen, so gestresst war sie, von außen merkte man aber nur, dass sie hibbelig und unsicher war. So heftig nach vorne gegangen ist sie erst, als sie sich bei uns ein bisschen eingelebt hatte. Man hat richtig gemerkt, wie da plötzlich ein "direkteres" Interesse an der Umwelt erwacht ist.

    Mehr Abstand beim Feld probiere ich ständig, allerdings habe ich da immer das Problem, dass mal ein Abstand von 10 m ausreicht, mal sind aber 50 m noch zu wenig. Kommt auf die Tagesform an und darauf, wie interessiert der andere Hund ist. Daher schaffe ich es nur centimeterweise, mal näher an den anderen Hund/Mensch zu kommen...

    Ich gucke bei sowas mittlerweile gar nicht mehr auf den anderen Hund, sondern nur noch auf meinen. Erscheint sie mir schon auf große Entfernung angespannter als sonst, drehen wir um.
    Ein gutes Umkehrsignal ist übrigens Gold wert!

    Wahrscheinlich wird die Kleine nie so ganz entspannt sein, dazu lief 4 Jahre lang alles viel zu schief *seufz*

    Damit haben wir uns auch arrangiert. Als wir sie zu uns geholt haben, haben wir gedacht "ok, ein Stressbündel, aber das kriegen wir bestimmt hin!" Da war uns das gesamte Ausmaß von Nosys Verunsicherung ja noch nicht klar. Mittlerweile aber schon und auch, dass wir sie immer besonders berücksichtigen, und viele Dinge (z.B. Urlaub) stärker an sie anpassen müssen, als wir gedacht haben.
    Ist aber nicht so schlimm, finde ich! Man lernt so viel mit so einem Hund und hat so tolle Erfolge, das macht einiges wieder wett :smile:

    Und weiß eben nie, inwiefern verschiedene Trainingsansätze jetzt was bringen oder nicht... habe schon viel ausprobiert, aber diese hohe Nervosität ist echt null besser geworden in den vielen Monaten. Aber eben nur nach Begegnungen, denn daheim ist sie die Ruhe selbst...

    Wir setzen auf Zeit, Struktur und Verständnis für ihre Situation. Verschiedene Trainingsansätze gibt es hier nicht mehr. Klar, werden wir Kleinigkeiten immer mal ausprobieren, wenn sie mit unserer grundsätzlichen Herangehensweise vereinbar sind, aber so ein Hin-und-her-Gehopse der verschiedenen Schulen und Methoden machen wir nicht (mehr). Wenn alles immer gleich ist, kann sie vielleicht irgendwann schneller runterkommen, nach so einer Begegnung, weil die Situation an sich verlässlich abläuft. Das schafft ja auch Sicherheit.

  • hey ihr,

    ich hab zwar nicht alles gelesen,aber der Eingangspost hat mich soooo stark an meinen Chaco erinnert, dass ich jetzt einfach mal nachfragen muss, ob ihr euren Hund auch schon auf Schilddrüse hin habt untersuchen lassen? Wir hatten haargenau alle Probleme die ihr auch habt, dachten auch das Verhalten kommt von seiner nicht so idealen Kindheit ( war aus einem upps-wurf eines Bauern der die Welpen monatelang nur in der Scheune gelassen hat). Als wir das erste Mal bei unserer jetzigen Trainerin waren, hat diese nach der ersten Stunde gemeint, dass sie einen derart nervösen Hund noch nie vorher gesehen hat. Sie hat uns geraten die Schilddrüse untersuchen zu lassen und siehe da, er hat eine leichte Unterfunktion. Er wird jetzt seit 5 Monaten mit Forthyron substituiert und nahezu alle Baustellen haben sich gebessert. Zwar nicht von allein, aber das Training und die Geduld haben dann auf einmal auch etwas gebracht. Und selbst wenn ihn jetzt etwas aufregt, kommt er einfach viel schneller wieder runter. Früher konnte eine Hundebegegnung schon bedeuten wir können nach hause gehen, weil er sich überhaupt nicht mehr beruhigen konnte. Jetzt reicht ein ausreichender Abstand und er fährt wieder runter und wird praktisch nach Sekunden und nicht nach Minuten wieder ansprechbar...

    Lg

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!