Junghund außer Rand und Band

  • Dieser elendige Schleimer! Heute hat Ares sich von seiner besten Seite gezeigt, die Trainerin war begeistert und ich baff.
    Na ja, zumindest weiß ich jetzt, dass er auch anders kann.
    Es fand mit zwei anderen Junghunden ein Leinenspaziergang statt, zwischendurch durfte Ares mit einem der beiden toben und strahlte über beide Backen. Abrufen ließ er sich nicht, klar, aber er wirkte ruhig und reagierte auf meine Worte.
    Grundsätzlich stimmt mich das optimistisch, aber zu Hause kriegt er sich nicht ein, sobald er einen Hund sichtet.
    Im Februar finden noch zwei weitere Treffen statt, mal sehen, wie wir uns schlagen. Es freut mich, dass er dann auch Kontakt zu Artgenossen hat.

  • Ich würds auf jeden Fall mit Schlepp machen - aber net mit schleifender Schlepp, sondern Schlepp in der Hand! Immer nur so viel Leine freigeben, wie Hund gerad braucht. Kommt er ein Stück zurück, dann einfach das Stück Leine, das dadurch am Boden liegt, wieder aufnehmen. So kommst nie in die Verlegenheit, daß der Kerle 20 Meter ungehinderten Anlauf nehmen kann, um in die Leine zu preschen, weil die is ja immer nur leicht durchhängend, er hat damit vielleicht nen Meter, in der er reinrennen kann.


    Ansonsten:


    - wenn Dein Hund etwas möchte (Hundekontakt, Menschenkontakt): Du bleibst stehen, mutierst zum Baum. Hund guckt Dich (auch wenn notfalls erst nach nem Stupser die ersten Male, bis ers kapiert hat!) an: "Häh? Warum geht´s net weiter??" - und das ist der Moment, in dem Du bestätigst. Genau der Moment, in dem Du ihm einfällst, in dem er Dich anguckt, sich an Dir orientiert. Dann sagst Du "Ja, Feiiiiiin!" (nicht quietschend, das pusht nur unnötig hoch, aber doch begeistert!) und zückst ein fettes Leckerli/Fleischstück. Damit wird er zu Dir kommen, um sich das zu holen. Wenn ers hat, dann sagst Du ihm daß er los darf (Leine ab), und er darf als Bestätigung dafür, daß er sich zu Dir umgeguckt hat, zu dem Mensch hin (nach Absprache, klar *gg). DU bist der Schlüssel ans gewünschte Ziel. Nur Du. Und anders gibt´s keine Hundebegegnungen mehr (erstmal), damit er keinen Erfolg mehr hat mit "Einfach-Losstürmen".


    - Freigabesignal trainieren: übe, daß der Hund etwas erst tut, bevor Du ihn wo hin läßt. z.B.: Futternapf hinstellen, Hund paar Sekunden sitzen lassen, und er darf erst hin, wenn Du das Freigabekommando (bitte nix Alltägliches, daß einem so rausrutscht...) sagst. Irgendwann wird er von sich aus gleich erstmal zu Dir gucken, ob er darf. Dann ist Party angesagt, er hat verstanden, daß Du derjenige bist, der das Vergnügen freigeben kann, nur über Dich kommt er ans Ziel. Das können Kleinigkeiten sein. Absitzen vorm Kuscheln, und es wird erst gekuschelt, wenn Du das Kommando auflöst mit dem Freigabesignal. Dich angucken, bevor Ihr zur Haustüre rausgeht, bis Du das Rausgehen freigibst (bei uns "Geh mer!"). Ruhig sitzen, bis er angeleint ist, ansonsten geht´s halt net raus. mit hibbeln und "hopphopp" kommt er nimmer ans Ziel. Im Körbchen bleiben, während Du Futter zubereitest. Als Belohnung dann immer das geben, was er gerade am liebsten hätte: also Kuscheln, Rausgehen, Futter hinstellen. Oder eben bei Begegnungen die Freigabe, daß er zum anderen Hund/Menschen hin darf, nachdem er Dich angeguckt (und damit quasi um Freigabe gebeten!) hat. Dann wird er nicht mehr von sich aus entscheiden, ob er wo hin darf, sondern eher erstmal Rücksprache halten bei Dir, ob das ok ist. Und dann hast Du wieder den Moment Zeit, einzugreifen und zu sagen "heute nicht, keine Zeit", oder freizugeben.


    - Orientierung an Dir weiterhin bestätigen. Bleibt er an ner Ecke stehen, um Dir die Entscheidung über die Richtung zu überlassen: loben. Kommt er zu Dir zurück, weil er zu schnell war und ewig voraus war: loben. Bleibt er stehen und guckt, wo Du bleibst: loben. Geht er nach rechts, weil Du nach rechts gehst, ohne daß Du ihn rufen mußt: loben. etc.etc.


    - Impulskontrolle üben, ist bei nem Windi eh angebracht :-) Sprich, wir sehen nen Hasen, und rasen nicht gleich los, sondern tun irgendwas als Alternative, das Du ihm zeigst. Hinsetzen und ruhig angucken, oder zu Fraule kommen oder Fußgehen, was auch immer, sodaß er lernt, er muß net immer sofort überall hinrennen, sobald was zuckt. Kann man gut über z.B. nen Ball üben, in minimini-Schrittchen. Ball in der Hand, Hund sitzt ruhig neben Dir. Ball mal neben sich fallenlassen aus der Hand raus, Hund sitzt ruhig (bei den ersten Versuchen mittels Leine gesichert). Balli beim Fallenlassen nen leichten Drall Richtung nach vorne/hinten/Seite geben, sodaß er noch ein Stückerl rollt, Hundi sitzt und guckt brav. Und jedes Mal wenn er ruhig gesessen ist, darf er das Teil haben und bringen oder so, irgendwas, das er halt gern macht, oder kriegt ein Leckerli. Irgendwann ist es dann so weit, daß der Hund irgendwo abliegen kann, während Du mit nem Freund vor seiner Nase Tennis spielst, und der Hund fängt nicht an zu hetzen, sondern bleibt gechillt liegen..... Oder Du gibst dem Ball nen Stups, während Hundi liegt, und der Ball rollert schnell weg vom Hund, der sich net rühren soll. :-) OK - ich übertreibe, aber Du siehst, worauf ich raus will: Selbstbeherrschung. Wenn der Hund nämlich schon beim Anblick von Bewegung austickt, wie soll er sich da beherrschen, wenns auch noch ein Hund ist, der rumrennt, oder ein-zwei andere dabei sind, und die auch noch bellen? Oder wenns ein Mensch ist, der womöglich (gibt ja genug Dumme) schon auf 50 Meter Entfernung mit der Zunge schnalzt, oder "ach, Duuuu bist ja ein hübscher!" quietscht oder gar in die eigene Leckerlitasche greift..... Impulskontrolle ist auch, wenn Du einfach nur mit dem Hund auf ner Bank am belebten Marktplatz sitzt, und er sich alles in Ruhe ansieht, und sich dann irgendwann hinzulegen imstande ist. Oder Du im belebten Hundegasssigebiet auf ner Bank sitzt, und den Leuten beim Joggen zusiehst, während Hundi ruhig sitzt/liegt.


    - Gezielt Hundekontakte suchen, notfalls über DF-Treffen oder regionale DF-Treffen, manche Hundeschulen bieten auch social walks an. Einfach, damit der Hund Kontakt hat mit anderen Hunden - aber ohne dabei dann rumrennen zu dürfen wie doof (--> Verknüpfung "Hunde = geil, Rumrennen, Jagen, Spaß, Halligalli" --> Streß, mangelnde Impulskontrolle --> jagender Hund, am besten noch als Bestandteil einer ganzen jagenden Truppe!), sondern eher ein miteinander-Spazierengehen, mit Leine, ab und an gepflegter Kontakt (schnuppern zum Hallosagen) oder mal ein gemeinsames Untersuchen eines Astes. Kommunikation mit Artgenossen, aber ohne dabei zu lernen, daß deren Anwesenheit immer gleich Toben bedeutet (wenn der Hund gar nicht zu Ruhe kommt, erstmal mit Abstand zur Truppe, sodaß er ruhig gehen kann - im Streß lernt der erstmal gar nix....).


    - Führt der Hund sich auf, weil Hunde entgegenkommen oder auf der Wiese stehen und er nicht hin darf: Schlepp gegen kurze Leine eintauschen, böses "Nein" dazu oder ein ruhiges "schade"-Kommando, umkehren und einfach mal zurück nach Hause gehen. --> "Mit Geplärr kommt man nicht weiter."


    - Auslastung des Rennbedürfnisses. Auch wenn Dir vorhandene Hundeschulen/Vereine nicht gefallen - evtl. kannst ja Mitglied werden und einfach nur ab und an das vereinseigene eingezäunte Gelände zum Freilauf nutzen? Der Freilauf dann auch eher in Richtung "etwas suchen", das vorher in der Wiese verstreut wurde o.ä., als in Richtung Toben, weil das hochpusht, und wiederum Streß mit Freilaufen verknüpft. Oder mit ihm am Rad fahren und traben lassen (kurze Leine, damit er net reinspringen kann, und in Gegenden, wo Du wenig mit Wild rechnen mußt), sodaß er rennen kann, ohne ins Hetzen zu kommen, sondern die Energie eher über die Ausdauer/Strecke loswerden kann.


    - Geistige Auslastung. Tricks, Suchaufgaben (ZOS, oder einfach mal Handschuh unterwegs verlieren und suchen lassen, Geruchsunterscheidungsspiele daheim, Fährten, Trailen, was auch immer, was halt dem Hund und Dir liegt und bei Euch umsetzbar ist).


    Nur wenn der Hund geistig und körperlich gut ausgelastet ist, wird er in der Lage sein, in solchen an sich einfachen Situationen wie Begegnungen halbwegs ruhig zu bleiben. Ich merk bei meinem Bossi-Terrier jedesmal wieder: wenn ich eni paar Wochen nicht trailen war (Zeitmangel), dann wird der zunehmend dreister, frecher, selbständiger, hört schlechter auf Kommandos, testet regelrecht meine Konsequenz aus, fängt an, mich kläffend dauernd zum Spielen aufzufordern etc. und wenn er so hochgedreht ist und eine entsprechende Erwartungshaltung hat, dann braucht´s draußen halt nimmer viel, um ihn dazu zu animieren, die Fassung zu verlieren. Äußert sich dann in Pöbeln, mangelnder Selbstbeherrschung, wenn andere Leute/Hunde kommen, bis hin zu Jagengehen. Der sucht sich dann regelrecht ne Spur, die er ausarbeiten kann bis zum Tier als Opfer, weil unausgelastet.


    So - das sind so meine Terrier-Erfahrungen in Sachen "will zum Hund", wofür ja der Bossli bei uns der Spezialist ist *ggg


    Vielleicht kannst Dir für Euer Training da was rausziehen?

  • Der nächste eingezäunte Auslauf ist 45 min dicht dran? Dann setz dich ins Auto und fahr da hin!


    wir fahren regelmäßig bis zu 1h durch die Weltgeschichte, um Layla sozialkontakte mit ihren Lieblings-kumpels zu bieten. Für mich ist das selbstverständlich und es tut ihr einfach gut.

  • Mensch, vielen Dank für die Mühe!
    Ich gehe mal auf die Punkte ein, die du genannt hast:
    zu Hunde-/Menschenkontakt:
    ja, so in etwa hat`s mir die Trainerin auch gezeigt. Ruhiges Verhalten belohnen, Distanz wahren und sich langsam vorantasten. Jetzt lobe ich auch den Kontakt zu mir, Schlepp in potenziell gefährlichen Gegenden benutze ich ab heute! Im Training ist sie auch von mir hergenommen worden, hat geklappt. Nun suche ich auch Wege auf, wo ich weiß, dass einige Fußgänger unterwegs sind. Vorher gingen wir nur dort, wo er freilaufen konnte. Er wird`s überleben, wenn es vll. nur jeden zweiten Tagen zwei Stunden Auslauf gibt.
    Freigabesignal:
    Das ist auch ein guter Punkt! Ich habe es verstärkt in unserem Alltag eingebaut, z.B. bevor es Futter gibt "Sitz", erst aufstehen, wenn ich es sage.
    Zur Impulskontrolle...da macht er sich in alltäglichen Situationen schon recht gut! Ein Beispiel: ich gebe das Kommando "Sitz", währenddessen schwinge ich mit der Reizangel, renne davon, werfe das Frisbee oder lege ein Futterstück neben ihm. Das klappt. Ich werde nun den Schwierigkeitsgrad steigern und- wie bereits geschrieben- belebtere Gegenden aufsuchen.
    Meine Hundetrainerin bietet "Social walks" an, daran nehmen wir ab sofort teil.
    Gott sei Dank haben wir selbst in der Umgebung einige Freilaufgebiete für Ares. Bzgl. Beschäftigung und geistiger Auslastung bin ich noch auf der Suche nach dem Richtigen.
    Deine Tipps sind hilfreich, nochmals Danke.


    Lara, das Freilaufgebiet von dem du schreibst ist der Windhundauslauf, bei dem habe ich bereits angefragt. Die können Ares derzeit nicht gebrauchen.

  • Du hast ja, als du die Situation am Anfang geschildert hast, beschrieben, dass er bei der Hundesichtung erstmal "erstarrt" ist. Könntest du da nicht ansetzen und versuchen, dieses Erstarren/Verharren zu bestätigen und zu verlängern, damit du irgendwann mal genug Zeit hast, ihn dann noch anzuleinen?
    Bis dahin müsste er in diesen Situationen natürlich schon an der SL sein.


    Ich hab noch eine Frage: Hattest du noch nie die Situation, dass er bei einer seiner "Rennrunden" ein Tier aufgescheucht hat?

  • Meist ist Ares dann nicht mehr ansprechbar. Kein Lob, kein Guddi dringt dann zu ihm durch. Ich bin dann deutlich zu nah an dem Hund und muss zurückmarschieren- und Ares mitziehen...
    Nein, in dieser Situation war ich noch nie. Mein Problem sind die Hunde, nicht Jagdbares. Vögel, etc. sind spannend, aber- Gott sei Dank- mehr auch nicht.
    Es ist einmal vorgekommen, dass urplötzlich ein Reh etwa zehn Meter hinter ihm gestanden ist, als er am Boden schnüffelte. Frauli ist erstarrt, er hat nichts gecheckt, bzw. nichts gesehen. Das Reh ist weitergelaufen und Ares ging seines Weges...da hatten wir Glück!
    Ah, und eine Katze hat er verfolgt!

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