Schottland - mal wieder

  • Am nächsten Tag regnet es. Eigentlich wollte ich zwischen Check-out und der Abfahrt des Busses (so gegen Mittag) noch einen schönen Spaziergang machen, aber der fiel regelrecht ins Wasser. Gut, dass das Hotel eine Bar hat, in der man es sich gemütlich machen kann, auch ohne literweise Kaffee o.ä. zu konsumieren. Zusammen mit zwei weiteren Gästen wartete ich dort auf den Bus. Der setzte mich am späten Nachmittag in Portree ab. Portree ist ein zentral gelegener Ort auf der Isle of Skye, der zumindest in den 1980er Jahren noch gemütlich und heimelig war. Dann nahm der Tourismus zu, und wurde vor allem in den letzten 10 Jahren oder so immer schlimmer. Auf Skye wurden Szenen aus Filmen und Werbespots gedreht, Instagram und dergleichen trugen ihren Teil zur Werbung bei, und viele, viele Menschen besuchen jetzt jedes Jahr die Insel. Vorbei ist es mit der heimeligen Zeit. Ich war seit 10 Jahren nicht mehr in der Saison (die so etwa von Ostern bis Ende Oktober geht) dort, weil ich meine Ruhe möchte. Wenn ich also "hotspots" sehen will, mache ich das im Winter.


    Ich gehe vom Latheron Square (dort sind die Bushaltestellen) ein paar Schritte zu meiner Unterkunft, stelle mein Gepäck ab, und gehe gleich einkaufen. Bei einer Selbstversorgerunterkunft muss ich halt sehen, wo ich das Frühstück für den nächsten Tag herbekomme. Die Portionstüten Cornflakes, die die Vermieterin fürsorglich in die Küche gestellt hat, reizen mich gar nicht.


    Morgens beschließe ich, dass heute ein Tag fürs Asphaltwandern ist. Ich gehe auf der Straße, die um die Trotternish-Halbinsel herum führt, ein paar Kilometer und habe meinen ersten Stopp am Loch Fada. Anders als bei meinem Besuch vor drei Jahren ist es heute nicht so windig, so dass zumindest ein Teil des Lochs den Himmel spiegelt. Und ich sehen den Old Man of Storr, der sich bei meinem letzten Besuch hinter Wolken versteckt hat. Also dann: Kamera aus dem Rucksack holen und verschiedene Standpunkte ausprobieren. Die Wiese ist matschig, und als ich einmal nicht aufpasse, läuft mir der Modder von oben in den linken Stiefel. Gut, das wäre also auch erledigt: Nasser als nass geht nicht, das macht das Gehen viel entspannter! :drooling_face:


    Hier eines der Fotos von diesem Ort:


  • Bei einigermaßen gutem Wetter gehe ich weiter. Die Wolken überm Storr sind mal mehr, mal weniger, aber meist kann ich zumindest den "Old Man" sehen. Wenig später, kurz vor dem nächsten Fotostopp, klatscht etwas auf meinen Ärmel. Nee, oder? Muss das ausgerechnet jetzt anfangen zu regnen? Egal, ich gehe weiter, komme zum Bridal Veil Wasserfall und überlege, wie ich auf die andere Seite des Baches komme, ohne meine Stiefel vollends zu fluten.


    Der Nachteil bei Wasserfällen, die nach viel Regen viel Wasser führen und entsprechend was hermachen, ist, dass das viele Wasser ja irgendwohin fließen muss. Und genau das macht die Querung des an sich kleinen Baches jetzt zu einem Problemchen. Die Trittsteine sind überflutet, zum Springen ist es mir zu weit, zudem die "Landezone" mitten im rutschigen Matsch ist, also was nun? Hm. Ich gehe auf der hiesigen Seite den Hang hoch, weil ich mir denke, dass all die vielen Leute, die die Vegetation plattgetrampelt haben, ja einen Grund dafür gehabt haben müssen. Und siehe da, oberhalb des Wasserfalls ist der Bach so schmal, dass ich mit einem großen Schritt auf die andere Seite gelange. Vorsichtig den Hang runtergehen, und schon habe ich die Aussicht, die ich haben wollte. Ok, die Wolken wollte ich nicht, die Wassertropfen auf der Linse auch nicht, aber nun ja. Landschaftsfotografie erfordert Geduld. Die wird von dem länger andauernden Schauer auf die Probe gestellt, vor allem weil es recht kühl wird beim Rumstehen. Ich versuche es mit Rumlaufen (und wünsche mir dabei ein rumhaltiges Heißgetränk). Aber ich werde belohnt. Der Regen hört gerade lange genug auf, um mir ein paar Bilder zu ermöglichen, ohne nach jedem Auslösen die Linse putzen zu müssen.


    Kaum bin ich wieder auf der anderen Seite und packe die schlammbedeckten Gamaschen ein, fängt es wieder an zu regnen. Windig wird es auch noch - ich mache mich auf den Rückweg und bin fest entschlossen, unterwegs ein Auto anzuhalten. Daraus wird nichts; zum zweiten Mal in meinem "Anhalter-Leben" hält niemand. Nassgeregnet und ausgekühlt komme ich zurück in mein Quartier und brauche als erstes eine heiße Dusche.


    Mit einem heißen Kakao (ohne Rum) und ausgesöhnt mit der Welt sitze ich auf dem Sofa und lade die Bilder auf die externe Festplatte. Auf dem Notebook will ich dann eines davon bearbeiten und stelle fest, dass die alte Photoshop-Version (warum habe ich auf dem Notebook eigentlich nie ein Update gemacht? :???: ) das Format der Rohdateien der neuen Nikon (Z6 II) nicht lesen kann. Also gut, hier habe ich eine stabile und schnelle Wifi-Verbindung, mache ich das Update doch jetzt, denke ich mir. Und was meint Photoshop? "Ich finde keine Verbindung zum Adobe-Server, bitte verwende mich als Testversion. Kostet auch 6 Tage lang nichts." WTF??!! Wozu bezahle ich das Abo?? Viele vergebliche Versuche später beschließe ich, dieses Problem auf daheim zu vertagen. Die 6 Tage Testversion nutze ich, und danach ignoriere ich die Anwendung einfach.

    Zusatz: Gestern Abend habe ich das Problem eingekreist, gelöst, und habe jetzt die aktuelle PS-Version auf beiden Rechnern.


    Bridal Veil Waterfall, im Hintergrund der Old Man of Storr:


  • Weiter geht die Reise.


    Am Freitag nehme ich den Bus von Portree nach Uig. Der Fahrer denkt mit, fragt mich, ob ich wieder zurück will, und nachdem ich das bejaht habe, verkauft er mir ein Tagesticket, das für alle Stagecoach Busse auf Skye gilt und billiger ist als eine Rückfahrkarte. Ich bitte ihn, mich "irgendwo in der Nähe der Straße zum Fairy Glen" rauszulassen. Wie es sich ergibt, gibt es dort sogar eine Haltestelle.


    Die Single Track Road zum Fairy Glen hat vor nicht allzu langer Zeit eine neue Decke erhalten. Ich kann mich noch an unseren ersten Besuch im Sommer 2008 erinnern, als das Fairy Glen noch ein echter Geheimtipp war. Die Straße war ein besserer Feldweg; Bodenwellen und Schlaglöcher und zu wenig passing places machten das Fahren zu einem Erlebnis. Auf dem Rückweg musste mein Mann einem entgegenkommenden Auto ausweichen und setzte sein nagelneues Auto auf einer Bodenwelle auf (zum Glück ist nichts passiert!). Ganz anders jetzt, im Februar 2023. Die Straße ist auf die nächste Hochsaison vorbereitet, der neue, große und gebührenpflichtige Parkplatz auch. Anstelle von Trampelpfaden gibt es inzwischen gut befestigte Wege; einige Bereiche sind komplett gesperrt, damit sich die Vegetation wieder erholen kann. Warum auch immer, das Fairy Glen hat sich in den letzten Jahren (schon vor der Pandemie) zu einem "Hotspot" entwickelt, den "man gemacht haben muss", wenn man auf Skye ist. Tourbusse halten dort, dazu die vielen Autos - vor ein paar Jahren ging es dort rund, weil die Autos und Wohnmobile die Straße zugeparkt hatten. Der dort ansässige Farmer kam nicht zu seiner Einfahrt, und als der Rettungsdienst wegen eines verunfallten Besuchers anrücken musste, kamen die Helfer auch nicht durch. Da man die Besucher nicht fernhalten kann, hat man vor nicht allzu langer Zeit reagiert und einen großen Parkplatz gebaut. Um die Vegetation zu schonen, wurden befestigte Wege angelegt.

    Schilder weisen die Besucher darauf hin, dass sie bitte keine Steine aus Mauern oder aus dem Boden nehmen sollen, um Spiralen zu legen oder Türmchen zu bauen. Man sieht noch die Spuren der riesigen Spirale, die im letzten Jahr gebaut (und von ortsansässigen Freiwilligen wieder abgebaut) wurde, in der Grasnarbe. Und was ist in der Mitte dieses Areals zu sehen? Ein neuer Cairn. Was ist nur los mit den Menschen?


    Aber wie auch immer: Ich bin dort, spaziere schön herum, fotografiere ein wenig, und finde es für einen kühlen, nassen und windigen Tag im Februar schon gut besucht (dabei waren die Rabbie's Busse noch gar nicht hier; der erste erreichte den Parkplatz, als ich auf dem Rückweg war).




    Getarnte Feen ;) :








    Zurück an der Hauptstraße, laufe ich weiter in Richtung Bucht. Irgendwo hier muss es den Abzweig zur Straße nach Norden geben, und kurz nach dem Abzweig den Weg in den Wald. Aha, da ist die Lücke in der Mauer und das Hinweisschild. Nur wenige Meter von der Straße entfernt stehe ich mitten im Wald und höre nur noch das Rauschen des Wasserfalls. Nach einem kurzen Fußweg kommt der Rha Wasserfall in Sicht. Durch den vielen Regen hat er viel Wasser, und ich muss nach jeder Aufnahme die Gischt vom Objektiv wischen.

    Moment: Das ist aber ein großer Tropfen... Nächster Gedanken: Mist, es regnet. Schnell gehe ich zurück zu dem Felsen, an dem ich meinen Rucksack abgestellt habe, packe die Kamera ins Trockene, und ziehe die Kapuze über. Keinen Moment zu früh, denn jetzt hagelt es kräftig. Ich stehe da im Hagelschauer rum und genieße den Ausblick auf den Wasserfall und den Wald. Als der Schauer vorbei ist, packe ich Stativ und Kamera wieder aus, baue alles auf, und mit Fernauslöser in der einen und Putztuch in der anderen Hand mache ich noch ein paar Wasserfallbilder.




    Dann mache ich mich auf den Weg zurück zur Bushaltestelle oben an der Straße zum Fairy Glen. Schon nach ein paar Minuten kommt der Bus und bringt mich zurück nach Portree.


    Fazit: Ins Fairy Glen brauche ich nicht nochmal. Das werde ich höchstens als Zustieg zur Trotternish Ridge nutzen. Aber dieser Rha Wasserfall, der hat es mir angetan!

  • Am Tag nach dem Besuch im Fairy Glen, es ist ein Samstag, sitze ich schon morgens um 7 Uhr im Bus. Ich will zum Storr, aber samstags ist der einzige Bus, der vormittags dorthin fährt, der Bus, der um sieben in Portree startet und einmal rund um die Trotternish-Halbinsel fährt. Mit dem Tagesticket kein Problem, und so komme ich zu einer Rundfahrt im schönsten Morgenlicht. Der Quiraing wird von der noch tief stehenden Sonne angestrahlt, am Himmel ist keine Wolke zu sehen - perfekt! Dann kommt uns ein Streufahrzeug entgegen. Hä? Was macht ein Streufahrzeug hier? Die Trotternish Ridge südlich des Quiraing hat eine frische Schneedecke, muss ich feststellen. Schnee auf dem Storr - das hätte ich nicht gebraucht. Insgeheim hatte ich sogar daran gedacht, bis zum Gipfel zu gehen, nicht nur bis zum Aussichtspunkt. Aber mal abwarten, noch bin ich nicht dort.


    Einige Zeit später hält der Bus an der Haltestelle "Old Man of Storr Car Park". Oha. Hier hat sich einiges verändert. 2011 war hier eine Fichtenplantage, 2012 wurde begonnen, diese abzuholzen, 2013 standen nur noch ein paar vereinzelte Bäume davon, und seitdem war ich nicht mehr hier. Aber es ist nicht nur der fehlende Wald. Der kleine holprige und immer überfüllte Parkplatz liegt jetzt ein Stück weiter nördlich und ist auf drei Ebenen aufgebaut. Mit Parkscheinautomaten und einem Kontrolleur. Dazu eine Rangerstation, Fahrradständer und ein großes Toilettenhaus. Ich gehe etwas verloren auf dem riesigen Parkplatz herum und suche den Zugang zum Wanderweg. Kein Schild zu sehen, aber der Kontrolleur ist gerade dabei, ein paar Autos aufzuschreiben. Er erklärt mir, dass ich durch das Tor am Ende des Parkplatzes muss. Dann plaudern wir über die Veränderungen der letzten Jahre, und er sagt, dass der Weg im Sommer aussieht wie eine Ameisenstraße: Ein Besucher hinter dem anderen, bergauf wie bergab. Wie gut, dass ich im Februar hier bin!


    Der Weg ist neu angelegt und gut befestigt. Der alte Trampelpfad könnte die vielen Besucher gar nicht verkraften. Ein gutes Stück weiter oben liegt Schnee auf den Felsplatten, mit denen der Weg befestigt ist. Noch ist er matschig und kein Problem; in der Sonne wird er sich nicht lange halten. Anders ist es hinter dem Old Man, im Sanctuary. Dort liegt ordentlich Schnee, und darunter ist Eis. Im Schatten bleibt das auch noch eine Weile liegen. Nachdem ich zweimal ausgerutscht bin und mich nur mit Hilfe meiner Trekkingstöcke (an sich sind die auf diesem Weg überflüssig) halten konnte, drehe ich um und gehe zurück. Die beiden letzten Stürze auf Eis brachten mir einen gebrochenen Ellbogen und geprellte Rippen ein - nichts davon brauche ich nochmal. Der Storr wird noch ein paar Jahre länger hier sein, und ich komme wieder. Anders als im Fairy Glen gibt es hier schöne Motive und vor allem eine Herausforderung: den Gipfel. Der ist noch fällig, irgendwann.


    Hier die Bilder der Wanderung, die kürzer ausfiel als geplant:
















    Wieder unten angekommen, beschließe ich, dem Bridal Veil Wasserfall noch einen Besuch abzustatten. Anders als zwei Tage zuvor habe ich heute perfekte Bedingungen: Kaum Wind, viel Wasser, blauen Himmel, und den verschneiten Storr im Hintergrund.





    Zu meiner Überraschung habe ich den Wasserfall ganz für mich alleine. Damit hätte ich nicht gerechnet. Um so mehr freue ich mich darüber, im Sonnenschein zu fotografieren und anschließend die Ruhe zu genießen. Zum gemütlichen Sitzen in der Sonne ist es allerdings zu kalt und zu matschig, also mache ich ich auf den Rückweg zur Bushaltestelle. Ein wenig muss ich noch warten, bis der Bus nach Portree kommt, und beobachte dabei die Teilnehmer an einer Rabbie's Tour: In wenigen Tagen kreuz und quer durch Schottland in einer kleinen Gruppe, die "Been there - done that"-Liste abhaken.


    Das schöne Wetter hält nicht lange: Noch während ich auf den Bus warte, ziehen Wolken auf, und abends schüttet es wie aus Eimern.

    Vorhergesagt sind zwei Tage Dauerregen und Sturm, überall an der Westküste. Ich habe zwei Nächte in einem Hotel mitten in der Landschaft gebucht, will wandern und fotografieren. Aber ehrlich: Bei Sturm und Regen oder Graupel quer bis über die Knöchel im Matsch rumlaufen, die Kamera vor lauter Regen nicht auspacken können - habe ich dazu Lust? Nein. Ich nehme Kontakt mit dem Hotel auf und frage, ob es möglich ist zu stornieren. Die Anzahlung behalten sie, der Rest geht in Ordnung. Dann buche ich ein Hotel in Inverness und ein Busticket dorthin. Dort drüben ist das Wetter nicht ganz so grottig. Fotos folgen!

  • Sonntags stehe ich im strömenden Regen an der Bushaltestelle in Portree. Der Bus ist zwar pünktlich, aber nicht geheizt. Die Fahrt nach Inverness zieht sich, und ich bibbere vor mich hin. Die Aussichten aus dem Fenster (graue Wolken vor grauem Hintergrund mit Regenschlieren auf dem Fenster im Vordergrund) zeigen mir, dass die Umplanung eine gute Idee war.

    In Inverness angekommen, gehe ich zuerst in das Hotel und gebe mein Gepäck in Aufbewahrung. Dann suche ich mir einen Coffeeshop, mit Heizung und heißem Kaffee. Dort mache ich es mir bei einer großen Tasse Kaffee bequem. Zum Bummeln habe ich keine Lust - es regnet. Und die Geschäfte, in denen ich früher gerne bummelte, gibt es nicht mehr. Ich drehe noch eine Runde durch den Buchladen, checke die Möglichkeiten für ein Abendessen (zu teuer), hole mir im Supermarkt was zum Futtern (Nudelsalat mit Blattspinat, Pinienkernen, Parmesan und viel Knoblauch - gut, dass ich nicht im Schlafsaal bin!) und erkläre den Tag für beendet.


    Am Montag will ich nach Elgin. Dort war ich noch nicht; ich kenne nur die Umgehungsstraße. Auf dem Weg zur Bushaltestelle gehe ich durch den Bahnhof und stelle fest, dass dort ein Zug nach Elgin steht, der in fünf Minuten abfährt. Schnell zum Automaten, Ticket gekauft, und rein in den Zug.

    Elgin ist ganz nett. Sonnig war es, und die Kathedrale (oder das, was davon noch übrig ist) ist sehenswert. Nachdem ich dort viel Zeit verbracht habe, bummele ich ich noch ein wenig durch das Städtchen und fahre am späten Nachmittag zurück nach Inverness.










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