Hallo miteinander!
Zugegeben, der Themen-Name mag ein wenig überspitzt sein, aber an manchen Tagen nagt die Verzweiflung an mir - und so fall´ ich doch gleich mal mit der Tür ins Haus
Vor vier Wochen habe ich Ronja, eine 3jährige Labrador-Mix-Hündin, aus dem Tierschutz übernommen. Sie hat ihr Leben in Brandenburg in einem Zwinger verbracht, als "Wachhund"; da sie dort öfter mal ausgebüxt ist und dann die Hasen des "Halters" getötet hat, sollte sie erschossen werden; glücklicherweise kam das raus und sie wurde von einer Tierärztin rausgeholt und erstmal 2 Monate bei einer Pflegefamilie untergebracht, bis ich sie dann Anfang Oktober übernommen habe. Ihre Beschreibung lautete: "sie liebt Menschen besonders, kommt aber auch gut mit Artgenossen aus", weshalb ich sie mal zu einem Probespaziergang besucht - und mich verliebt - habe! Tatsache: ich, als Besucher, schien ihr keine Probleme zu machen, im Haushalt war ein Zweithund - das schien alles in Ordnung - beim Spaziergang haben wir keine Hunde getroffen, sie war an der Leine noch - nennen wir es - "lernbedürftig"... aber hey, das kriegt man ja alles hin, dachte ich (ist nicht mein erster Hund). Ich war wenige Tage später nochmal mit ihr U-Bahn-fahren (sie kommt mit ins Büro und ich wollte wissen, ob das schon funktioniert) und habe sie dann einige Tage später gebracht bekommen. Soweit erstmal kurz die Vorgeschichte. Bei der Vertragsunterzeichnung wurde mir noch gesagt, manchmal zickt sie an der Leine etwas, wenn sie andere Hunde sieht, aber sie will nur hin...soweit so gut...
Die Überraschung kam dann am nächsten Tag: der absolute Terror, sobald sie einen Hund sieht! Himmelschreiend lautes Gebell, Toben an der Leine - und das Zerren in die Richtung des Hundes - was manche Leute so unter "zicken" verstehen immerhin werfen sich dann 30 Kilo in die Leine, die ich zwar halten kann...aber naja - wer schon mal einen Hund dieser Art hatte, weiß, daß da auch für den Halter vieles "dazu" kommt - nicht nur die Anstrengung, den Hund zu halten, sondern der Streß, die dummen Kommentare der Leute, die Peinlichkeit - und natürlich die Hilflosigkeit.
Ich überspringe mal den Absatz mit der Hundetrainerin, bei der ich drei Tage später war und die gesagt hat, ich soll fest zutreten, ohne Hemmungen (zu erwähnen ist lediglich, daß sie vor Ort im Rudel wunderbar mit den anderen Hunden gespielt hat)...und komme gleich zur nächsten Trainerin, die eine Woche später bei uns war. Sie kannte Ronja bereits von der Pflegefamilie (und war auch überrascht, daß ihr Verhalten lediglich als "manchmal etwas zickig" beschrieben wurde). Ihr Weg sieht vor: weggehen, wenn sie bellt, loben wenn sie ruhig ist. Geschätzte Dauer: 5-6 Monate.
Soweit so gut. Wie gesagt, ich bin nicht hunde-unerfahren, meine alte Hündin, die immerhin fast 17 Jahre bei mir war, hatte die gleiche Größe und war manchmal auch nicht ganz einfach, allerdings hatte sie "nur" ein Problem mit einem ganz speziellen Typ Mensch, der uns eben nicht so oft über den Weg gelaufen ist, wie Ronja und mir ein anderer Hund. Natürlich weiß ich, daß Erziehung, besonders bei einem so lange antrainierten Fehlverhalten ( - man kann es sich ja gut vorstellen, wie laufend Hunde in der Nähe ihres Zwingers vorbeigelaufen sind und Ronja sich aus lauter Frust und Verzweiflung nicht anders zu helfen wußte, als zu bellen - hat ja niemanden weiter gestört - ) viel Geduld erfordert und daß ich ihr keine Erfolge von heute auf morgen abverlangen kann. Sie weiß es ja nicht besser. Aber allmählich gehe ich einfach auf dem Zahnfleisch und erwische mich auch selbst dabei, wie ich wütend auf Ronja werde - obwohl ich ja weiß, daß sie nichts dafür kann; keine Sorge, ich lasse meinen eigenen Frust nicht an ihr aus (körperlich) - aber natürlich spürt sie das auch... vielleicht bin ich grade auch besonders dünnhäutig, aber vielleicht versteht Ihr das ja!? Mir wurde schon von vielen Seiten geraten, den Hund "zurückzugeben", mir wurde ja auch nicht wirklich die Wahrheit über sie gesagt...aber aufgeben? Nee...dafür ist sie mir viel zu sehr ans Herz gewachsen; da geht´s ja nicht um ein "fehlerhaftes Produkt", mit dem ich nicht zufrieden bin Ich habe sie jetzt übernommen und möchte mich nicht einfach vor der Verantwortung drücken - zumal von meinem Schmerz abgesehen, wenn ich sie abgeben würde, ja auch für sie ein weiterer Besitzerwechsel Mist ist. Also - kommt gar nicht in Frage! Aber es ändert natürlich nichts daran, daß die Spaziergänge mit ihr eine einzige Qual sind und die sind der Hauptgrund, warum ich immer einen Hund hatte - blöd, was?
Noch kurz zum Training: insgesamt folge ich der Anweisung der Trainerin, habe das jedoch noch mit einem Kommando verknüpft. Ich bin sicher, daß Ronja mittlerweile weiß, was es bedeutet. Aber im Gegensatz zu allen anderen kommandos kommt es bei diesem ("Lass das") nur sehr sehr selten vor, daß sie auch nur annähernd drauf reagiert (es funktioniert zB in der Wohnung, wenn sie wieder zu winseln/bellen/knurren anfängt, weil sie auf der Straße einen Hund hört (das ist dann eben etwas reizärmer), und es hat zwei Mal (Halleluja) auf der Straße geklappt...so ein bißchen... ). Unser (/mein) umdrehen/weggehen/Kommando/loben-Timing ist laut Trainerin gut, sie war nochmal da, um uns ggf zu korrigieren...aber insgesamt sehe ich einfach, nach vier Wochen Training, quasi keine Erfolge, langsame Linderung o.ä. Auf eine klappernde Dose oder auch ein Pet-Corrector-Spray hat sie jeweils 1-2 Mal reagiert, dann war es ihr egal. Ich gehe morgens um halb5 eine gute Stunde mit ihr spazieren (hundefreie Zeit) damit sie laufen kann (und ich gewöhne mich dabei ans Joggen) und tobe sehr viel mit ihr durch die Wohnung, damit sie einigermaßen ausgelastet ist. Darüber hinaus gibt´s nach wie vor nur Handfütterung (ob der Bindung) und auf der Straße, solange sie keine anderen Hunde wittert, spiel ich den Clown für sie, springe mit ihr hin und her, um ihr zu zeigen, daß ich doch eigentlich auch recht spannend bin, 2/3 ihres Futters gibt´s eh auf der Straße, für den ständigen Richtungswechsel, um ihr das Ziehen an der Leine abzugewöhnen (was übrigens gut klappt...bis sie einen Hund wittert). Alles in allem habe ich mein Repertoire an "Hundeweisheiten" langsam ausgeschöpft...sie lernt verflucht schnell, ist eine sehr kluge - aber bei Hunden spielt sie weiterhin die Terroristin und pfeift in 98% der Fälle total auf mich und das, was ich sage. Meine Frage also an Euch: habt Ihr noch Ideen? Erfahrungen? Ich bin für jeden Tipp dankbar! (Ach ja...ich hab auch mal zwei Tage Baldrian ausprobiert...nüscht! Keine Veränderung!)
Wenn Ihr Euch noch fragt, wie genau sich ihr Toben äußert: je nach Laune (ihrer/meiner/unserer? wer weiß...) kommt zu dem lautstarken anhaltenden Bellen (weit länger als der Hund überhaupt noch in Sicht- oder Reichweite ist) mal Knurren, mal Winseln dazu...meist winselt sie schon, wenn wir auf der -hundefreien- Straße sind - also Erwartungshaltung pur! Vielleicht kommt es (knurren oder winseln zusätzlich zum Bellen) auch auf den anderen hund und sein Verhalten an, das läßt sich schwer sagen, da ich ja keine Gelegenheit habe, ihr Verhalten in Ruhe zu analysieren, sondern mich dann auf MEIN richtiges Verhalten konzentrieren muß - sie macht aber keinen Unterschied zwischen großen und kleinen Hunden, soweit kann ich es schonmal sagen.
Sorry für die lange Geschichte - aber immerhin bleiben wahrschenlich nicht allzuviele Fragen offen (die ich beantworten könnte) und schonmal vielen vielen Dank für Eure Antworten, Ratschläge, Kritikpunkte!
Franziska